Das globale Geschäft mit der Kunst blüht.
19. April 2013Wenn Jonathan Garnham über seine Arbeit spricht, ist er voll in seinem Element: Der umtriebige Direktor der Galerie Blank Projects aus Kapstadt will dafür sorgen, dass junge Künstler auch in ihrer Heimat Südafrika bessere Aufstiegsmöglichkeiten bekommen. Deshalb betreibt er seit 2006 - mit Unterstützung vom Goethe-Institut in Johannesburg - eine kleine Galerie. "In Südafrika gibt es nur eine Handvoll Sammler für zeitgenössische Kunst. Deshalb bin ich hier, um internationale Kontakte zu knüpfen", sagt er.
Die meisten bekannten Künstler aus Südafrika wie Kendell Geers, Candice Breitz oder Moshekwa Langa haben in der Vergangenheit ihr Heimatland verlassen. Ob in Deutschland, Belgien, USA oder den Niederlanden: Anderswo erhalten sie mehr Unterstützung als auf dem afrikanischen Kontinent, wo Institutionen wie die South African National Gallery über einen Ankaufsetat von nur 10.000 Euro jährlich verfügen. Netzwerke sind für Jonathan Garnham deshalb wichtig, um auch außerhalb von Südafrika Geschäfte zu machen. Garnhams Auftritt ist eine Premiere im doppelten Sinne: Zum ersten Mal hat er auf der Kölner Kunstmesse Art Cologne ausgestellt und zum ersten Mal hatte die Art Cologne eine afrikanische Galerie eingeladen, ihre Kunst in Köln zu präsentieren.
Markplatz Deutschland
Deutschland ist einer der wichtigsten Handelsplätze für zeitgenössische Kunst. "Ein Drittel der weltweit teuersten Künstler hat einen deutschen Pass", erklärt Daniel Hug, künstlerischer Leiter der Art Cologne, dem es gelungen ist, die Kölner Kunstmesse wieder international wettbewerbsfähig zu machen. Der Gesamtpreis der verkauften Kunstwerke in Deutschland lag nach einer Untersuchung der französischen Gesellschaft zur Bewertung des Kunstmarktes, Artprice, im Jahr 2012 bei 144,5 Millionen Euro. Die Umsätze sind damit leicht zurückgegangen im Vergleich zum Vorjahr.
Weltweit ist der Kunstmarkt laut einer Studie, die die niederländische Kunstmesse TEFAF in Auftrag gegeben hat, um sieben Prozent geschrumpft. Auch China, das bis 2011 noch mit Rekordsummen sogar vor den USA auf der Hitliste rangierte, hat weniger Umsätze verbucht. "Das liegt an den aufgeblähten Preisen der letzten Jahre", meint Alexander Ochs, der eine Galerie in Peking betreibt. "So wie die Volksrepublik China mit dem Kunstmarkt umgeht, schadet sie ihm", so Ochs.
"Der Boom, den wir im Bereich der zeitgenössischen Kunst erlebt haben, war eine Pervertierung der westlichen Marktverhältnisse, in dem Maße, dass die Künstler über chinesische Auktionshändler unheimlich teuer gemacht wurden. So kletterten die Preise extrem in die Höhe", erklärt Ochs. Werke wie "Mountains in Red" des chinesischen Künstlers Li Keran wechselten im Jahr 2012 für umgerechnet 33,8 Millionen Euro den Besitzer.
"Brasilien ist das neue China"
Die Zukunft sieht Messechef Hug aber in Brasilien, wo derzeit gewaltige Summen für Kunstwerke bezahlt werden. Brasilien sei das neue China: "Es gibt dort wichtige Sammler und viel Geld. Ich kenne viele europäische Galeristen, die in Brasilien auf den Messen teilnehmen, aber für eine brasilianische Galerie macht es keinen Sinn nach Europa zu kommen", meint Hug.
Aus Mexiko lohnt sich die Anreise indes schon, findet Hilario Galguera aus Mexiko City, der auch ein Büro in Berlin unterhält und einige Jahre eine Gastspiel als Galerist in Leipzig gegeben hat. Er vertritt in Mexiko viele westliche Kunststars wie Damien Hirst, Jannis Kounellis oder Daniel Buren, von dem er eine seltene Installation auf der Art Cologne ausstellte. Ohnehin scheint die Nationalität des Künstlers weniger wichtig zu werden als das Objekt, das er herstellt.
So hat die deutsche Wirtschaftszeitschrift Managermagazin in der gerade erschienenen Beilage Kunstkompass ermittelt, dass nur 60 Prozent der jüngeren Künstler in Westeuropa oder den USA geboren wurden. Die restlichen 40 Prozent kommen aus Israel, Vietnam, Südkorea, Japan, Chila, Ägypten, Kroatien, der Ukraine oder Polen. Viele dieser Künstler wohnen allerdings nicht mehr in ihren Heimatländern, sondern haben durch Stipendien oder Studienaufenthalte ihre Heimat verlassen.
Kosmopolitische Biographien
Eine, die ebenfalls oft zwischen den Welten unterwegs ist, ist Naila Kettaneh Kunigk. Die libanesische Galeristin führt seit den 70er Jahren die Galerie Tanit in München. 2007 eröffnete sie einen Ableger in Beirut. Im Libanon stellt sie neben Künstlern aus dem Mittelmeerraum auch deutschsprachige Künstler aus. "Deutsche Künstler genießen dort einen guten Ruf", erzählt Kunigk, die Kunst vom Libanon in die ganze Welt verkauft. Nicht zuletzt durch das Internet sei der globale Handel rasant angewachsen. Aber auch an der Levanteküste kauften inzwischen viele junge Leute Kunst, auch internationale Sammler hätte Beirut auf der Landkarte.
Auch die südafrikanische Künstlerin Turiya Magadlela, deren Werk bei Blank Projects angeboten wird, ist eine Weltbürgerin. Geboren in Südafrika, hat sie in Amsterdam studiert und lebt heute in Berlin. Ihre Kunst ist für den Galeristen Jonathan Garnham trotzdem in Südafrika verwurzelt. Die Wandarbeit aus zerrissenen Nylonstrumpfhosen baue eine ganz besondere Spannung zwischen Schönheit und Brutalität auf, so Garnham: "So eine Arbeit findet man in Deutschland nicht. Ich wollte ein Stück Afrika hierher holen."