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Politik

"Welt"-Korrespondent Deniz Yücel ist frei

16. Februar 2018

Über ein Jahr saß er in der Türkei in Haft - ohne Anklage. Nun ging alles ganz schnell: Nach seiner Entlassung aus dem Gefängnis verließ der deutsch-türkische Journalist Deniz Yücel die Türkei und flog nach Berlin.

Türkei Istanbul Deniz Yücel am Flugzeug nach Deutschland
Bild: Reuters/O. Oral
Deniz Yücel mit seiner Ehefrau nach seiner Freilassung Bild: Twitter/Veysel Ok

Deniz Yücel bestieg am Abend am Istanbuler Atatürk-Flughafen ein Flugzeug, das ihn nach Berlin brachte. Wenig Stunden zuvor war der "Welt"-Korrespondent nach mehr als einem Jahr in türkischer Haft entlassen worden. Yücels Anwalt Veysel Ok twitterte ein Bild, auf dem der freigelassene Journalist seine Ehefrau Dilek Mayatürk umarmt. Ebenfalls auf Twitter schrieb sie: "Endlich!!! Endlich!!! Endlich!!! Deniz ist frei!" Die beiden hatten im April 2017 im Gefängnis in Silivri westlich von Istanbul geheiratet. 

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier, Bundeskanzlerin Angela Merkel und Außenminister Sigmar Gabriel zeigten sich erleichtert. Der Bundesaußenminister begrüßte die Entscheidung der türkischen Justiz. "Ich danke ausdrücklich der türkischen Regierung für ihre Unterstützung bei der Verfahrensbeschleunigung", erklärte Gabriel. Dazu habe er selbst viele direkte Gespräche mit türkischen Regierungsvertretern geführt, in zwei Fällen auch mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan. Gabriel zufolge wurden der Türkei für die Freilassung keine Gegenleistungen zugesagt. 

Bundeskanzlerin Merkel dankt Gabriel

Merkel dankte ausdrücklich Gabriel für dessen Bemühungen um die Freilassung Yücels. Mit Blick auf den Journalisten erklärte sie: "Ich freue mich natürlich für ihn, ich freue mich für seine Frau und die Familie, die ja ein sehr, sehr schwieriges Jahr der Trennung aushalten mussten." Sie hoffe nun, dass es auch in anderen, weniger prominenten Fällen Bewegung gebe, sagte Merkel. Das habe sie auch Yildirim bei dessen Besuch in Berlin gesagt.

 

Merkel zu Ministerpräsident Yildirim kurz vor der Freilassung: Yücels Haft sei "Bürde für das bilaterale Verhältnis"Bild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Bundespräsident Steinmeier äußerte die Hoffnung, dass die Freilassung "Bedingungen schafft, die zu einer Verbesserung der deutsch-türkischen Beziehungen führen".

Der Fall Yücel war zuletzt der größte, aber nicht einzige Streitpunkt im Verhältnis zur Türkei. Der Journalist hatte sich am 14. Februar 2017 freiwillig der Justiz gestellt und war kurz darauf wegen Terrorvorwürfen in Untersuchungshaft genommen worden - bis kurz vor seiner Haftentlassung ohne Anklageschrift.

Der staatlichen türkischen Nachrichtenagentur Anadolu zufolge nahm das 32. Strafgericht in Istanbul erst am Freitag die Anklageschrift der Staatsanwaltschaft an. Die Behörde fordere darin wegen "Propaganda für eine Terrororganisation" und "Aufstachelung des Volkes zu Hass und Feindseligkeit" zwischen vier und 18 Jahre Haft, heißt es in dem Bericht. Zugleich ordnete das Gericht demnach aber auch die Freilassung Yücels an. 

Jubel über Yücels Freilassung

"Ein Jahr lang haben wir jeden Tag 'Free Deniz' geschrieben, gelesen, gesagt. Heute können wir sagen: 'Deniz is free'", sagte der Vorstandschef des Springer-Verlags, Mathias Döpfner. Die Tageszeitung die "Welt" für die Yücel als Türkei-Korrespondent bis zu seiner Verhaftung berichtete, wird von Springer verlegt. Kanzleramtsminister Peter Altmaier schreib auf Twitter: "FREE Deniz! Endlich!" Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) jubelte: "Beste Nachricht, wo gibt. Deniz Yücel kommt frei."

Die Türkische Gemeinde in Deutschland bezeichnete Yücels Freilassung als "sehr glückliche Nachricht". Yücel sei "ein freiheitsliebender Mensch, ein Journalist und kein Terrorist", sagte der Vorsitzende Gökay Sofuoglu der "Rheinischen Post" aus Düsseldorf. Yücel habe unschuldig im Gefängnis gesessen. "Es ist gut, dass das jetzt auch die Türkei kapiert hat", fügte Sofuoglu hinzu. Er freue sich auf die Recherchen und Berichte Yücels, wenn der "Welt"-Korrespondent wieder zurück sei.

Deutsche Politiker fordern weitere Freilassungen

CDU-Außenpolitiker Norbert Röttgen betonte unterdessen, dass die Freilassung Yücels nicht automatisch zu einer grundlegenden Verbesserung der deutsch-türkischen Beziehungen führe. Er sei zwar erleichtert über das Ende der "machttaktischen Geiselnahme", sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag im ZDF. Dies mache aber wenig besser, weil Staatspräsident Erdogan bei seinem Machtplan bleiben werde, die Türkei in ein autoritäres System zu verwandeln und Demokratie und Rechtsstaatlichkeit abzubauen.

Deniz Yücel nach seiner Freilassung gemeinsam mit Ehefrau Dilek MayatürkBild: Getty Images/AFP/O. Kose

Linksfraktionschef Dietmar Bartsch erinnerte daran, dass in der Türkei weiter mehr Journalisten inhaftiert seien als in jedem anderen Land. "Ich fordere die Bundesregierung auf, ihren Einfluss für die Durchsetzung grundlegender Menschenrechte in der Türkei zu nutzen und keine schmutzigen Deals mit dem Regime in Ankara einzugehen", so der Politiker.

Lebenslänglich für sechs Journalisten in der Türkei

Justizminister Maas sagte, die Bundesregierung werde sich mit Nachdruck für die weiteren Inhaftierten einsetzen. "Wir werden weiter alles dafür tun, dass alle in der Türkei zu Unrecht inhaftierten Deutschen so schnell wie möglich freigelassen werden", erklärte Maas in Berlin.

Unterdessen sind in der Türkei sechs Journalisten zu lebenslangen Gefängnisstrafen verurteilt worden. Darunter auch drei bekannte Medienschaffende.

vk/sti/ww/stu (dpa, kna, ap, afp)

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