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Politik

Weltordnung im Krisenmodus

16. Februar 2017

Mit dem Außenministertreffen in Bonn nimmt der G20-Prozess Fahrt auf. Deutschland verfolgt eine ehrgeizige Agenda - in krisenhaften Zeiten. Angela Merkel ist unter Erfolgsdruck: Im September steht die Bundestagswahl an.

Ukraine Krise Panzer in Kiew
Bild: picture-alliance/dpa/R. Pilipey

G20-Außenminister treffen sich in Bonn

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Unsicherheit und Unruhe machen sich breit auf der Welt. Nicht erst, seit Donald Trump sein Amt als US-Präsident angetreten hat. Aber seither sind lang vertraute Gewissheiten noch stärker in Frage gestellt. Da ist es gut, wenn es Foren gibt, auf denen sich Staaten und ihr Führungspersonal informell austauschen können - wobei informell hier lediglich bedeutet, dass keine bindenden Beschlüsse gefasst werden.

Die G20 sind so ein Forum. Seit dem 1. Dezember hat Deutschland die Präsidentschaft und steuert dieses Forum über eine Serie von Ministerkonferenzen hin zum Gipfeltreffen in Hamburg im Juli. Mit dem Treffen der Außenminister der G20 in Bonn am Donnerstag und Freitag nimmt dieser Prozess jetzt spürbar an Fahrt auf.

Schwerpunktthema Afrika

Deutschland hat ein umfangreiches Themenpaket auf den Tisch gelegt. Da geht es neben den klassischen Themen Freihandel, Finanzmarktregulierung und Klimaschutz auch um den Kampf gegen weltweite Epidemien, den Gesundheitsschutz. Die Großthemen Terrorismus sowie Migration und Flüchtlinge stehen ebenfalls auf der Agenda - und in Zusammenhang damit mehr Hilfen für Afrika. Deutschland will die G20 für den Plan gewinnen, Fluchtursachen verstärkt vor Ort zu bekämpfen. Der deutsche G20-Sherpa Lars-Hendrik Roller wies erst in der letzten Woche vor den Vereinten Nationen ausdrücklich auf die African-Partnership-Initiative der G20 hin. Die soll Mitte Juni auf einer eigenen Afrika-Konferenz in Berlin vorgestellt werden. Sherpa Roller führte in New York aus: "Die Initiative ist ein Angebot, entwickelt mit internationalen Institutionen und von den Finanz- und Entwicklungsministern im G20-Kontext, die private Investitionen vorantreiben soll, speziell in Infrastruktur."

In der vergangenen Woche führte die erste Delegationsreise der neuen deutschen Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries nach Afrika - unter deutlicher Bezugnahme auf die deutsche G20-Präsidentschaft sowie die Schwerpunktthemen Afrika und nachhaltiges Wachstum. Zypries sprach wörtlich von der "Chancenregion Afrika", die bis zum Jahr 2050 zwei Milliarden Einwohner zählen dürfte.

Schwerpunktthema Kennenlernen

Claudia Schmucker von der Deutschen Gesellschaft für Auswärtige Politik (DGAP) sieht allerdings nicht so sehr die Agenda im Vordergrund. Das gegenseitige Kennenlernen und der informelle Austausch machen für Schmucker den Wert der G20 aus: "Das wird ja gerade in dem Fall besonders wichtig sein als erstem Kontaktpunkt mit den USA: Wie stehen sie zu den wichtigen G20-Themen? Trump hatte alle diese Themen kritisch gesehen - freien Handel ebenso wie den Kampf gegen Protektionismus. Trump ist auch gegen multilaterale Vereinbarungen, gegen internationale Organisationen." 

Vielleicht hat der deutsche G20-Sherpa Lars-Hendrik Roller auch deshalb vor den UN den multilateralen Ansatz der Deutschen so ausdrücklich betont: "Es fehlt nicht an globalen Problemen. Globale Probleme brauchen  globale Lösungen. Dabei sollten die G20 helfen. Multilateralismus und Zusammenarbeit in Bereichen wie dem Handel wird eine Priorität der deutschen Regierung sein", so Roller.

Auch der Wahlkampf spielt eine Rolle

Bei all dem steht für die Globalisierungsexpertin Schmucker die deutsche G20-Präsidentschaft unter einem schlechten Stern: "Der Weltwirtschaft geht es nicht gut. Wir haben einen neuen US-Präsidenten, wobei man nicht weiß, wie man mit den USA als Partner umgehen soll. Wir haben einen sehr frühen G20-Gipfel im Juli, weil in Deutschland Wahlen anstehen. Das alles wird es sehr schwer machen, bedeutende Entscheidungen zu treffen", vermutet Schmucker im DW-Gespräch.

Wobei es kein Zufall ist, dass sich Deutschland gerade in einem Wahljahr um die G20 Präsidentschaft beworben hat. Heribert Dieter von der Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) sieht das sehr kritisch: "Das hat viel mit Wahlkampf zu tun. Aus der Sicht anderer Länder wird die G20 nun dazu verwendet, für den Wahlkampf in Deutschland schöne Bilder abzuliefern. Das ist nicht unbedingt das, was man aus Sicht anderer Länder vom G20-Vorsitz zu erwarten hätte."

Deutschlands Ex-Hauptstadt erwartet Diplomaten - und DemonstrantenBild: Getty Images/AFP/P. Stollarz

Gegenproteste erwartet

Ob es wirklich schöne Bilder geben wird? Schon für das Außenministertreffen in Bonn haben sich Demonstranten angekündigt. Beim Gipfel in Hamburg dürften die Proteste noch weitaus größer werden. Um Demonstranten von den Gipfelbegegnungen fernzuhalten, hatte man den G7-Gipfel 2015 ins weiträumig abgeschottete Schloss Elmau in Bayern verlegt und von 24.000 Polizisten schützen lassen. 2008 organisierte Deutschland den G8-Gipfel aus Sorge vor Störungen im abgelegenen Ostseebad Heiligendamm. Es ist zumindest ein Wagnis, in eine deutsche Großstadt zu gehen.

Umgekehrt allerdings zeigt die Münchner Sicherheitskonferenz, zu der etliche der in Bonn versammelten Teilnehmer umgehend weiterreisen: Großkonferenzen mit hochrangiger Besetzung lassen sich auch in Deutschland durchaus im Zentrum einer Millionenstadt durchführen. Von München wiederum zieht ein Teil der Außenminister weiter nach Genf. Am folgenden Montag wird dort weiter über eine Friedenslösung für Syrien verhandelt. Vielleicht haben informelle Begegnungen und klärende Gespräche auf Bonner und Münchner Fluren bis dahin einige Hindernisse aus dem Weg räumen können.

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