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Wenig Sicherheit in afghanischen Provinzen

Masood Saifullah20. September 2016

Die Stärke der Taliban und anderer militanter Regierungsgegner zeigt sich vor allem in den ländlichen Gebieten Afghanistans. Dort können sich die Extremisten immer wieder festsetzen.

Polizei kontrolliert Auto in Kundus (Foto: picture-alliance/ZUMA Press/A.Kakar)
Bild: picture-alliance/ZUMA Press/A.Kakar

Auch ein Jahr, nachdem Regierungstruppen wieder die Kontrolle über die kurzzeitig von den Taliban eingenommene Provinzhauptstadt Kundus übernommen haben, ist die Lage in der Region instabil. Immer wieder kommt es zu Kampfhandlungen zwischen Aufständischen und Regierungstruppen, keiner Seite gelingt es, dauerhafte Kontrolle über die umkämpften Distrikte und Dörfer zu erlangen. Einer dieser Distrikte ist Chahar Dara. Ein Einwohner erklärte gegenüber der DW: "Die Kinder können nicht zur Schule gehen. Vor ein paar Tagen griffen Regierungstruppen eine Schule an, weil sie dort einen Unterschlupf für Aufständische vermuteten."

Der Mann möchte ungenannt bleiben, weil er Repressionen von beiden Seiten befürchtet. Denn die Einwohner werden sowohl von Regierungsseite wie auch von den Extremisten immer wieder bedroht und beschuldigt, die jeweils andere Seite zu unterstützen. Hinzu kommen die zivilen Todesopfer und Verletzten durch den hin und her wogenden Kampf um die militärische Kontrolle der betroffenen Distrikte. "Niemand ist mehr sicher. Fast jeder, der es sich leisten konnte, ist aus der Gegend geflohen", fügt der Bewohner hinzu.

Afghanische Spezialkräfte konnten Kundus im vergangenen Herbst zurückerobern. Aber die Nachbardistrikte bleiben umkämpftBild: Reuters

Dringlicher Wunsch nach Sicherheit

Abgesandte der Sicherheitskräfte und der Regierung in Kabul, darunter Präsident Ashraf Ghani persönlich, haben nach der Schlacht um Kundus vergangenen Herbst die Stadt besucht und versprochen, die Extremisten endgültig aus der Provinz zu vertreiben. Die Realität sieht allerdings anders aus, mit einer Einschränkung: "Es ist derzeit nicht wahrscheinlich, dass die Stadt Kundus erneut von den Taliban eingenommen wird", sagt die Abgeordnete im Kabuler Parlament Fatima Aziz der DW. Das sei aber nur ein schwacher Trost, die Bevölkerung der Provinz habe nur einen inständigen Wunsch an die Zentralregierung, nämlich für Sicherheit zu sorgen. Die Regierung der Nationalen Einheit müsse dringend eine langfristige Lösung finden, andernfalls würde die Bevölkerung der Provinz der Zentralregierung die Gefolgschaft aufkündigen, sagte die Abgeordnete gegenüber der DW.

Taliban-Operationen in den Provinzen Kundus und UrusganBild: DW

Ein weiterer aktueller Brennpunkt des unentschiedenen Kampfes zwischen Regierungstruppen und Taliban-Kämpfern ist die Hauptstadt der Provinz Urusgan, Trin Kot. Sie wurde in diesem Monat für mehrere Tage von den Aufständischen belagert, letztere konnten nur mit Unterstützung von NATO-Kräften zurückgedrängt werden. Allerdings seien die Kampfhandlungen um die Provinzhauptstadt noch im Gange, wie die DW von Haji Mohammmad Naim, Parlamentsmitglied der Provinz Urusgan, erfuhr. Laut Naim gibt es nur in der Provinzhauptstadt und den Hauptstädten der Distrikte eine Präsenz der Regierungstruppen, das restliche Gebiet werde von den Taliban kontrolliert. Auch dort seien Schulen geschlossen, außerdem hätten die Taliban die Ausfallstraßen von Trin Kot in andere Landesteile blockiert.

Die Taliban und andere extremistische Gruppen sollen Experten zufolge nach dem offiziellen Ende der Nato-Mission in Afghanistan 2014 mehr Gebiete unter ihre Kontrolle gebracht haben als zu irgendeinem anderen Zeitpunkt nach dem Sturz ihres Regimes 2001.

Die Regierungsspitzen Ghani und Abdullah versprechen Sicherheit, aber die Menschen glauben nicht daranBild: Reuters/K. Pempel

Regierung in Kabul gelähmt

Während die extremistischen Feinde der Regierung in Kabul stärker werden, ist letztere durch interne Machtkämpfe gelähmt. Zwar beteuern die beiden Protagonisten der nationalen Einheitsregierung, Präsident Ghani und "Regierungsgeschäftsführer" Abdullah, dass für sie die Lage der inneren Sicherheit oberste Priorität habe. Allerdings sind sie de facto vor allem mit ihrer politischen Rivalität beschäftigt und schieben sich gegenseitig die Schuld für Defizite und Probleme zu. Die Einheitsregierung war das Ergebnis eines von den USA im Jahr 2014 vermittelten Abkommens zwischen den beiden Spitzenkandidaten bei den Präsidentschaftswahlen, Ghani und Abdullah.

Eine eigentlich für Oktober 2016 geplante Loja Dschirga (große Versammlung), die über die Zukunft der jetzigen Regierung mit ihrer Doppelspitze entscheiden sollte, wird wohl kaum stattfinden, da über die Auswahl ihrer Mitglieder keine Einigkeit besteht. Grund für politischen Gegner der jetzigen Regierung, darunter Anhänger des früheren Präsidenten Karsai, ihr die Legitimität abzusprechen.

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