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Was die Deutschen glücklich macht

Courtney Tenz ad
20. März 2018

Was macht die Menschen glücklich? Angeblich das Bruttosozialprodukt und gute Sozialleistungen. Aber was ist mit guter Laune, Plätzchen und Sport? Unsere gebürtige US-Amerikanerin Courtney Tenz ist der Sache nachgegangen.

Symbolbild Smileys
Bild: Fotolia/mirpic

Mir persönlich erscheint es seltsam, dass der Weltglückstag ausgerechnet auf den 20. März fällt. Schließlich beginnt jetzt der Frühling, was für mich als Amerikanerin die schlimmste Jahreszeit ist.

Bei uns in den USA besagt ein bekanntes Sprichwort über den Monat März: "Entweder er kommt wie ein Lamm und geht wie ein Löwe, oder umgekehrt." Egal, in welchem Teil des Landes man sich aufhält - das Wetter um diese Jahreszeit ist zuverlässig unzuverlässig.

Das gleiche trifft auf meine Wahlheimat Deutschland zu. Hier verbringt man den März meistens unter einem erdrückend grauen Himmel, aus dem es, je nach Region, entweder regnet oder schneit, oft unmittelbar nachdem noch kurz zuvor ein paar Sonnenstrahlen durch die Wolken gekommen waren. Ralph Waldo Emerson hat das wechselhafte Wetter sehr zutreffend beschrieben: "Unser Leben ist wie Märzwetter, wild und heiter innerhalb nur einer Stunde." 

Das sind die glücklichsten Länder.

Wie also sollten wir während dieser Übergangszeit auch nur einen einzigen Tag lang glücklich sein können?

Gerechte Verteilung und Nachhaltigkeit

Also schön: Ursprünglich ist der Weltglückstag gar nicht als ein Tag der Freude konzipiert worden. Das Datum wurde absichtlich ausgewählt, denn es markiert den Beginn des Frühlings auf der nördlichen Erdkugel. Und der Frühling gilt vielen als Zeit der Erneuerung. Dennoch werden wir am 20. März sicherlich nicht alle freudestrahlend durch die Natur wandeln.

Die Vereinten Nationen haben diesen Tag ausgewählt, um ein stärkeres Bewusstsein über "die Notwendigkeit eines inklusiveren, ausgeglicheneren und ausbalancierteren Herangehens an das Wirtschaftswachstum" zu schaffen, "das nachhaltige Entwicklung, Armutsverminderung, Freude und Wohlstand aller Völker vorantreibt".

Weltglücksreport

Im Zusammenhang mit dem Weltglückstag, den die UN-Hauptversammlung im Juni 2012 beschloss, gibt es auch eine ganz spezielle Rangliste - den Weltglücksreport. Die Rangliste von 2018 berücksichtigt allerdings nicht jene Dinge, die ich eigentlich erwartet hätte, wie etwa schönes Wetter oder die Häufigkeit, mit der Menschen durchschnittlich pro Tag lächeln. Stattdessen berücksichtigten die Analysten eher wirtschaftliche Faktoren, wie etwa das Pro-Kopf-Einkommen. Aber auch den Zusammenhang von Glücksempfinden und Migration haben sie sich in diesem Jahr angesehen. 

Immer wieder wird die Rangliste von den skandinavischen Ländern angeführt (in der Rangliste von 2015-17 ist Finnland auf dem ersten Platz, gefolgt von Norwegen, Dänemark und Island) und das, obwohl ja gerade hier sich die Sonne teils Monate nicht blicken lässt. In starkem Gegensatz dazu steht Bhutan, das erst an 97. Stelle auftaucht. Der kleine Himalaya-Staat war einst mit seinem "nationalen Glücksindex" auf weltweites Interesse gestoßen. Dieser Index misst die Lebensqualität anhand von Statistiken über Lese- und Schreibfähigkeit sowie Kriminalität. Und genau hier in Bhutan scheint die Sonne pro Tag durchschnittlich acht Stunden, und das sogar im Januar.

Die Dänen wissen nichts von ihrem Glück

Die skandinavischen Länder erscheinen so häufig an vorderster Stelle im Glücksreport, dass ganze Bücher und Reisekataloge ihre Glücksrezepte behandeln - wobei die Einheimischen sich über diese Glücksrezepte eher zu wundern scheinen. Wie dieser Beitrag auf Twitter zeigt, werden Finnen nicht etwa deshalb als die glücklichsten Menschen aufgelistet, weil sie am häufigsten lächeln.

In ihrem 2015 erschienenen Buch "The Year of Living Danishly" beschrieb Helen Russell ihren Umzug von London auf das Land in Dänemark. Während des einen Jahres, das sie dort verbrachte, erforschte sie, warum die Dänen so glücklich sein sollen - und fand heraus, dass die Dänen selbst eher verwirrt über diese Beurteilung sind. Der Weltglücksreport stützte sich bei seiner Beurteilung eben auf bestimmte politische Faktoren, wie etwa Transparenz und Korruption. Um ihren eigenen Glückszustand zu verbessern, zündete Helen Russell häufig Kerzen an, um eine gemütliche Atmosphäre zu schaffen, nahm an Sportkursen teil, arbeitete weniger und aß mehr Backwaren.

Wie man inmitten von grantigen Muffeln glücklich werden kann

Irgendwie erinnerte mich das Leben von Russell in Dänemark an mein eigenes Leben in Deutschland. Hier lächeln die Leute viel seltener als in den USA. Und das, obwohl sie fast alle in irgendeinem Sportclub zu sein scheinen und massenweise Gebäck konsumieren. Warum also erscheint Deutschland erst auf dem 15. Platz der Auflistung? Und wie kommt es, dass Deutschland trotz allem vor den USA und Großbritannien auftaucht, obwohl es mir manchmal so vorkommt, als sei ich hier nur von schlecht gelaunten Nörglern umgeben?

Wie sich herausstellt, unterschätzen die Menschen in jedem Land, wie glücklich ihre Mitmenschen sind. Unsere Wahrnehmung, und zwar nicht nur in Deutschland, ist, dass die Menschen um uns herum nicht so glücklich sind, wie sie bei der Umfrage angeben. Und es ist schwierig, die Qualität sozialer Komponenten zu messen. Obwohl man herausgefunden hat, dass Kerzenlicht und Gebäck die Gefühle stark beeinflussen, werden sie beim Erstellen des Rankings nicht berücksichtigt. Stattdessen fragten die Forscher, inwieweit Großzügigkeit und die Tatsache, jemanden zu haben, auf den man sich verlassen kann, das Glücksgefühl beeinflussen, um die Wirkung sozialer Faktoren auf das Glück zu untersuchen.

Natürlich beeinflussen auch politische und historische Umstände das Glücksempfinden. Aber eine gewisse Resilienz kann die negativen Auswirkungen abfedern. Wenn etwa ein an sich wohlhabendes Land wie z.B. Finnland wirtschaftliche Schwierigkeiten durchlebt, schätzen sich die Menschen trotzdem immer noch als zufrieden ein, da sie sich auf ein starkes soziales Sicherheitsnetz verlassen können.

Generell sind Glücksgefühle eine recht subjektive Angelegenheit und haben mit der Perspektive der Menschen zu tun, vor allem meiner. Im Weltglücksreport von 2018 wurde nun eine Kategorie hinzugefügt, die die Glücksgefühle von Ausländern in den einzelnen Ländern misst. Auch hier erschien Finnland auf Platz eins, gefolgt von Dänemark, Norwegen und Island. Hier tauchte Deutschland erst auf dem 28. Platz auf, und zwar weit hinter den USA und Großbritannien. Könnte es vielleicht sein, dass die Deutschen von sich selbst sagen, sie seien glücklich, während ich dies nicht tun würde aufgrund der Umstände, mit denen ich als Einwanderin konfrontiert bin? 

Ist das Lächeln wirklich so wichtig?

Es ist schwierig, anhand der Daten aus der Studie zwischen Ursache und Korrelation zu unterscheiden. Aber ihre Autoren verweisen darauf, dass Menschen eher in glücklichere Länder auswandern, die eben auch wohlhabende Länder sind. Sie schreiben außerdem, dass "die Einschätzungen über das eigene Leben von Migranten und Einheimischen wahrscheinlich davon abhängen, inwieweit Bürger eines Landes ausländische Migranten wohlwollend aufnehmen". 

Gleichzeitig frage ich mich allerdings auch, ob das Ganze auch ein wenig mit meinem eigenen Verständnis von Glück zu tun hat. Die Tatsache, dass ein Finne laut der Studie nie lächelt, bedeutet nicht unbedingt, dass er oder sie unglücklicher ist, als ein Cheerleader mit schneeweiß gebleichten Zähnen. Und einfach die Tatsache, dass ein Deutscher nicht ständig vor Freude in die Luft springt, bedeutet nicht, dass er im Inneren kein Glück empfindet.

Was die Deutschen glücklich macht

Also, was genau macht die Deutschen glücklich? Um diese Frage zu beantworten, bedarf es eines Blicks auf einen anderen Index, und zwar einen, der jährlich von der Deutschen Post veröffentlicht wird: Der Glücksatlas, der vom Weltglücksreport genutzt wird, gibt eine ganze Liste von Dingen heraus, die Menschen glücklich machen. Erstaunlicherweise spielte hier die Anzahl der Sonnenstunden keine Rolle.

Was hier eine Rolle spielt, sind Dinge wie Liebe, Zugang zum Gesundheitswesen und Bildung. Auch Sportgruppen und Hobbies machen die Deutschen glücklich. Und ebenso - man höre und staune - Arbeit. Genauer gesagt, die Kontrolle, die Menschen über ihre Arbeitszeit haben, sowie die Möglichkeit, selbst darüber zu entscheiden, wie man seine Zeit verbringen will. In dieser Beziehung unterscheiden sich die Deutschen wohl kaum von allen anderen.

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