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Weltweite Kritik am FIFA-Urteil

14. November 2014

Nach dem Freispruch der beiden WM-Gastgeber Russland und Katar steht die FIFA am Pranger. Ex-Reformer Pieth fordert die Veröffentlichung des Berichts. Ligapräsident Rauball denkt sogar an einen Austritt aus der FIFA.

FIFA-Logo
Bild: picture-alliance/dpa/Steffen Schmidt

Das umstrittene Urteil zu den WM-Vergaben an Russland und Katar hat weltweit Kritik und Unverständnis hervorgerufen. Der ehemalige FIFA-Reformbeauftragte Mark Pieth forderte erneut die komplette Veröffentlichung des Untersuchungsberichts zu den Korruptionsvorwürfen gegen die beiden kommenden WM-Gastgeber. "Genau der Konflikt zwischen Herrn Eckert und Michael Garcia zeigt doch jetzt, dass der Untersuchungsbericht mit den Ermittlungsergebnissen zu den verdächtigen WM-Vergaben längst hätte veröffentlicht werden müssen oder jetzt schnellstens veröffentlicht gehört, damit man sich selbst von außen eine Meinung bilden kann", sagte Pieth der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Freitagsausgabe).

Chefermittler Michael Garcia hatte am Donnerstag angekündigt, das milde Urteil seines rechtssprechenden Kollegen Hans-Joachim Eckert im FIFA-Ethikgremium vor dem Berufungskomitee anzufechten. Der deutsche Richter hatte die WM-Gastgeber Russland (2018) und Katar (2022) vom Vorwurf der Bestechung im Vergabe-Prozess freigesprochen und eine Neuvergabe der Turniere ausgeschlossen - trotz Unregelmäßigkeiten fast aller neun WM-Kandidaten vor der Vergabe im Dezember 2010.

Uneinig: FIFA-Chefermittler Michael Garcia (l.) und FIFA-Ethikrichter Hans-Joachim Eckert (r.)Bild: picture-alliance/epa/W. Bieri

Nach der internen Farce steht nun vor allem der Fußball-Weltverband am Pranger. "Es ist kein schönes Schauspiel, das die FIFA bietet. Sogar ein Kind würde verstehen, dass da etwas nicht stimmt", schrieb die "Gazzetta dello Sport" am Freitag. Für die französische Sportzeitung "L'Equipe" geht "der Basar" einfach weiter. "Le Figaro" analysierte treffend: "Dunkle Machenschaften à la FIFA. Die Auslegung des Untersuchungsberichts über die WM-Zuteilung an Russland und Katar spaltet den Verband. Und sie wirft ganz schön viele Fragen auf."

Enttäuschter Generalsekretär

FIFA-Generalsekretär Jerome Valcke zeigte sich enttäuscht über den Disput innerhalb der Ethikkommission. "Wir können einfach nur sagen, dass es traurig ist, dass die beiden Vorsitzenden unserer Ethikkommission unterschiedliche Meinungen haben, wenn wir über solch wichtige Dinge im Fußball reden", sagte Valcke. Zum Prozedere eines möglichen Berufungsverfahrens wollte sich die FIFA noch nicht äußern. "Bislang ist die FIFA nicht offiziell von dem Statement informiert worden und ist daher derzeit nicht in der Position, die Angelegenheit weiter zu kommentieren", hieß es auch am Freitag auf Anfrage der Nachrichtenagentur dpa vom Weltverband.

FIFA-Generalsekretär Jerome ValckeBild: picture-alliance/epa/A. Della Bella

Pieth verteidigte jedoch in der "Neuen Zürcher Zeitung" den deutschen Richter Eckert: "Man muss sehen, dass Eckert keine Zwangsmaßnahmen zur Verfügung hat. Er kann keine Leute in Untersuchungshaft nehmen oder Zeugen befragen." Die Öffentlichkeit erwarte von dem Münchner, dass er nicht nur juristisch, sondern auch politisch urteile. "Diese Erwartung erfüllt Eckert nicht. Er hat wie ein deutscher Strafrichter gearbeitet." Und so denke er auch. Für Pieth ist der Fall nicht abgeschlossen - auch wenn die FIFA das so sieht. "Das ist das Dümmste, was man im Moment sagen kann. Zu viele Fragen sind offen."

Rauball denkt an Lösung von FIFA

Ligapräsident Reinhard Rauball ist empörtBild: picture-alliance/dpa/F. Rumpenhorst

Auch Ligapräsident Reinhard Rauball kritisierte das Urteil der FIFA-Ethikkommission zu den WM-Vergaben scharf und brachte eine Lösung der UEFA vom Weltverband ins Spiel. Der Freispruch vom Korruptionsvorwurf für die WM-Gastgeber Russland und Katar sei "der kommunikative Super-GAU und erschüttert die Grundfesten der FIFA in einer Weise, wie ich es noch nicht erlebt habe", sagte der Präsident des Fußball-Bundesligisten Borussia Dortmund am Freitag dem "kicker".

Rauball forderte, neben dem Bericht der rechtssprechenden Ethikkammer unter dem Vorsitz des deutschen Juristen Hans-Joachim Eckert auch den kompletten Report von Sonderermittler Michael Garcia zu veröffentlichen. "Wenn das nicht passiert und diese Krise nicht glaubwürdig gelöst wird, muss man sich auch über die Frage unterhalten, ob man in der FIFA überhaupt noch gut aufgehoben ist", sagte der 67-Jährige. "Eine Option, über die ernsthaft nachgedacht werden müsste, ist sicherlich, dass die UEFA sich von der FIFA löst."

Australischer Verband protestiert

Unterdessen will Australiens Fußball-Verband FFA die Korruptionsvorwürfe gegen seine Bewerbung um die WM-Endrunde 2022 nicht auf sich sitzen lassen und attackiert den Weltverband FIFA. "Wir haben uns an die Regeln gehalten. Unsere Aktivitäten wurden ständig von der Bundesregierung und unabhängigen Prüfern kontrolliert. Zu den beanstandeten Zahlungen hatte uns die FIFA selbst geraten, damit unsere Verbundenheit mit dem Fußball deutlich werden würde", erklärte FFA-Chef Frank Lowy.

Australien war im Bericht der rechtsprechenden Kammer der FIFA-Ethikkommission zur Vergabe der WM-Endrunden 2018 an Russland und 2022 an Katar vor vier Jahren unangebrachter Zahlungen an Heimatverbände von Exekutivkomitee-Mitgliedern der FIFA beschuldigt worden. Kammer-Chef Eckert unterstellte dem australischen Bewerbungskomitee ausdrücklich Missbrauch von Steuergeldern. Während auch der damalige Kandidat England wegen Unregelmäßigkeiten gerügt wurde, sprach der mit Spannung erwartete Report die erfolgreichen Bewerber Russland und Katar vom weit verbreiteten Verdacht der Korruption frei.

asz/sn (dpa, sid)

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