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Schicksale im Taxi

Silke Wünsch6. August 2014

Wer viel Taxi fährt, kann skurrile Begegnungen haben: auf der kurzen Fahrt von der Kneipe nach Hause oder auf einer unbeabsichtigten Rundfahrt in einer fremden Großstadt. Solche Geschichten gibt es auch im Kino.

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Bild: picture-alliance/Mary Evans Picture Library

Wer ein Taxi besteigt, begibt sich immer ein Stück weit auf unbekanntes Terrain. Der Fahrer ist ein anonymer Mensch. Wer weiß, was er an diesem Tag schon erlebt hat, ob er gesund ist, ob er überhaupt die gleiche Sprache spricht. Ebenso ist es umgekehrt. Taxifahrer wissen nicht, wer als nächstes zusteigt, wie der Fahrgast gelaunt ist, ob ihm schlecht ist, was er vorhat, wie lange die Fahrt dauern wird. Der Innenraum eines Taxis ist ein kleines Paralleluniversum, in dem einer dem anderen für die nächsten Minuten ganz und gar ausgeliefert ist, eng und intim. Alles, was passiert, ist unvorhersehbar, basiert auf Zufällen. Das ist natürlich Stoff für Erzählungen. Und dieses Stoffes haben sich eine Menge Filmemacher angenommen.

Das Taxi als schicksalhafter Ort

Im Science-Fiction-Thriller "Das fünfte Element" (1997) beginnt die Story, als der rothaarige und unglaublich schöne Alienklon Leeloo (Milla Jovovich) in das fliegende Taxi des frustrierten Haudegens Korben Dallas (Bruce Willis) plumpst. Diese zufällige Begegnung zwischen den beiden führt schließlich dazu, dass sie zusammen die Welt vor einer sehr bösen Alienmacht retten.

Hinten rechts kommt er angerauscht: Korben Dallas liefert sich mit der Polizei ein "fliegendes" RennenBild: picture-alliance/dpa

Auch der US-Thriller "Collateral" (2004) zeigt, wie ein zufälliges Zusammentreffen Schicksal spielen kann: Für den Taxifahrer Max (Jamie Foxx) ist es ein ganz normaler Tag gewesen, bis der Auftragskiller Vincent (Tom Cruise) in seinen Wagen steigt und für 600 Dollar von ihm verlangt, dass er ihn die ganze Nacht durch Los Angeles fährt. Max lässt sich mit gemischten Gefühlen auf den Deal ein, ahnt aber noch nicht, dass Vincent vorhat, in dieser Nacht fünf Kronzeugen in einem Drogenprozess zu beseitigen. So muss Max mit ansehen, wie Vincent reihenweise Leute umbringt und versucht verzweifelt aus der Sache herauszukommen. Außerhalb des Taxis ist Action, doch während den Fahrten kommt es zu sehr persönlichen Gesprächen über Moral, Träume und den Sinn des Lebens.

Das Taxi als Gefährte

In "Taxi Driver" (1976) ist der Urvater aller Yellow Cabs, der bullige 1974er Checker Taxicab A11, der beste und verlässlichste Freund seines Fahrers Travis, gespielt von Robert deNiro. Travis ist Vietnam-Veteran, vereinsamt und unglücklich. Er hat den fast krankhaften Willen, New York von "Dreck und Abschaum" zu befreien. Als er mit seinem Taxi durch das nächtliche New York fährt, begegnen ihm die Menschen, die für ihn die Bausteine des Großstadtlebens darstellen: Politiker, Zuhälter, Prostituierte. Er selbst ist der Außenseiter, dem das Auto wie ein treues Pferd im Western zur Seite steht. Travis ist der einsame Rächer, der am Schluss zum Held wird und mit seinem Taxi allein in der Dunkelheit verschwindet. Wie der Desperado, der am Ende des Films in den Sonnenuntergang reitet.

Travis probt in "Taxi Driver" den großen RacheaktBild: picture-alliance/akg-images

Ähnlich treu ist seinem Fahrer Daniel (Samy Naceri) der hoch getunte Peugeot 406 in der französischen Filmreihe "Taxi" (1998). Daniel, der lieber Rennfahrer wäre, kutschiert seine Fahrgäste in rasantem Tempo durch Marseille. Bis sich einer seiner Kunden als Gendarm entpuppt. Der stellt Daniel vor die Wahl: Führerschein weg oder einen Monat lang den Chauffeur für den Polizisten geben. Natürlich entscheidet sich Daniel für die zweite Option. Die beiden legen schließlich einer Bande von Bankräubern das Handwerk. Hier ist das Auto kein Schutzraum. Das schnelle Taxi ist eher der Dritte im Bunde, ohne den die Gangsterjagd nicht möglich gewesen wäre.

Das Taxi als Transporter

Die Protagonistinnen der erfolgreichen Fernseh-Serie "Sex and the City" (1998 – 2004) wären ohne die New Yorker Taxi-Flotte hilflos. Keine der vier Damen scheint einen Führerschein zu haben. In jeder Folge sieht man sie nach Taxis winken, allen voran die Hauptfigur Carrie Bradshaw (Sarah Jessica Parker), die auf ihren absurd hohen Highheels kaum einen Schritt vor den anderen setzen kann. Ohne Taxis keine Dates. Hier spielt das Auto zwar keine Hauptrolle, ist aber unverzichtbar für die Geschichten.

Außer in Taxis steigt Carrie Bradshaw nur in den Roadster ihres Traummannes Mr. BigBild: PRNewsFoto/Mercedes-Benz USA, Craig Blankenhorn

Fünf Städte, fünf Taxis, fünf Geschichten

1991 drehte Jim Jarmusch den Episodenfilm "Night on Earth". Fünf Städte, fünf Taxis, fünf Begegnungen, fünf Geschichten. Obwohl es völlig verschiedene Stories und Menschen sind, zieht sich ein roter Faden durch die Episoden: In jedem Taxi spiegelt sich die Stimmung der jeweiligen Stadt, alle Protagonisten scheinen zunächst nicht die gleiche Sprache zu sprechen. Erst am Ende der Fahrt haben sie etwas gelernt - und werden damit allein gelassen. Nach jeder der fünf Fahrten ist für die Beteiligten nichts mehr so wie vorher.

Das Bild des kleinen Paralleluniversums, das Menschen zufällig zusammenführt und in wenigen Minuten ihr Leben verändert, wird in "Night on Earth" geradezu gefeiert. Wie es mit den Protagonisten nach der Fahrt weiter geht, muss sich der Zuschauer selbst zurechtlegen. Wie im wirklichen Leben verabschieden sich Fahrer und Fahrgast und leben, ohne je wieder voneinander zu hören, ihr Leben weiter, das sich ganz kurz im Taxi gekreuzt hat.

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