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Gebietsstreitigkeiten

Ina Rottscheidt15. August 2007

Wenn Angela Merkel nach Grönland reist, sind dort nicht nur die Folgen des Klimawandels interessant. Neuerdings melden immer mehr Staaten Interesse an der Region an. Es geht um Bodenschätze, Verkehrswege und viel Geld.

Eisberg vor Ilulissat auf Grönland, Foto: dpa
Die Eisberge werden immer kleiner. Und was liegt unter ihnen?Bild: picture-alliance/ dpa

Zum Abschluss ihrer Sommerferien hängt Bundeskanzlerin Angela Merkel noch eine Stippvisite als Öko-Touristin dran: Ein zweitägiger Kurzbesuch in Grönland ab Donnerstag (16.8.07). Auf Einladung des dänischen Ministerpräsidenten Anders Fogh Rasmussen wird sie sich bei einer Bootsfahrt durch den Eisfjord von Ilulissat ein Bild von den Folgen der bedrohlichen Erderwärmung machen. 300 Kilometer nördlich des Polarkreises liegt dort einer der größten Gletscher der Welt, von dem ständig imposante Eisberge ins Wasser herunter brechen.

Schon 2040 könnte der Sommer in der Arktis eisfrei seinBild: picture-alliance/ dpa

Merkel ist nicht die erste Politikerin zu Besuch am Polarkreis: Italiens Ministerpräsident Romano Prodi war schon da, Nancy Pelosi, die Sprecherin des amerikanischen Repräsentantenhauses und Präsidentschaftskandidat John McCain - auch EU-Kommissionspräsident Barroso hat den Klimawandel besichtigt.

Internationales Gerangel

Die lange vernachlässigte Region rückt in das internationale Interesse, nicht nur, weil sich dort die Folgen des Klimawandels sehr deutlich zeigen. Es geht um Bodenschätze, und es geht um die Erderwärmung, die den Abbau erst ermöglicht. Berechnungen der Klimaforscher kommen zum Schluss, dass die Arktis bereits im Jahr 2040 im Sommer eisfrei sein könnte. Nicht nur die Schifffahrt würde dann einen Aufschwung erleben, auch ein Abbau der hier vermuteten Bodenschätze könnte mit vertretbarem Aufwand möglich sein.

Wem gehört die Arktis?Bild: CIA/public domain

Erst Anfang August hatten russische Forscher mit einer spektakulären Aktion in über 4000 Metern Tiefe unter dem Nordpol eine russische Flagge aus rostfreiem Titan aufgestellt, um die Gebietsansprüche symbolisch zu untermauern. Auch Dänemark hat nun eine Arktis-Mission entsandt, um aufgrund unterseeischer Gebirgsketten eigene Ansprüche nachzuweisen und erst in der vergangenen Woche hatte Kanadas Premierminister Stephen Harper angekündigt, den ersten Tiefwasserhafen und eine neue Militärbasis in der Arktis errichten zu wollen.

Enorme Rohstoffvorkommen?

Einer US-Studie zufolge befindet sich in der Region ein Viertel der weltweit vermuteten Vorkommen an Erdöl und Erdgas. Seit die Eiskappe des Nordpols schmilzt, wächst das internationale Interesse an der Arktis und die Hoffnung, diese Rohstoffvorkommen künftig leichter erschließen zu können. Im Bereich der Hocharktis, die bei etwa eben 80 Grad nördlicher Breite anfängt und wo sich derzeit die Anrainerstaaten um Territorialansprüche rangeln, hält Wilfried Jodak, Geophysiker am Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung diese Rohstoffvorkommen jedoch für Spekulation.

Das Arktiseis schmilzt im RekordtempoBild: AP

Geowissenschaftliche Daten aus dieser Region seien derzeit noch zu dünn, um Lagerstätten zu entdecken, erklärt er: "Arktisforschung ist teuer und war bis vor wenigen Jahren noch so unattraktiv, dass kaum öffentlichen Mittel für die Forschung bereit gestellt wurden." Erst im Zuge des Klimawandels und der Schmelze der Polarkappen beobachtet er ein zunehmendes Interesse an der Region. Auch die Erweiterung dortigen Hoheitszone habe bislang keine Rolle gespielt, sagt er: "Das haben die Russen ins Rollen gebracht."

Ungeklärte Rechtsfrage

Die Russen haben es derzeit besonders eilig, zu belegen, dass das so genannte Lomonossow-Massiv im Nordpolarmeer eine Fortsetzung des russischen Festlands ist. Nach der UN-Seerechtskonvention von 1982 dürfen Staaten von ihrem Festland aus 200 Seemeilen - etwa 370 Kilometer - als Wirtschaftszone nutzen. Für zusätzliche Ansprüche müssen Regierungen einen Erweiterungsantrag bei den Vereinten Nationen stellen. Dafür haben sie aber nur zehn Jahre Zeit: Bis 2009 müssen die Russen ihren Anspruch auf die erweiterte Kontinentalplatte samt Rechten auf die wirtschaftliche Nutzung anerkennen lassen.

Das hat nach Ansicht von Wilfried Jodak einen Dominoeffekt ausgelöst: Alle Anrainer erheben nun verstärkt Daten, die die UN für eine Anerkennung einer erweiterten Wirtschaftszone verlangt. "Damit die Ansprüche geklärt sind, wenn sich irgendwann herausstellen sollte, dass es in der Hocharktis tatsächlich reiche Rohstoffvorkommen geben sollte."

Die Russen haben ihre Ansprüche schon mal klar gestellt - bei der UN wird das nicht reichenBild: picture-alliance/ dpa

Kanada, Grönland und Russland sehen sich alle drei als die Nation, zu deren Hoheitsbereich das arktische Meer gehört. "Die Arktis gehört keinem Staat allein", sagt der Moskauer Seerechtsexperte Anatoli Kolodkin, der im UN-Tribunal für Seerechtsfragen mitarbeitet. Das Eismeer sei ein "besonderes Gebiet" und ein "gemeinsames Erbe der Menschheit". Trotzdem gehe es natürlich maßgeblich um das Recht darauf, die dort vermuteten Rohstoffe wie Öl und Gas zu erkunden und zu fördern.

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