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Weltweite Trauer nach dem Tod des Papstes

Martin Schrader3. April 2005

Über alle Grenzen des Glaubens und der Nationalitäten hinweg hat der Tod von Johannes Paul II. Trauer ausgelöst. Christen, Muslime, Juden würdigten den Papst als einen Vorkämpfer für Frieden und Freiheit.

Er war Kirchenoberhaupt für mehr als eine Milliarde KatholikenBild: dpa

Im Vatikan hat der lange Abschied von Papst Johannes Paul II. begonnen. Zum Auftakt der neuntägigen Trauerperiode verneigten sich am Sonntag Kirchenführer, Diplomaten und Politiker vor dem Leichnam des Papstes, der im Apostolischen Palast aufgebahrt wurde. Der Papst sei friedlich gestorben, sagte Kardinal Angelo Sodano vor mehr als hunderttausend Trauernden auf dem Petersplatz.

Politiker und Religionsvertreter aus aller Welt würdigten das über 26 Jahre währende Pontifikat von Johannes Paul II. "Er hat das friedliche Zusammenwachsen Europas während seines Pontifikats in vielfacher Weise beeinflusst", heißt es im Kondolenzschreiben von Bundeskanzler Gerhard Schröder an den Dekan des Kardinalkollegiums, Joseph Kardinal Ratzinger. "Immer wieder hat er sich dafür eingesetzt, Lösungen für die Probleme der Menschheit mit Weisheit und Respekt vor den Kulturen und Traditionen der Völker zu entwickeln."

Bundeskanzler Schröder beim Papst (18. Mai 1999)Bild: AP

UN-Generalsekretär Kofi Annan sagte, er erinnere sich sehr innig an seine Treffen mit dem Papst. "Er war sehr besorgt über die Welt, in der wir leben. Und er fühlte wie ich, dass in einem Krieg alle Verlierer sind."

USA, Polen

US-Präsident George W. Bush sagte, die katholische Kirche habe ihren Hirten und die Welt einen Verfechter der menschlichen Freiheit verloren. "Ein guter und gläubiger Diener Gottes wurde heimgerufen. Papst Johannes Paul II. selbst war eine Inspiration für Millionen Amerikaner und für viele mehr in der Welt."

Mit tiefer Trauer und Erschütterung haben die Polen auf die Nachricht vom Tod von Papst Johannes Paul II. reagiert. Mehr als 100.000 Gläubige nahmen im Zentrum von Warschau an einem Freiluftgottesdienst zum Gedenken an den verstorbenen Papst teil. Bis zur Beerdigung des polnischen Papstes herrscht Staatstrauer, die Flaggen vor öffentlichen Gebäuden werden eine Woche lang auf Halbmast gesetzt. Staatspräsident Aleksander Kwasniewski bezeichnete den Tod von Johannes Paul II. als unwiederbringlichen Verlust der "größten moralischen Autorität".

Trauer in Wadowice, dem Geburtsort des PapstesBild: AP

China, Südamerika

Der im indischen Exil lebende Dalai Lama hat dem verstorbenen Papst seine Bewunderung ausgedrückt. Dass geistliche Oberhaupt der Tibeter würdigte den Pontifex als einen praktischen und offenen Menschen mit einem
umfassenden Verständnis für die weltweiten Probleme.

Der Dalai Lama am 27. November 2003 bei einer Audienz im VatikanBild: AP

Die offizielle katholische Kirche Chinas, die den Papst nicht als Oberhaupt anerkennt, hat am Sonntag ihr "tiefes Beileid" zum Tod von Johannes Paul II. übermittelt. Die Bischofsversammlung schickte nach Angaben der amtlichen Nachrichtenagentur Xinhua ein Telegramm an den Vatikan. Darin war von einem "großen Verlust" für die Seelsorge und Glaubensarbeit der Kirche weltweit die Rede.

In Lateinamerika hat der Tod von Johannes Paul II. Bekundungen tiefer Dankbarkeit ausgelöst. Hunderttausende Gläubige versammelten sich zwischen Mexiko und Feuerland in Kathedralen und Kirchen und beteten für den Verstorbenen. Präsidenten, Kardinäle und Menschen auf der Straße zeigten sich erschüttert. Schätzungen zufolge weit mehr als 400 Millionen Bürger Lateinamerikas bekennen sich zur katholischen Kirche.

Nahost

Israels Außenminister Silwan Schalom sagte im israelischen Rundfunk, der Papst habe eine neue Ära der Versöhnung in den Beziehungen zwischen der katholischen Kirche und den Juden eingeläutet. Schalom sprach die Hoffnung aus, dass auch der nächste Papst die positiven Beziehungen zu Israel fortsetzen werde.

Der palästinensische Außenminister Nasser Al-Kidwa hat den gestorbenen Papst Johannes Paul II. für dessen Bemühungen um Frieden und Aussöhnung in der Welt gewürdigt. Johannes Paul II. habe "beigetragen, Brücken zwischen den Religionen und Zivilisationen zu bauen und die Wurzeln des Friedens und der Freundschaft zwischen den Völkern zu stärken", sagte Al-Kidwa in Paris.

Orthodoxe, Afrika

Das geistliche Oberhaupt der Orthodoxen Kirchen, Patriarch Bartholomaios I. von Konstantinopel (Istanbul), hat den Tod von Papst Johannes Paul II. als "Verlust für das Christentum und für die nach Frieden und Gerechtigkeit suchende Weltgemeinschaft" gewertet. Er habe "für die Wiederherstellung der Einigkeit aller Christen gearbeitet. Wir nehmen Teil an der Trauer von Millionen unserer römisch-katholischen Brüder in der ganzen Welt", heißt es in einer Erklärung des Patriarchats, die am Sonntagmorgen gleichzeitig in Istanbul und Athen veröffentlicht wurde.

Mögliche Papstnachfolger (in Uhrzeigersinn von oben links): Angelo Sodano, Joseph Ratzinger, Giovanni Battista Re, Alfonso Lopez Trujillo, Camillo Ruini, James StaffordBild: AP

Nigerias Präsident Olugesun Obasanjo hat den "Kreuzzug des Papstes für mehr Menschlichkeit" gewürdigt. Johannes Paul II. sei nicht nur das Oberhaupt der Katholiken gewesen, sondern habe die Liebe und den selbstlosen Dienst am nächsten verkörpert, sagte der Präsident des bevölkerungsreichsten Landes Afrikas, in dem etwa 40 Prozent Christen sind.

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Erste Nachfolger im Gespräch

In der Diskussion um die Nachfolge des gestorbenen Papstes Johannes Paul II. hat der Freiburger Erzbischof Robert Zollitsch den deutschen Kurienkardinal Joseph Ratzinger als möglichen Kandidaten genannt. Ratzinger gehöre mit Sicherheit zum Kreis der aussichtsreichen Kandidaten, sagte Zollitsch am Sonntag in Freiburg der Nachrichtenagentur dpa. "Und ich bin mir sicher, dass er ein guter Papst wäre", fügte er hinzu. Denkbar sei jedoch auch ein Papst aus Lateinamerika. "Ein Kandidat aus Lateinamerika würde der katholischen Kirche gut anstehen", sagte Zollitsch.

Patriarch Bartholomäus I., Oberhaupt der Griechisch-Orthodoxen KircheBild: AP

Der 77 Jahre alte Ratzinger gilt nach dem Tod von Papst Johannes Paul II. zur Stunde als einer der wichtigsten Männer in Rom. Der frühere Erzbischof von München und Freising ist Dekan des Kardinalkollegiums. Seit 1993 ist er Kardinalbischof und gehört damit der obersten der drei Kardinalsgruppen an.

Zur Wahl eines neuen Papstes hat Ratzinger bereits die 117 wahlberechtigten Kardinäle aus aller Welt nach Rom berufen. Sie beginnt 15 bis 20 Tage nach dem Tod des Papstes, der am Samstagabend eingetreten war.

Ab Montagnachmittag (4.4.) wird Papst Johannes Paul II. im Petersdom aufgebahrt. Dort haben die Gläubigen Gelegenheit, dem Kirchenoberhaupt die letzte Ehre zu erweisen. Ebenfalls am Montag kommen die Kardinäle im Vatikan zusammen, um über die Beisetzung von Johannes Paul II. zu beraten. Bislang gibt es weder einen Termin für die Trauerfeierlichkeit noch ist klar, wo der Papst beigesetzt werden soll. Laut der italienischen Nachrichtenagentur Ansa findet die Bestattung frühestens am Donnerstag statt. Zu den Trauerfeierlichkeiten werden mehr als zwei Millionen Gläubige in Rom erwartet.

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