Weltklimakonferenz in bewegten Zeiten
2. Dezember 2019Greta Thunberg kommt, aber langsam: Erst hatte sich die schwedische Klima-Aktivistin auf den Weg nach Chile gemacht, wo die UN-Klimakonferenz, kurz "Conference of the parties" oder COP genannt, ursprünglich hatte stattfinden sollen. Nun ist sie auf dem Weg zurück nach Europa: Mit dem Segelschiff selbstredend, nicht mit dem Flugzeug. Rechtzeitig zum Klimatreffen, das jetzt wegen der Unruhen in Chile nach Madrid verlegt wurde, will sie in Portugal an Land gehen und in die spanische Metropole fahren. Aber, so schrieb sie auf Twitter: Es geht langsamer als gedacht.
Dank für die Solidarität des COP-Gastgebers
Langsamer als gedacht und von den Klimaschützern erhofft, wird auch der Fortschritt sein, den dieses Klimatreffen hervorbringen dürfte. Beteiligte wie Deutschlands Umweltministerin Svenja Schulze sind froh, dass nach Chiles Absage überhaupt noch ein Tagungsort gefunden wurde, wie die SPD-Politikerin der DW sagte: "Ich bin erst einmal Spanien sehr dankbar, dass es so kurzfristig diese COP ausrichtet. Das ist ein enormes Zeichen von Solidarität, dass sie 20.000 bis 25.000 Menschen innerhalb von vier Wochen beherbergen werden. Das ist ein ganz wichtiges Signal. Die COP ist dann ein Erfolg, wenn wir es schaffen, Ambitionen weiter zu steigern. Das heißt: Die Länder müssen mehr machen, als sie bisher zugesagt haben."
Die endgültige Absage der USA
Mehr jedenfalls, als 2015 die rund 190 UN-Staten auf dem Klimatreffen in Paris zugesagt haben. Dort hatten sich die Länder verpflichtet, die Erdtemperatur bis 2100 gegenüber dem Niveau vor der Industrialisierung nicht über zwei Grad im Durchschnitt steigen zu lassen, besser nur um 1,5 Grad. Dazu müssten alle Staaten schon jetzt ihre Klimapläne verbessern. Denn Wissenschaftler warnen immer dringender, wie rasant der Klimawandel voranschreitet. Ob höhere Ziele aber in Madrid vereinbart werden können, ist mehr als zweifelhaft. Bislang haben nur eine Handvoll Staaten vor allem aus Afrika und Asien mehr Klimaschutz versprochen. Anfang November zog sich dann US-Präsident Donald Trump, der nicht an den Klimawandel glaubt, endgültig vom Pariser Klima-Vertrag zurück. Nach Ansicht des deutschen Außenministers Heiko Maas sind die USA aber nicht der einzige Staat, der derzeit wenig mit dem Thema Klimaschutz anfangen kann: "Das ist ein Schritt, den wir außerordentlich bedauern. Und wir hoffen und wir setzen uns dafür ein, dass es nur ein Abschied auf Zeit wird. Aber wir dürfen uns nicht darauf verlassen, dass der klimapolitische Dissens sich schnell auflösen wird. Im nächsten Jahr dürften weder vom G7-Vorsitz der USA noch vom G20-Vorsitz Saudi-Arabiens besondere klimapolitische Impulse zu erwarten sein." Hinzu kommt noch Brasilien, dessen rechtspopulistischer Präsident Jair Bolsonaro ebenfalls nicht zu den Klimaschützern gehört.
Auch Deutschland schwächelt beim Klimaschutz
Aber auch Deutschland steht nicht besonders gut da. Das Ziel, bis 2020, also in wenigen Wochen, 40 Prozent der Treibhausgase einzusparen, wird weit verfehlt. Vielen Experten ist auch der beschlossene Ausstieg aus der Kohleverstromung bis 2038 zu zögerlich. Außerdem steigen die Emissionen des Verkehrs seit vielen Jahren. Wenn wenig von den Regierungen kommt, setzten die Umweltgruppen deshalb auf den Impuls der weltweiten Klimaproteste, auch in Madrid. So sagte Ann-Kathrin Schneider vom "Bund für Umwelt-und Naturschutz" (BUND) der DW: "Das Entscheidende ist natürlich der Druck von der Straße. Ob dieser Druck so groß wird, dass dann auch der politische Wille da ist, die Notwendigkeit gesehen wird, im Klimaschutz mehr zu tun und sich dazu zu bekennen, wird sich zeigen."
Selbst festgelegte Klima-Ziele sollen vergleichbarer werden
Ohnehin wird Madrid eine sehr technische Konferenz. Die Ziele des Pariser Klimavertrags, die jedes Land selbst festgelegt und versprochen hat, sollen transparenter und vor allem vergleichbar gemacht werden. UN-Generalsekretär António Guterres, wenige Tage vor Konferenzbeginn zu Besuch in Berlin, drückte im Gespräch mit der DW seine Hoffnung auf einen weiteren wichtigen Impuls aus: "Es wird entscheidend sein, dass alle - die Staaten, auch der private Sektor, die Wirtschaftsvertreter und die Zivilgesellschaft - dass sie deutlich machen, dass sie die gegenwärtige Situation ernsthaft überwinden wollen, denn die ist nicht nachhaltig."
Ein Ausgleich für Verluste und Schäden?
Umweltgruppen hoffen zudem auf Fortschritte bei einem Thema, das bislang eher ein Schattendasein auf Klimakonferenzen geführt hat: Der Ausgleich für erlittene Schäden und Verluste vor allem für arme Ländern. Sabine Minninger, Klimaexpertin von "Brot für die Welt" sagt der DW, dass die reichen Staaten dieses Thema gern mieden, weil sie Angst hätten, einen Blankoscheck für die Kosten von Wetter-Großereignissen ausstellen zu müssen.
Trotzdem ist das Thema für Minninger zentral: "Gerade für die allerärmsten Staaten ist es besonders schwierig, nach einer Naturkatastrophe oder einem extremen Wetterereignis wieder auf die Beine zu kommen. Weil es ihnen an finanziellen Ressourcen fehlt, an der Fähigkeit, ihr Leben und ihre Lebensgrundlagen zu schützen, und sich danach auch wieder zu erholen. Und es ist für sie schwieriger, an den Kapitalmärkten gute Kredite zu finden, um sich an den Klimawandel anzupassen." Ein weiteres mit Spannung erwartetes Thema in Madrid wird der Schutz der Meere sein. Eine Arbeitskonferenz wird das also, mitten in der großen Aufmerksamkeit, die Greta Thunberg dem Thema weltweit beschert hat. Vielleicht reicht der Druck ja doch, um einzelne Länder zu ehrgeizigeren Klima-Versprechen zu bewegen.