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PolitikGlobal

Weltsynode: Katholische Kirche benennt die Probleme

30. Oktober 2023

Im Vatikan endete nach vier Wochen die Weltsynode über mehr Dialog und weniger Kleriker-Dominanz - vorerst. Eine Richtung wird deutlich, aber auch Grenzen.

Blick auf den Petersplatz in Rom, wo sich Kleriker versammelt haben, um die Eröffnung der Synode zu zelebrieren
Eröffnung der Weltsynode in Rom am 4.10.2023Bild: Andrew Medichini/AP Photo/picture alliance

Für Papst Franziskus waren diese vier Wochen ein Zeichen des Aufbruchs. Und der Mahnung: "Das ist die Kirche, von der wir träumen sollen: eine Kirche, die Dienerin Aller ist, Dienerin der Geringsten", sagte er in seiner Predigt im Petersdom. "Eine Kirche", so Franziskus weiter, "die niemals ein 'gutes Führungszeugnis' verlangt, sondern annimmt, dient und liebt, vergibt. Eine Kirche mit offenen Türen, die ein Hafen der Barmherzigkeit ist."

Papst Franziskus beim Abschluss der WeltsynodeBild: Alessandra Tarantino/AP/dpa/picture alliance

Mit seinen Wünschen zum Abschluss des ersten Teils der sogenannten Weltsynode brachte Franziskus die Beratungen der gut 350 Synodenteilnehmer in eine Linie mit seinem Kurs seit Amtsantritt im März 2013. Denn sein programmatischer Ansatz ist es, die Kirche wieder näher an die Menschen zu bringen. Eins macht der Abschlussbericht nach vier Wochen Beratung deutlich: In den kommenden zwölf Monaten soll diese Annäherung konkreter werden. Denn das nun beendete Treffen im Vatikan bleibt nur der erste Teil größerer Veränderungen. 

Weltsynode erster Teil

Diese erste Etappe wurde über Jahre weltweit in katholischen Ortskirchen vorbereitet, die nun weiter beraten sollen. Dann steht - im Oktober 2024 - ein zweiter Teil des weltweiten Treffens im Vatikan an. Erst an dessen Ende sollen möglicherweise konkrete Schritte der Veränderung stehen. Wie diese aussehen könnten; das hängt entsprechend dem Verständnis der katholischen Kirche letztlich vom Papst ab.

Aber klar ist: Noch nie, seitdem es überhaupt sogenannte Bischofssynoden im Vatikan gibt, diese mehrwöchige Beratungsrunden mit Bischöfen aus aller Welt, wurde vergleichbar munter und kontrovers diskutiert. Das lag auch daran, dass erstmals überhaupt Laien ohne kirchliche Weihe, Frauen und Männer, mitredeten und abstimmen durften. Zwar stellten Bischöfe den größten Teil der Versammlung. Aber nun war etwa jede siebte stimmberechtigte Person weiblich. Innerkirchlich ist vieles an diesem neuen Stil spektakulär. Der neue Stil ist das eine. Konkrete Veränderungen sind das andere. Sie sind absehbar; wenn auch noch nicht beschlossen.

Katholische Frauen auf dem PetersplatzBild: Mauro Scrobogna/LaPresse via ZUMA Press/dpa/picture alliance

Der rund 40-seitige Abschlusstext ist eine Zusammenfassung der Beratungen mit perspektivischer Ausrichtung. Einen Schwerpunkt bildet das derzeitige Bild der Kirche. Einer Kirche, die immer noch vor allem von geweihten Männern, Priestern und Bischöfen, verkörpert wird. "Klerikalismus, Machismo und unangemessener Gebrauch von Autorität prägen weiterhin das Gesicht der Kirche und schaden der Gemeinschaft", so fasst im Grunde ein einziger Satz das Bild der katholischen Kirche zusammen. Der Abschlusstext behandelt die Ämter der Bischöfe, Priester und Diakone, schaut auf die Rolle von Laien und gerade von Frauen. Das Dokument dringt auf mehr Engagement für Menschen am Rande der Gesellschaft, Arme und Migranten. Und es spricht auch das katholische Großthema sexueller Missbrauch an.

Große Zustimmung für Abschlussdokument

Dieser Bericht wurde im Plenum der Weltsynode formell abgestimmt. Beim Abstimmungsmarathon gab es sowohl bei mehreren hundert Einzelentscheidungen als auch der Gesamtabstimmung eine sehr deutliche Zustimmung. So verzeichnete das komplette Dokument 336 Ja- und 10 Nein-Stimmen. Aber ein näherer Blick zeigt doch, dass die Zahl der Nein-Stimmen bei jenen Passagen am größten ist, bei denen es um das Thema Frauen und deren Ausgrenzung von kirchlichen Ämtern und Verantwortung geht.

Einen weiteren Aspekt brachte der US-Jesuit James Martin, der weltweit wohl prominenteste Fürsprecher eines offeneren Umgang der katholischen Kirche mit nicht-heterosexuellen Lebensformen, auf den Punkt. Er sei "enttäuscht, aber nicht überrascht", dass im Abschlusstext dieser Synode das Thema der LGBTQ-Katholikinnen und Katholiken nicht erwähnt werde, sage Martin.  

Diese Weltsynode und ihre Fortsetzung im Herbst nächsten Jahres wirken wie eine Verdichtung des Anliegens von Papst Franziskus, der eine offenere Kirche will. Durch seine eigene Art prägte er auch diese Weltsynode, bei der er sich offiziell als einer von vielen Zuhörenden verstand. 

Papst Franziskus, gut zehn Jahre im Amt, prägt seine Kirche. Ein Bild von der jüngsten Auslandsreise des Papstes nach Marseille im September 2023.Bild: The Vatican Media/AFP

Aber er setzt nebenbei seine Akzente; ob zufällig terminiert oder nicht. Während nicht wenige Beteiligte in der katholischen Kirche längst nicht nur in Deutschland oder Europa hoffen, dass die Männer-Kirche sich auch in Fragen des kirchlichen Amtes für Frauen öffnet, setzt der Papst andere Akzente. In italienischer Sprache - und mit entsprechender Aufmerksamkeit in Rom registriert - erschien während der Weltsynode ein Interview-Buch. Darin bekräftigt Franziskus die kirchliche Lehre, dass Frauen nicht Priesterinnen werden können und bleibt zurückhaltend bei der Frage, ob sie zum Weiheamt des Diakonats zugelassen werden sollen. Mehr noch: Der Papst spricht sich auch dagegen aus, Frauen den Zugang zum Kardinalsamt zu ermöglichen. Dabei wäre dies ein Schritt, der keine dogmatischen Grundfragen, also keine Kerninhalte kirchlicher Lehre, berührt, sondern über den er selbst eigenständig entscheiden könnte und der die Arbeit im Kardinalskollegium sicher verändern würde.

Die katholische Kirche in Deutschland zieht kritische Bilanz

Die katholische Kirche in Deutschland stand wegen ihres Dialogs in einem "Synodalen Wegs" von 2019 bis 2023, den sie angesichts des Skandals um tausendfache sexuelle Verbrechen durch Kleriker begonnen hatte, im Vatikan und in konservativen Kreisen weltweit in der Kritik. Nach den vier Wochen im Vatikan ist deutlich, dass sich eigentlich die Kirche in allen Ländern in ähnlicher Form besinnen soll. Aber konkrete Schritte blieben offen.

Bischof Bätzing (hinter den Mikrofonen) nach Ende der Weltsynode. Bild: Christoph Sator/dpa/picture alliance

Entsprechend fallen die Reaktionen in Deutschland aus. "Die katholische Kirche hat weltweit verstanden, dass sie mit diesem Beharren auf dieser ganz festen bischöflichen Autorität nicht weiterkommt, sondern dass dies ein Teil des Problems und nicht ein Teil der Lösung ist", sagte der katholische Theologe Thomas Söding. Er ist auch Vizepräsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken und begleitete als Experte die Synode. Die Energie dürfe nun nicht verpuffen. Eigentlich wollte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, die Beratungen im Vatikan in seiner Bilanz würdigend loben. Aber er sagte auch: "Mutig war sie noch nicht, diese Synode."

Ob sie mutiger wird? Im Oktober 2024 geht es weiter mit der Weltsynode. Dann spätestens geht es um Entscheidungen.

 

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