Die angeschlagene Kraftwerks-Sparte hat dem Industriekonzern Siemens einen operativen Gewinnrückgang eingebrockt. Siemens-Chef Kaeser hofft nun auf einen Großauftrag im Irak.
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In einem Interview mit der DW sagte der Vorstandsvorsitzende von Siemens, Joe Kaeser, am Donnerstag, dass sein Unternehmen ein "sehr umfassendes und überzeugendes Konzept" für den Wiederaufbau des Irak habe. Er verwies auf die kürzlich erfolgte Unterzeichnung eines sogenannten "Memorandum of Understanding" des Industriekonzerns zur Stromversorgung des Landes im Irak. "Tatsache ist," so der Siemens-Chef, "dass wir ein sehr umfassendes, überzeugendes Konzept haben, den Irak nicht nur im Hinblick auf die Elektrifizierung wieder aufzubauen, sondern dem Land auch bei der Ausbildung junger Menschen zu helfen, mit einem speziellen Ausbildungsprogramm der deutschen Industrie."
US-Präsident Donald Trump hatte zuvor Druck auf die Iraker ausgeübt, um den Deal mit General Electric zu machen.
"Offensichtlich gab es einige ungewöhnliche Spezialeinheiten, die eingegriffen haben", sagte Kaeser. "Siemens ist auch in den USA eine gewaltige Truppe, die 60.000 Mitarbeiter beschäftigt und indirekt weitere 150.000 Arbeitsplätze schafft. Wir sind also auch ein amerikanisches Unternehmen, das meiner Meinung nach Respekt und gleiche Wettbewerbsbedingungen verdient."
Konzern verdient weniger - Ausblick verhalten
Für das Ende September abgelaufene Geschäftsjahr meldet das Unternehmen einen Rückgang des Ergebnisses aus dem industriellen Geschäft um sechs Prozent auf 8,8 Milliarden Euro zurück. Das teilte Siemens am Donnerstag in München mit. Der Gewinn in der vor dem Abbau von 6000 Stellen stehenden Sparte Power & Gas brach um drei Viertel ein. Der Stellenabbau kostete im vierten Quartal allein 386 Millionen Euro. In sechs der acht Sparten laufe es aber gut. Der Umsatz stieg währungsbereinigt um zwei Prozent auf 83,0 Milliarden Euro, der Auftragseingang um acht Prozent auf 91,3 Milliarden.
Der Nettogewinn von Siemens stagnierte bei 6,12 Milliarden Euro, unter anderem, weil die Ausgliederung der Zug-Sparte zu höheren Steuerbelastungen führte. Siemens Mobility soll 2019 mit dem französischen Rivalen Alstom fusionieren, stößt dabei aber auf Widerstand der EU-Kommission. Deren Einwände gegen eine Fusion von Siemens Mobility und Alstom sind zum Teil gravierend. Das Projekt droht nun zu scheitern.
Für das neue Geschäftsjahr 2018/19 ist Siemens dennoch verhalten optimistisch. "Wir erwarten ein weiterhin günstiges Marktumfeld mit begrenzten Risiken aus geopolitischen Unsicherheiten, insbesondere für unsere kurzzyklischen Geschäfte", erklärte das Unternehmen. Der Umsatz soll - Wechselkurseffekte ausgenommen - moderat zulegen, die Rendite aus dem Industriegeschäft soll wie im Vorjahr bei elf bis zwölf Prozent liegen. Ohne die Kosten des Personalabbaus erreichte sie 2017/18 11,3 Prozent, unter dem Strich lag sie bei 10,4 Prozent. "Wir haben wieder geliefert, was wir versprochen haben, und unsere zum Halbjahr angehobene Jahresprognose voll erreicht", sagte Vorstandschef Joe Kaeser vor der Bilanzpressekonferenz.
Siemens: Vom Zeigertelegrafen zum Internet der Dinge
Vor 200 Jahren wurde der Siemens-Gründer Werner von Siemens geboren. Von Industrierobotern und vernetzten Autos hat der Erfinder damals wohl kaum geträumt. Eine Zeitreise durch die Unternehmensgeschichte in Bildern.
Bild: picture-alliance/dpa/J. Stratenschulte
Alles begann mit dem Zeigertelegrafen
Hiermit fing alles an: 1846 und 1847 baut Werner Siemens seinen ersten Zeigertelegrafen, gewissermaßen der Vorläufer des Faxgeräts. Um ihn in Serie herstellen zu können, gründet der Erfinder zusammen mit dem Feinmechaniker Johann Georg Halske die "Telegraphen-Bauanstalt von Siemens & Halske". In einer Berliner Hinterhauswerkstatt fertigen zehn Handwerker die ersten Zeigertelegrafen.
Bild: Siemens AG
Aus der Werkstatt in die Fabrik
In den folgenden Jahrzehnten wird aus dem Handwerksbetrieb eine Fabrik mit normierter Serienfertigung. Siemens & Halske baut Dampfmaschinen und entwickelt den ersten Generator. Die Entdeckung des elektrodynamischen Prinzips gilt als eine der wichtigsten Leistungen Siemens: Er schuf damit die Voraussetzung, Strom in größerem Umfang zu erzeugen.
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Ferngespräche in die USA
1864 scheitert die Verlegung eines Seekabels durch das Mittelmeer, was dem Unternehmen empfindliche Verluste beschert. 1874/75 verlegen die Siemens-Brüder Werner, William und Carl mit Hilfe des eigens gebauten Kabeldampfers Faraday dann aber erfolgreich ein Telegrafenkabel zwischen Europa und den USA - weitere Transatlantik-Kabel folgen.
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Vorreiter bei der E-Mobilität
Auf der Berliner Gewerbeausstellung 1879 präsentiert Siemens & Halske die erste elektrische Eisenbahn der Welt mit Fremdstromversorgung. Es folgt die erste elektrische Straßenbahn (Bild), die im Jahr 1881 in Lichterfelde bei Berlin den Betrieb aufnimmt. Auch der erste Vorläufer des modernen Oberleitungsbusses stammt von Siemens.
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Unternehmer mit sozialer Agenda
Neben seinen technischen Innovationen und seinem Unternehmergeist macht sich Werner Siemens (seit 1888 "von Siemens") auch mit sozialpolitischen Initiativen einen Namen. 1872 etabliert er eine Pension-, Witwen- und Waisenkasse als betriebliche Altersversorgung. 1890 scheidet er offiziell aus dem Geschäft aus. Zwei Jahre später erliegt von Siemens im Alter von 75 Jahren einer Lungenentzündung.
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Ein neuer Stadtteil entsteht
Die Firma wird derweil größer und größer: Mit dem Ziel, die Expansion am Traditionsstandort abzusichern, erwirbt Siemens & Halske 1897 ein nahezu unbesiedeltes Gelände nordwestlich von Berlin. Nach und nach werden hier alle betrieblichen Aktivitäten räumlich konzentriert und Werkswohnungen gebaut. Bis 1914 entsteht ein völlig neuer Stadtteil - die "Siemenssstadt".
Bild: Siemens AG
Zwangsarbeit im Siemenswerk
Während des Zweiten Weltkriegs beschäftigt Siemens auch Zwangsarbeiter und KZ-Häftlinge in seinen Werken. Im Siemenslager Ravensbrück setzt das Unternehmen tausende weibliche Häftlinge zum Wickeln von Spulen und zum Bau von Telefonen ein. Nach dem Krieg sind die meisten Gebäude und Werksanlagen zerstört, das Firmen-Vermögen wird konfisziert.
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Umzug nach München
Teile der Unternehmensführung werden noch im Februar 1945 nach München, Mülheim a.d. Ruhr und Hof verlagert. Siemens & Halske bekommt den Hauptsitz in München, Berlin bleibt zweiter Firmensitz. Zum ersten Oktober 1966 wird die Siemens Aktiengesellschaft gegründet.
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Mehr Produkte, mehr Fabriken, mehr Länder
Turbinen, Automatisierungstechnik, Eisenbahnen, Kraftwerke, private Kommunikationssysteme, Medizintechnik, Waschmaschinen - es gibt kaum etwas, das Siemens nicht baut. Anfang der 1980er produziert das Unternehmen bereits in 37 Ländern. In den 1990er-Jahren lag der Anteil der nicht-deutschen Konzernumsätze bei zwei Drittel.
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Untreue, Bestechung, schwarzer Kassen
2006 fliegt ein schwerwiegender Korruptionsskandal bei Siemens auf: Über Jahre sollen rund 1,3 Milliarden Euro in dunkle Kanäle geschleust worden sein, um lukrative Auslandsaufträge zu ergattern. Den Elektrokonzern kostet die Aufarbeitung 2,5 Milliarden Euro. Etliche Beteiligte verlieren ihren Job; auch die Führungsspitze wird ausgetauscht.
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Radikaler Umbau
Im Mai 2014 stellt der neue Konzernchef Joe Kaeser seine Pläne für einen radikalen Konzernumbau vor. Die Aufteilung des Geschäfts in Sektoren wird aufgehoben, um den Konzern schlanker und wettbewerbsfähiger zu machen. Siemens soll auf Elektrifizierung, Automatisierung und Digitalisierung ausgerichtet werden. Durch den Umbau verlieren Tausende ihren Arbeitsplatz.
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Milliardenaufträge und Übernahme-Poker
Mehr als sechs Milliarden Euro zahlt die Deutsche Bahn Siemens für den Bau der neuen ICE-Flotte - der bis dahin größte Auftrag in der Konzerngeschichte. Ähnlich viel Geld gibt es nur von Ägypten, für das Siemens momentan das größte Gaskraftwerk der Welt baut. 2014 will Siemens den französischen Konkurrenten Alstom übernehmen, doch der entscheidet sich für das Angebot von General Electric.
Bild: picture-alliance/dpa
Vernetzt in die Zukunft
Industrie 4.0 und das "Internet der Dinge" versprechen eine intelligentere und weltweite Vernetzung von Maschinen, Lagersystemen und Betriebsmitteln. Die zunehmende Digitalisierung und Vernetzung verändert die komplette industrielle Produktionskette - eine neue Herausforderung für den Siemens-Konzern.