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Willkommen in Berlin! Als Passagier am BER

Felicitas Wilke
13. November 2020

Nach 14 Jahren Bauzeit hat der Flughafen Berlin Brandenburg im achten Anlauf tatsächlich eröffnet. Wie bewährt er sich im Alltag? Ein Flug von München zum schon jetzt sagenumwobenen BER. 

Deutschland | Flughafen Berlin Brandenburg BER
Bild: Andreas Franke/picture alliance

Auf den ersten Blick wirkt der große BER-Schriftzug kurz vor der Gepäckausgabe wirklich nicht spektakulär. Trotzdem zückt ein Passagier noch schnell sein Smartphone und fotografiert die Buchstaben, als müsse er beweisen, wirklich an jenem sonderbaren Ort gewesen zu sein. Denn das hier ist ja schließlich nicht irgendein Flughafen. Es ist der BER, auch bekannt unter dem Beinamen "Pannenflughafen".

Am 4. November ging der Flughafen Berlin Brandenburg "Willy Brandt" offiziell in Betrieb – 28 Jahre nach Beginn der Planungen, 14 Jahre nach dem ersten Spatenstich und neun Jahre nach dem ursprünglich angepeilten Eröffnungstermin. Insgesamt sieben Mal verschoben wechselnde Flughafenchefs die Eröffnung.

Ganz schön grau: Ein erster Blick auf den BER, kurz nach der LandungBild: Felicitas Wilke/DW

Auch an diesem Mittwochmittag im November läuft nicht alles rund. Eine Gangway gibt es für Lufthansa-Flug LH1936 nicht, stattdessen gilt es zu warten auf den großen Dieselbus, der die Passagiere vom Flugzeug ins nüchterne, grau-schwarze Terminalgebäude bringt. Willkommen in Berlin!

Rund zwei Stunden zuvor begann mein Ausflug zum neuen Hauptstadtflughafen am Flughafen München. Zwar hat der nach Frankfurt zweitgrößte deutsche Flughafen auch schon wieder fast 30 Jahre hinter sich, doch bis heute ist "Franz Josef Strauß" ein Streber in weiß und silbergrau. Er gilt als bester Flughafen in Europa. Diesen eint viel mit seiner knapp 40 Kilometer entfernten, namensgebenden Stadt München: Beide sind herausgeputzt, beide funktionieren hervorragend – zumindest der hübschen Oberfläche nach zu urteilen.

Von wegen Chaos: Am Gepäckband wartet schon der Trolley

Das Drama mit vielen Akten am BER hingegen schien perfekt zu passen zum Klischee der coolen, aber auch heillos chaotischen Hauptstadt Berlin. Doch wer am BER landet, wird auch positiv überrascht. Hat der Bus einen erst mal zum Eingang gebracht, ist der Weg zur Gepäckausgabe erfreulich kurz. Dort dreht am einzigen gerade aktiven Band bereits mein in München aufgegebener Trolley seine Runden.

Die große Leere: Gepäckbänder am Terminal 1Bild: Felicitas Wilke/DW

Viel los ist hier an diesem Mittwochmittag nicht. Fünf Flieger sind zwischen 12 und 13 Uhr am Terminal angekommen, in den nächsten drei Stunden werden es noch mal so viele sein, verrät das Display in der Ankunftshalle. Ausgelegt ist Terminal 1 auf knapp 77.000 Passagiere pro Tag.

Eine weitere Schiebetür ebnet den Weg in den Ankunftsbereich. Dort fällt der erste Blick direkt auf die COVID-19-Teststation: Dort können sich Rückkehrer aus Corona-Risikogebieten, aber auch Nicht-Reisende, für 59 Euro testen lassen. Es sind eben spezielle Zeiten, in denen der Flughafen eröffnet hat.

Im Ankunftsbereich von Terminal 1 wartet Sonja aus Berlin mit ihrem Vater Wolfgang und ihrem Hund auf ihren Verlobten. Er müsste gleich landen. Ihr erster Eindruck vom BER? "Was soll ich sagen", setzt Sonja an und kann sich ein Lachen nicht verkneifen, "am Eingang ging gleich mal eine Schiebetür nicht auf, und wir hingen zwischen ihr und der Tür davor fest." Das Sicherheitspersonal habe aber schnell helfen können.

Sind zum ersten Mal am BER: Vater Wolfgang und Tochter SonjaBild: Felicitas Wilke/DW

Nicht alles funktioniert am neuen Hauptstadtflughafen reibungslos, diesen Eindruck bekommt man an mehreren Orten. Ein paar Schritte entfernt, am Infoschalter, meldet ein Passagier einen kaputten Lift. Ein BER-Mitarbeiter weist ihn auf Englisch freundlich auf einen anderen Fahrstuhl hin. 

Hier Beton-Tristesse, dort ausgefallene Kunst am Bau

Optisch ist der neue Flughafen ein Ort der Gegensätze. Auf dem Weg zur Gepäckausgabe wirkt er mit seinen holzvertäfelten Wänden und weinroten Hinweisschildern gemütlich, im Ankunftsbereich hingegen sorgt die schwarze Deckenverkleidung für eine düstere und ungemütliche Atmosphäre. Jeder Provinzflughafen ist schöner anzusehen als die graue Beton-Tristesse vor dem Eingang zum Terminal.

Ein imposantes Kunstwerk schmückt die Check-in-HalleBild: Felicitas Wilke/DW

Nur ein paar Schritte und eine Rolltreppe nach oben entfernt, finden sich die Besucher wiederum in einer Check-in-Halle wieder, die dem Flughafen einer Weltstadt würdig ist. Ein imposantes, rotes Netz aus Metallgewebe, der "Magic Carpet" der US-Künstlerin Pae White, schwebt über den Treppen. Und durch die Glasfassade kommt sogar an diesem trüben Novembertag etwas Licht herein.

In den Bereichen, in denen man sich auch ohne Flugticket aufhalten kann, sind an diesem Tag auffallend viele Menschen ohne Koffer oder Reisetasche unterwegs. Auch Andrea und Kerstin. Die beiden Freundinnen aus Berlin sind nur "zum Bummeln" hergekommen, wie Andrea berichtet. Zur Eröffnung konnten Besucher allerdings nur in 95 der geplanten 111 Geschäften im neuen Terminal flanieren. Der Rest wurde nicht rechtzeitig fertig oder macht wegen der Corona-Krise gar nicht erst auf. Andrea und ihre Freundin sind aber auch noch aus einem anderen Grund gekommen: "Wir wollen mal sehen, wo das Geld geblieben ist." 

Nach unten geht's zu Fuß: Eine Rolltreppe nach unten wurde vergessenBild: Felicitas Wilke/DW

Das Geld, insgesamt mehr als sieben Milliarden Euro, ist in einen Flughafen der angenehm kurzen Wege geflossen. Zumindest am Terminal 1 lässt sich das feststellen. Vom Gepäckband bis zum Bahnhof sind es nur ein paar Schritte, kleinere Hindernisse inklusive: Die Rolltreppe vom Zwischengeschoss zu den Gleisen führt nur nach oben. Wollen die Passagiere samt Gepäck nach unten, müssen sie die Treppe oder den Fahrstuhl nehmen. Eine Rolltreppe nach unten sahen die Planer schlicht nicht vor.

Mit dem FEX schnell ins Zentrum

Matthias und seine Frau Christiane sind zu Fuß gegangen. Sie kommen aus dem brandenburgischen Ort Hohen Neuendorf, auch sie haben ohne Flugticket einen Ausflug zum BER gemacht – "damit wir uns hier zurechtfinden, wenn wir irgendwann wieder reisen können", sagt Matthias. Das mit der fehlenden Rolltreppe sei "natürlich ein bisschen peinlich", auch fehlt es ihm im Flughafen an genügend Uhren. "Aber ansonsten haben wir uns gut zurechtgefunden."

Ab in die Stadt: Der neue Flughafen-Express ist in 30 Minuten am Berliner HauptbahnhofBild: Felicitas Wilke/DW

Auf Gleis 2 fährt der FEX ein, der neue Flughafen-Express der Deutschen Bahn. Im Unterschied zu anderen Regionalzügen, die zwischen Airport und Berliner Innenstadt verkehren, hält er unterwegs nur zweimal an. Nach 15 Minuten Fahrt überquert er erstmals die Spree und hält kurz darauf am Bahnhof Ostkreuz. Nach 25 Minuten legt er einen Stopp in Gesundbrunnen ein, nach einer halben Stunde erreicht er den Hauptbahnhof. Perspektivisch soll es nur noch 20 Minuten dauern.

Von ein paar Mängeln abgesehen, wirkt der BER an diesem Tag wie ein ganz normaler Flughafen. Und vielleicht ist dies das schönste Kompliment, das man dem einstigen "Pannenflughafen" machen kann. 

Der BER-Tower spiegelt sich in der Glasfassade des TerminalsBild: Andreas Franke/picture alliance

 

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