Weltweit billig
12. Juni 2003Die weltweite Expansion der Lebensmittel-Discounter Aldi und Lidl ist keine Übernahme-Invasion. Eher eine sehr gut vorbereitete und sich allmählich vollziehende Revolution.
Nachdem die Billigmärkte Belgien, die Niederlande, Frankreich, Spanien und sogar die USA und Australien erobert haben, ist jetzt der irische Markt dabei, den schmucklosen Niedrigpreis-Ketten zu unterliegen. Schnäppchen-Preise und deutsche Produkte sind die "Lockvögel" für die Einkäufer.
Langsam, aber gewaltig
Weniger als fünf Jahre, nachdem auf der grünen Insel der erste deutsche Discounter eröffnet wurde, bestreiten Aldi und Lidl bereits fünf Prozent des irischen Lebensmittel-Einzelhandesgeschäftes. Insgesamt besitzen die deutschen Ketten in Irland 46 Filialen, 36 davon gehören Lidl. Aldi zieht jetzt nach. Der Konzern sondiert bereits über 90 mögliche neue Standorte. Eine Studie des Marktforschungsinstitutes Mahon Retail Research zeigt, dass Aldi keineswegs an allen diesen Standorten auch Filialen eröffnen wird. Aber es wird klar, dass das Unternehmen seine Stellung in Irland ausbauen will.
Die einheimischen Supermarkt-Unternehmer werden allmählich nervös. Noch sind Aldi und Lidl nur für 8,5 Prozent der irischen Konsumenten die erste Wahl, hinter Dunnes Stores (27,5 Prozent), Tesco (25 Prozent) und Superquinn (23 Prozent). Doch die jüngsten Untersuchungen zeigen, dass der Anteil der deutschen Discounter am Handel mit Waren des täglichen Bedarfs ständig steigt. Besonders beim Verkauf von Toiletten-Artikeln, Waschmittel, Haushaltsartikeln und bei alkoholischen Getränken verbuchen sie immer mehr Marktanteile für sich.
Der Preis ist alles
Beispielhaft wird in Irland deutlich, dass die Kundengruppe der Geringverdiener einen viel größeren Anteil and der Bevölkerung hat, als oft angenommen. Wie die Untersuchung von Mahon Retail zeigt, wird nun auch für die irischen Konsumenten der Preis zum Hauptkriterium beim Einkauf. Aldi und Lidl unterbieten ihre Konkurrenten auf diesem Gebiet deutlich mit teilweise 25 Prozent.
Harte Zeiten für die einheimischen Ketten, die ihre Preise herabsetzen, um mit den Deutschen konkurrieren zu können, aber gleichzeitig ihre steigenden Kosten decken müssen. Auch wenn Dunnes, Tesco und Superquinn kurzfristig von Preissenkungen profitieren, wird die Anpassung an das Discount-Modell längerfristig bis zu 20.000 Arbeitsplätze im irischen Lebnsmittel-Einzelhandel vernichten. Davon geht zumindest die "Irish Business and Employers Confederation" (IBEC) aus.
An irischen Marktvorgaben vorbei
Aldi und Lidl beschäftigen jeweils nur wenige und zudem nicht gewerkschaftlich organisierte Angestellte. Das irische Gesetz zur Begrenzung der Verkaufsfläche gilt nicht für sie - Probleme mit der durchschnittlichen Marktgröße von 1500 Quadratmetern gibt es also nicht. Vor allem sind aber die Einkaufspreise der Discounter niedriger als im traditionellen Einzelhandel. Mit Dumpingpreisen - in Irland verboten - müssen sie also gar nicht erst arbeiten.
Schätzungsweise 80 Prozent der im Discount-Markt angebotenen Waren werden importiert. Wenn in Zukunft mehr Menschen bei Aldi & Co. einkaufen, dann besteht die Gefahr, dass einheimische Produkte mehr und mehr ins Hintertreffen geraten. Nach Schätzungen des IBEC entfielen 2002 etwas mehr als 20 Prozent des Umsatzes des irischen Lebensmittel-Einzelhandels im Wert von 8,4 Milliarden Euro auf Importe.
Wo wir sind, da bleiben wir
Der irische Markt ist das jüngste Beispiel der weltweiten Ausbreitung deutscher Lebensmittel-Billigmärkte. Seit der Gründung 1960 ist Aldi in 13 Länder auf der ganzen Welt expandiert. In den USA nimmt es Aldi im Niedrigpreis-Sektor allmählich mit etablierten Giganten wie Wal-Mart und K-Mart auf. Schon 1999 wurde der Umsatz von Aldi in den USA auf vier Milliarden Dollar geschätzt. Mittlerweile gibt es über 670 Aldi-Filialen in 25 Bundesstaaten. Und die Expansion geht weiter. Wie überzeugt die Unternehmen selbst von ihrem Erfolgskonzept sind, betonte ein Sprecher von Aldi im Gespräch mit DW-WORLD: "Wir garantieren hundertprozentig, dass wir niemals ein Land wieder verlassen werden, in dem wir uns niedergelassen haben."