Der Apfel wird zum Zankapfel
4. November 2011Christin Römer ist im Stress. Pausenlos klingelt ihr Telefon. Ein iPhone, natürlich. "Ich liebe einfach Apple-Produkte", sagt die quirlige Besitzerin des Bonner Cafés "Apfelkind". Fragt sich nur, ob diese Liebe noch lange währen wird. Denn entweder ist Römers Anwalt am Smartphone mit dem Apfellogo, oder ein Journalist will schon wieder etwas wissen.
"Das Medieninteresse ist enorm. Es hat mich einfach überrannt. Demnächst kommt gar ein Fernsehteam aus Japan." Grund für all den Trubel ist das Logo des Cafés "Apfelkind": Ein roter Apfel auf weißem Grund. Mittendrin im Apfel prangt ein Kindergesicht. Unter der Frucht steht dann der Name Apfelkind.
Im April 2011 hatte die 33-Jährige, die eine kleine Tochter hat, das Café in der Bonner Südstadt eröffnet. "Ein kinderfreundliches Café", erklärt die Bonnerin. "Weil - in Bonn gibt es leider nicht so viele schöne Cafés." In dem Altbau mit den weißen Wänden und den hohen Decken hat sie extra ein Spielzimmer für die Kinder eingerichtet. Familien sollen sich hier wohlfühlen. Draußen im Kies vor dem Eingang stehen auch gleich zwei Kinderwagen.
Römer hatte sich ihr Apfelkind-Logo samt Namen beim Münchener Patent- und Markenamt schützen lassen. Darunter hatte sie auch einige Kategorien für Spielsachen, Taschen oder Franchise-Produkte angemeldet.
Apple fürchtet "Verwechslungsgefahr"
Allerdings ist das Apfelkind-Logo dem weltweit operierenden US-Elektronik-Konzern Apple Inc. ein Dorn im Auge. Denn der Konzern mit Sitz im kalifornischen Silicon Valley, der einen der teuersten Markennamen der Welt besitzt, sieht sich gefährdet. Und so flatterte Anfang September ein Schreiben der Apple-Anwälte an Christin Römer ins Haus. Es bestehe "Verwechslungsgefahr" zwischen dem Logo von Apple und dem von Apfelkind, hieß es in dem Schreiben. Daher möge Frau Römer doch bitte auf die Nutzung des Logos und der Kategorien verzichten - und zwar mit Frist bis Ende September. Diese Frist ließ die 33-Jährige allerdings verstreichen und legte stattdessen ihrerseits Widerspruch ein.
"Ich bin niemand, der schnell kleinbei gibt," sagt die engagierte Bonner Café-Besitzerin. "Ich sehe ein, dass Apple seine Marke schützen möchte, aber sie sollen doch bitte hinschauen, wo sie es tun."
Und für Römers Anwältin Lydia Tilch sind die beiden Marken zudem "doch sehr unterschiedlich und aus meiner Sicht gut zu unterscheiden". Auch andere Anwälte finden den Logo-Streit übertrieben. Apple habe doch wohl keinen generellen Exklusiv-Anspruch auf alle Bilder, die in irgendeiner Form einen Apfel zeigen.
Hinzu kommt, dass der kalifornische Elektronik-Riese auch schon selbst Probleme mit dem Markenzeichen und dem Namen hatte.
Apple Inc. vs. The Beatles
Gegen Apple (Computer) lief nämlich ein über Jahre andauernder Markenrechtsstreit: Die "Apple Corps Ltd.", von der britischen Band The Beatles gegründet, besaß als eines ihrer Hauptgeschäftsfelder das Plattenlabel "Apple Records". Und diese Apple-Namensgleichheit war jahrelang Gegenstand einer ganzen Reihe von Prozessen.
Der Computerkonzern musste mehrere Zahlungen in Millionenhöhe an die Beatles-Firma entrichten, der Streit konnte erst 2007 beigelegt werden. Deswegen waren The Beatles auch die letzte Band, die ihre Lieder erst kürzlich im Apple-iTunes-Store zum Vertrieb freigab.
Es kann noch Jahre dauern
Die möglicherweise immensen Anwaltskosten des sich nun abzeichnenden Markenrechtsstreits wird die Rechtsschutzversicherung von Christin Römer definitiv nicht übernehmen. "Ein paar juristische Schritte würde ich sicher noch gehen, aber natürlich ist das auch mit Kosten verbunden - und für Apple sind solche Summen Peanuts." Dabei steht die Café-Betreiberin mit ihrem Laden noch am Anfang. "Von Gewinn kann bisher niemand sprechen, das dauert einfach. Ich bin einfach noch in der Aufbauphase."
Wie der Fall ausgehen wird, ist noch völlig unklar. Das ganze Prozedere könnte noch Monate, vielleicht sogar Jahre dauern. Erst muss das Marken- und Patentamt entscheiden, danach könnten die beiden Parteien noch vor das Bundespatentgericht oder den Bundesgerichtshof ziehen. Apple Germany lehnte auf Nachfrage von DW-WORLD.DE jeglichen Kommentar zu diesem Thema ab.
Böse Zungen warfen Römer schon vor, sie habe mit Absicht ein dem Apple-Emblem ähnliches Logo entworfen, um kostenlose Werbung zu erhaschen. "Aber das ist doch absurd," entgegnet sie entrüstet. Doch eine gestiegene Aufmerksamkeit verzeichnet sie schon: Sie bekommt solidarische E-Mails aus aller Welt, und mit dem Versand ihrer Apfelkind-Tassen kommt sie gar nicht mehr hinterher.
"Es kommen natürlich jetzt viele neugierige Leute und schauen sich das Café nun erst recht einmal an. Davon profitiere ich klar." Und dann muss sie auch schon wieder schnell vor die Tür. Denn das iPhone summt mal wieder, und wenigstens beim Telefonieren will Christin Römer ihre Ruhe haben.
Autor: Arne Lichtenberg
Redaktion: Hartmut Lüning