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Weltweite Solidarität nach Terror in Belgien

23. März 2016

Der Schock in Brüssel sitzt tief. Nach den Attentaten auf den Flughafen und die Metro bekunden Menschen aus aller Welt ihr Mitgefühl. Die Behörden geben immer mehr Details über den mutmaßlichen Tathergang preis.

Trauer und Solidarität an einer improvisierten Gedenkstätte vor der Brüsseler Börse (Foto: Reuters)
"Ich bin Brüssel": Trauer und Solidarität an einer improvisierten Gedenkstätte vor der Brüsseler BörseBild: Reuters/C. Platiau

Eine Flagge der Terrormiliz "Islamischer Staat" (IS), ein Sprengsatz mit Nägeln und chemische Substanzen: Das waren die brisanten Funde, die Fahnder bei Hausdurchsuchungen in der Stadtgemeinde Schaerbeek nordöstlich von Brüssel machten. In den Stunden nach den verheerenden Anschlägen auf den Flughafen Zaventem - das internationale Drehkreuz der belgischen Hauptstadt - und auf die Metrostration Maelbeek mitten im EU-Viertel kamen immer mehr Einzelheiten über den möglichen Tathergang ans Licht.

Und auch die Opferzahl stieg an: Am Dienstagabend bestätigte ein Sicherheitsoffizier 34 Tote. Davon wurden laut Medienberichten 14 Menschen bei den zwei Explosionen getötet, die sich Dienstag früh gegen 8.00 Uhr in der Abflughalle des Airports ereignet hatten. 20 Menschen starben demnach, als in einer U-Bahn in Maelbeek ein Sprengsatz detonierte. An beiden Orten gab es insgesamt rund 230 Verletzte.

Höchste Alarmstufe: Sicherheitskräfte in der Brüsseler InnenstadtBild: picture-alliance/dpa/S. Muylaert

Nach ersten Erkenntnissen kamen die Attentäter, die den Flughafen angriffen, wie gewöhnliche Reisende dort an: mit dem Taxi. Und der Taxifahrer soll es auch gewesen sein, der die Sicherheitskräfte auf die Spur ihres Verstecks brachte - weil die Männer sich in einem Punkt doch anders verhielten als Passagiere, die möglichst bequem ihren Flieger erreichen möchten: Als der Chauffeur die Verdächtigen an einer Adresse in Schaerbeek abholte, wollte er ihnen höflich beim Einladen ihres Gepäcks helfen. Doch das hätten die drei strikt abgelehnt, was den Fahrer stutzig gemacht habe, berichtet der Sender VRT.

Wo ist der dritte Mann?

Der Bürgermeister der Gemeinde Zaventem, auf deren Territorium der Flughafen liegt, sagte der Nachrichtenagentur AFP, in den Koffern der Männer seien die Bomben versteckt gewesen. Die mutmaßlichen Täter hätten die Taschen dann auf Gepäckwagen gelegt und seien damit in die Abflughalle gegangen. "Die ersten beiden Bomben explodierten", so Bürgermeister Francis Vermeiren. Der Sprengsatz des dritten Mannes sei jedoch nicht detoniert. Diese Bombe wurde später von Experten kontrolliert gezündet. Während zwei Selbstmordattentäter nach dieser Darstellung am Tatort starben, wird nach dem dritten, überlebenden Verdächtigen gefahndet. Für den anderen Anschlagsort, die U-Bahn-Station Maelbeek, liegen noch keine ähnlich konkreten Vermutungen zum Tathergang vor.

Der dritte Verdächtige: Das Fahndungsfoto der Polizei stammt von einer Überwachungskamera des FlughafensBild: picture-alliance/dpa/Federal Police

Die IS-Terrormiliz hat im Internet die Verantwortung für beide Anschläge übernommen. Zwar offenbarten die Verfasser des Bekennerschreibens kein Täterwissen, Fachleute halten die Nachricht aber für echt. "Soldaten des Kalifats" hätten den "Kreuzfahrerstaat Belgien" mit Sprengstoffgürteln und anderen Sprengsätzen angegriffen, heißt es darin. Zugleich drohten die Dschihadisten: "Wir versprechen den Kreuzfahrerstaaten, die sich gegen den Islamischen Staat verbündet haben, schwarze Tage, als Antwort auf ihre Aggression.

"Wappnen uns gegen weitere Bluttaten"

Belgiens Premierminister Charles Michel sagte, die Sicherheitskräfte wappneten sich gegen weitere Bluttaten. In Brüssel gibt es eine große Islamistenszene, die Gemeinde Molenbeek gilt als ihre Hochburg. Erst am Freitag war dort der Hauptverdächtige der Pariser Anschläge vom November 2015, Salah Abdeslam, festgenommen worden. Die belgische Terrorwarnstufe wurde auf die höchste Kategorie gesetzt. Aber auch in vielen anderen europäischen Staaten wurden die Anti-Terror-Maßnahmen verschärft, so in Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Der Bahnverkehr nach Brüssel wurde zunächst bis Mittwoch gestoppt. Der Flughafen soll frühestens am Donnerstag wieder geöffnet werden. Mehrere Zehntausend Reisende waren betroffen.

Die Anschläge sendeten sogar Schockwellen über den Atlantik: New Yorks Polizei kündigte an, als "Vorsichtsmaßnahme" und zur "Beruhigung der Öffentlichkeit" die Sicherheitsvorkehrungen zu erhöhen. Washington verstärkte seine Beamtenpräsenz in der U-Bahn und auch Los Angeles verschärfte die Vorsichtsmaßnahmen in der Stadt. Das Außenministerium rief US-Bürger, die sich in Europa aufhalten, zu erhöhter Vorsicht auf. "Terroristische Gruppen planen weiterhin Anschläge in ganz Europa", heißt es in der Mitteilung. Unter den Verletzten von Brüssel sind auch mehrere Amerikaner.

In den sozialen Netzwerken bekundeten Menschen aus aller Welt ihr Mitgefühl mit den Opfern von Brüssel, mit deren Freunden und Familien. Bekannte Baudenkmäler in mehreren Metropolen leuchteten in den Farben der belgischen Flagge.

Politiker zahlreicher Länder verurteilten die Attentate. "Wir sind im Krieg", erklärte der französische Ministerpräsident Manuel Valls. US-Präsident Barack Obama rief dazu auf, im Kampf gegen "die Geißel des Terrorismus" zusammenzustehen. Bundeskanzlerin Angela Merkel sagte Belgien die volle Unterstützung bei der Suche nach den Tätern zu. "Das Entsetzen ist ebenso grenzenlos wie die Entschlossenheit, den Terrorismus zu besiegen." Den Bürgern in der Bundesrepublik versicherte Merkel: "Alle staatlichen Ebenen in Deutschland arbeiten mit ganzer Kraft dafür, dass trotz der nicht zu leugnenden Bedrohung das Menschenmögliche für die Sicherheit in unserem Land getan wird."

"Immer noch getrennte Datentöpfe"

Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) forderte erneut einen besseren Austausch sicherheitsrelevanter Daten in Europa. Es gebe immer noch "getrennte Datentöpfe der Ausländerbehörden, der Visa-Behörden, der Polizeibehörden, der Nachrichtendienste", sagte er im Zweiten Deutschen Fernsehen (ZDF). Nun müssten die Daten besser miteinander verknüpft werden. Ähnlich äußerte sich der SPD-Innenpolitiker Burkhard Lischka. Die derzeit größte offene Flanke bei der Terrorabwehr, die es schleunigst zu schließen gelte, sei die fehlende Vernetzung der Sicherheitsbehörden auf europäischer Ebene, sagte Lischka der "Mitteldeutschen Zeitung". Sein Fazit: "Wir brauchen einen besseren Datenaustausch untereinander und ein Europäisches Terrorismusabwehrzentrum."

jj/mak (dpa, afp, rtr)

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