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Politik

"Null Hunger ist möglich"

Nina Werkhäuser
11. Oktober 2016

Der Hunger auf der Welt ist zurückgegangen - das belegt der jüngste Welthunger-Index. Bis aber jeder genug zu essen hat, bleibt nach Ansicht der Deutschen Welthungerhilfe noch viel zu tun.

Ein unterernährtes Kleinkind in Afrika, Foto: picture-alliance/dpa/A. De Ras
Bild: picture-alliance/dpa/A. De Ras

Ja, manchmal sei sie zornig, sagt Bärbel Dieckmann, seit acht Jahren Präsidentin der Deutschen Welthungerhilfe. Zornig darüber, dass immer noch so viele Menschen auf der Welt Hunger leiden. Wie viele, das ist jährlich abzulesen am Welthunger-Index, einer farbigen Landkarte, auf der vor allem die Länder Südasiens und Afrikas südlich der Sahara auffallen: Hier ist der Hunger weit verbreitet, Lebensmittel sind knapp.

In diesen Regionen verhungern überdurchschnittlich viele Kinder, andere sind ausgezehrt oder wachsen nicht richtig - aus Mangel an Nährstoffen. Schlusslicht in der Statistik ist die Zentralafrikanische Republik, aber auch die Nuklearmacht Indien nimmt nur den schwachen 97. Rang von 118 ein. Insgesamt sind 795 Millionen Menschen auf der Welt unterernährt. "Wir haben nach wie vor eine himmelschreiende Ungerechtigkeit in der Welt", beklagt Dieckmann bei der Vorstellung des Welthunger-Index in Berlin.

Fortschritte in vielen Ländern

Aber es gibt auch Erfolge, und auf die weist die Präsidentin der Welthungerhilfe mit Nachdruck hin: Seit dem Jahr 2000 geht der Hunger stetig zurück, und zwar trotz des Bevölkerungswachstums. Seither haben 22 Länder "bemerkenswerte Fortschritte" bei der Bekämpfung des Hungers erzielt, heißt es im Welthunger-Index 2016.

Geschafft haben das zum Beispiel Myanmar, Ruanda und Kambodscha, die die Zahlen halbieren konnten. Für die Welthungerhilfe liegen die Gründe dafür auf der Hand: Nach dem Ende von Kriegen oder Bürgerkriegen, die in der Regel zu Unterernährung führen, hätten die jeweiligen Regierungen Verantwortung für ihre Bevölkerung übernommen. "Es hat auch gute Entwicklungszusammenarbeit und Investitionen in diesen Ländern gegeben", so Dieckmann, "es geht also."

Bärbel Dieckmann, die Präsidentin der Deutschen Welthungerhilfe Bild: Welthungerhilfe

Folgen von Krieg und Korruption

Doch es gelingt nicht überall. In insgesamt 50 Ländern ist die Hungersituation "ernst" oder "sehr ernst". Am gravierendsten ist die Lage in Madagaskar, Sambia, Sierra Leone, Tschad und der Zentralafrikanischen Republik, außerdem auf Haiti und im Jemen.

Was sind die Ursachen dafür? Im Wesentlichen seien es Kriege, bewaffnete Konflikte und schlechte Regierungsführung, sagt Klaus von Grebmer vom International Food Policy Research Institute (IFPRI) in Washington, das den Welthunger-Index mit erstellt. "Keine Regierung oder eine korrupte oder inkompetente Regierung - das sind Faktoren, die den Hunger erhöhen." Aber auch die Industrieländer tragen nach Ansicht der Welthungerhilfe Verantwortung, indem sie maßgeblich zum Klimawandel beitragen oder in armen Ländern Rohstoffe ausbeuten.

Eine Welt ohne Hunger?

Ist das Ziel "Zero Hunger" (Null Hunger) vor diesem Hintergrund noch zu erreichen? Bis 2030 soll der Hunger auf der Welt ausgerottet sein, fordert die UN-Agenda für nachhaltige Entwicklung. Klaus von Grebmer vom IFPRI ist trotz der Fortschritte skeptisch: "Die Tendenz ist richtig, aber die Geschwindigkeit ist völlig unzureichend."

Mit anderen Worten: Der Kampf gegen den Hunger müsste schneller und nachhaltiger geführt werden, um bis 2030 alle Kinder auf der Welt satt zu bekommen. Wenn das nötige Geld investiert werde und der politische Wille in den betroffenen Ländern da sei, dann könne "Zero Hunger" aber durchaus bis 2030 oder sogar früher erreicht werden, meinen die Ernährungsexperten vom IFPRI. 

"Wir müssen uns das vornehmen",  fordert auch Bärbel Dieckmann. Diesem Ziel hätten 196 Länder in New York zugestimmt und sich damit zum Kampf gegen den Hunger verpflichtet. Hilfreich könnte dabei die Tatsache sein, dass durch die hohe Zahl von Flüchtlingen und Migranten in Europa das Bewusstsein für die Fluchtursachen gestiegen sei. Eine davon ist Hunger. Und Hunger, so kommentiert Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) den jüngsten Bericht, sei "der größte vermeidbare Skandal auf unserem Planeten".

Nina Werkhäuser Reporterin
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