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Attentat

22. November 2006

Zum fünften Mal in zwei Jahren ist im Libanon ein prominenter Syrien-Kritiker ermordet worden. Der Mord an Industrieminister Pierre Gemajel löste erste Unruhen im Land aus.

Der ermordete Minister Pierre Gemajel (März 2006)
Pierre Gemajel (März 2006)Bild: AP

Im Heimatort des 34-Jährigen Gemayel östlich von Beirut zerstörten Anhänger am Dienstagabend die Autos von pro-syrischen Politikern. Ähnliche Vorfälle wurden auch aus der Hauptstadt gemeldet. Pierre Gemajel wurde in seinem Wahlkreis bei Beirut erschossen. Das Attentat löste international Besorgnis aus.

Der Industrieminister, der zum Lager des antisyrischen Ministerpräsidenten Fuad Siniora gehörte, war am Dienstagnachmittag (21.11.2006) mit seinem Auto in der Beiruter Vorstadt Dschdeideh unterwegs. Sein Auto wurde von einem anderen Fahrzeug gerammt, wie Augenzeugen berichteten. Der Täter stieg aus und erschoss den Politiker aus kurzer Distanz. Die Fahrerseite des Autos wies fast ein Dutzend Einschusslöcher auf.

Gemajel war in seinem Wahlreis in Beirut unterwegsBild: AP/CNN

Gemajel wurde in ein Krankenhaus gebracht, wo nur noch sein Tod festgestellt werden konnte, wie die christliche Phalange-Partei mitteilte. Von den Tätern fehlt bislang jede Spur. Das Attentatsopfer war der Sohn des ehemaligen Präsidenten Amin Gemajel, der von 1982 bis 1988 amtierte. Sein Großvater Pierre Gemajel führte die Phalange im Bürgerkrieg von 1975 bis 1990. Politische Beobachter erwarten, dass das Attentat die politischen Spannungen im Libanon weiter verschärfen wird. Die Phalange-Partei gehört der antisyrischen Parlamentsmehrheit an, die in den vergangenen Tagen einen erbitterten Machtkampf mit der prosyrischen Hisbollah führte.


Krise im Libanon

Diese hat mit dem Sturz der Regierung gedroht, falls sie kein größeres Mitspracherecht im Kabinett erhält. Der politische Führer der antisyrischen Mehrheit, Saad Hariri, brach nach der Nachricht vom Attentat auf Gemajel eine Pressekonferenz ab. Er würdigte Gemajel als guten Freund und versprach unter Tränen, es werde alles getan, um die Täter zur Rechenschaft zu ziehen.

Auch ein Syrienkritiker: Ministerpräsident Fouad SinioraBild: AP

Hariri, der Sohn im Februar 2005 ermordeten Politikers Rafik Hariri, machte die Regierung in Damaskus für die Tat verantwortlich: "Wir glauben, dass die Hand Syriens dabei war", sagte er. Auch die syrische Regierung verurteilte jedoch das Attentat und sprach von einem abscheulichen Verbrechen, das Frieden und Stabilität im Libanon gefährde.

Besorgte Reaktionen

Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier appellierte an alle Kräfte im Libanon und in der Region, ihrer Verantwortung gerecht zu werden "und alles zu unterlassen, was die innenpolitische Lage im Libanon weiter destabilisiert." Das Attentat stelle offenbar einen weiteren Versuch dar, die unabhängige und demokratische Entwicklung des Landes zu sabotieren. Die Hintergründe des Attentats müssten aufgeklärt, die Schuldigen bestraft werden.

Bis heute ungeklärt: Der Mord an Rafik Hartiri im Februar 2005Bild: AP

US-Präsident George W. Bush verurteilte das Attentat auf Gemajel scharf. Zugleich warf er Syrien und dem Iran vor, die Regierung in Beirut destabilisieren zu wollen, ohne beide Länder jedoch direkt für die Bluttat verantwortlich zu machen.

Verwicklungen Syriens

Die israelische Außenministerin Zipi Liwni äußerte die Vermutung, Syrien könne in den Anschlag verwickelt sein. Es sei kein Geheimnis, dass Syrien im Libanon eine "negative Rolle" spiele, sagte Liwni während eines Besuchs in London.

Auch der EU-Außenbeauftragte Javier Solana verurteilte die Ermordung Gemajels. "Die Urheber dieses feigen Attentats müssen ausfindig gemacht und zur Rechenschaft gezogen werden", erklärte Solana in Brüssel. "Der Libanon muss für seinen Willen, in Frieden und Unabhängigkeit zu leben, erneut einen hohen Tribut zahlen. In meinem eigenen Namen und im Namen der Europäischen Union würdige ich den Mut und der Entschlossenheit all derer, die sich für die Unabhängigkeit und die Einigkeit des Libanons einsetzen." (ina)

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