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Politik

Wenig Begeisterung für den "Superstaat"

Leonie von Hammerstein
8. Dezember 2017

Seine Partei konnte Schulz zwar von der Idee überzeugen. Links und rechts der SPD erwärmt sich aber kaum jemand für die "Vereinigten Staaten von Europa".

SPD-Parteitag in Berlin | Martin Schulz, Vorsitzender
Bild: Reuters/F. Bensch

Am Tag nach seiner Grundsatzrede griff der SPD-Vorsitzende seine kühne Idee noch einmal auf. Bis 2025 will er die Europäische Union mit einem gemeinsamen Verfassungsvertrag in Vereinigte Staaten von Europa umwandeln. "Wir müssen wieder Leidenschaft für Europa entfachen", forderte Schulz, und brachte die Parteitagsdelegierten damit hinter sich. 

Der Vorschlag sei 1925 nach der Katastrophe des Ersten Weltkrieges in das Heidelberger Programm der SPD gekommen. Wenn die Verfasser damals davon geträumt hätten, dass ein freiheitliches, demokratisches Russland auch zu Europa gehöre, "dann war das ein kluger Traum dieser Leute, das brauchen wir auch heute noch", sagte der frühere Präsident des Europaparlaments. Europa müsse seine Rechte verteidigen. "Aber das kann Europa nur, wenn es sich zusammenschließt als eine Gemeinschaft von Demokratien."

Schulz will mit der Reform der EU den Vormarsch der Nationalisten in Europa stoppen. Er verwies auf die Wahlerfolge rechtspopulistischer Parteien in Frankreich, in den Niederlanden, in Finnland, in Dänemark, in Österreich und auch in Deutschland. "Wenn wir nicht umsteuern, wenn wir Europa nicht ganz praktisch und ganz konkret stärken, dann werden diese Kräfte gewinnen." 

Von links bis rechts: Ratlosigkeit und Ablehnung

Bei anderen Bundestagsparteien trifft er mit seinem Vorstoß zumindest auf Ratlosigkeit, viel öfter jedoch auf strikte Ablehnung. Die Grünen etwa zeigen sich verwundert: "Auch wenn wir eine Vertiefung der EU ebenfalls befürworten, ist doch das Datum 2025 etwas willkürlich", sagte die Grünen-Außenpolitikerin Franziska Brantner der Zeitung "Die Welt". Und: "Es wäre schon gut, wenn Martin Schulz in einer nächsten großen Koalition erreichen könnte, dass etwas nähere und dringend notwendige Schritte wie die Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion gelingen könnten".

Die Linke bezeichnet Schulz als "weltfremd". Fraktionschefin Sahra Wagenknecht setzt in einem Tweet deutlich andere Schwerpunkte in der Europapolitik.

AfD-Parteichef Jörg Meuthen wertet die Europastrategie des SPD-Chefs als Versuch, "Deutschland abzuschaffen". AfD-Chefin Alice Weidel twittert: "Schulz legt die Axt an unsere Demokratie".

GroKo-Partner klar auf Distanz

Bei den möglichen GroKo-Partnern in der CDU/CSU herrscht Kopfschütteln vor. Zwar vermeidet Bundeskanzlerin Angela Merkel eine klare Absage, Zustimmung findet Schulz aber auch bei ihr nicht. Der CDU-Vorsitzenden geht es bis 2025 vor allem um eine größere "Handlungsfähigkeit" der EU, und nicht um eine "Zieldefinition".

Aus ihrer Partei kommt allerdings deutlicher Widerspruch: "Das ist angesichts der Globalisierung genau das Gegenteil von dem, was sich die Menschen wünschen", sagt Sachsens scheidender Ministerpräsident Stanislaw Tillich der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Die Bürger wollten starke Regionen in einem gemeinsamen Europa und einen "heimatlichen Anker".

Von einer "Utopie" des SPD-Vorsitzenden spricht der bayerische Ministerpräsident und CSU-Chef Horst Seehofer. CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt bezeichnete Martin Schulz sogar als "Europaradikalen". Europa funktioniere "nur als Teamprojekt und nicht als Feldzug gegen Andersdenkende". 

Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron Bild: Reuters/P. Wojazer

Vorbild Macron?

Viel Ablehnung für Martin Schulz also von vielen Seiten, doch der frühere Präsident des EU-Parlaments dürfte zumindest mit seinem Reformeifer auf einen Verbündeten jenseits des Rheins treffen. Schließlich war Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron mit seiner Bewegung "En Marche" und einem starken Europa-Bekenntnis gewählt worden. Seitdem kämpft er darum, die EU radikal zu reformieren. Für seine "Vision von einem neuen Europa und der Neugründung des europäischen Projekts" wird Macron mit dem Aachener Karlspreis ausgezeichnet, der wichtigsten Auszeichnung für Verdienste um die europäische Einigung.

lh/rb (mit afp, dpa)

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