Wenn einen der Schlag trifft
29. Oktober 2018Passieren kann es jedem, unabhängig vom Alter, überall und zu jeder Zeit. Ein Schlaganfall kommt im wahrsten Sinne des Wortes schlagartig, auch wenn es einige Vorboten gibt: Kribbeln in Armen und Beinen, Sprachstörungen, eine halbseitige Lähmung der Gesichtsmuskulatur. Aber diese Anzeichen werden nicht immer richtig gedeutet. Ist es ein Schlaganfall?
Mediziner unterscheiden zwei Formen, erklärt Professor Joachim Röther von der Asklepios Klinik Altona in Hamburg: "80 Prozent erleiden einen ischämischen Schlaganfall. Ischämisch ist der Fachbegriff für Blutarmut. In diesem Fall verstopft ein Gefäß, und das Hirngewebe wird nicht mehr ausreichend mit Blut versorgt. Das Hirngewebe geht zugrunde. Das ist dann ein Hirninfarkt."
Bei einer Hirnblutung reißt ein Gefäß. Aus dem tritt dann Blut ins Hirngewebe. Beide Formen können zu irreparablen Hirnschäden führen. Etwa ein Drittel der Schlaganfall-Patienten bleibt schwerbehindert und pflegebedürftig und das von einem Tag auf den anderen.
Deutschland betreibt intensive Forschung
Allein in Deutschland erleiden jedes Jahr etwa 260.000 Menschen einen Schlaganfall. In den Industrieländern ist es die dritthäufigste Todesursache. Weltweit sind immer mehr Menschen betroffen. In Indien etwa hat sich die Zahl der Schlaganfälle innerhalb von nur acht Jahren fast verdoppelt. Diabetes, Übergewicht, hoher Blutdruck, Rauchen, aber auch Stress gelten als Risikofaktoren, und diese Volkskrankheiten gibt es fast überall auf der Welt. Entsprechend wichtig ist internationale Forschung auf diesen Gebieten.
"Deutschland ist in den letzten zehn bis 20 Jahren bei der Schlaganfall-Therapie sehr stark geworden", sagt Joachim Röther. So seien viele Universitätskliniken auf dem Gebiet der Schlaganfallforschung sehr aktiv. Dabei geht es zum Beispiel um Fälle, bei denen das Hirngewebe nach einem schweren Schlaganfall anschwillt und auf das verbliebene, gesunde Gewebe drückt. Dann besteht die Gefahr, dass die Patienten daran versterben.
"Von Deutschland aus wurden viele Studien auf den Weg gebracht. Die haben gezeigt, dass man in solchen Fällen eine Kraniektomie durchführen sollte, dass man Platz für das Gehirn schafft. Dazu nimmt man einen großen Teil des knöchernen Schädeldachs, der sogenannten Schädelkalotte, heraus. Wenn sich die Schwellung dann nach drei bis vier Monaten zurückgebildet hat, wird das Schädeldach wieder eingesetzt. Derartige Studien sind ganz wesentlich hier in Deutschland durchgeführt worden, und sie beeinflussen auch die internationalen Leitlinien", erklärt Röther.
Auch Kinder können einen Schlaganfall erleiden
Das Durchschnittsalter für einen Schlaganfall liegt bei Männern bei etwa 70, bei Frauen bei etwa 75 Jahren. Aber auch Kinder und Jugendliche können einen Schlaganfall erleiden. In Deutschland sind es schätzungsweise 300 jedes Jahr - fast ein Drittel davon sind Neugeborene. Und sogar Ungeborene im Mutterleib kann es treffen. Oft wird der Schlaganfall nicht erkannt, denn selbst Mediziner verbinden Kinder und Kleinstkinder nicht immer direkt damit.
Ein Schlaganfall kann bei jungen Patienten durch Stoffwechselstörungen ausgelöst werden. Auch eine Autoimmunerkrankung kommt als Ursache infrage oder erbliche Faktoren wie eine erhöhte Neigung zu Blutgerinnseln. Mögliche Schäden am Gehirn der Kinder machen sich oft aber erst nach Monaten, manchmal sogar erst nach Jahren bemerkbar.
Ein Lotse unterstützt die Patienten
Jeder Schlaganfall bedeutet einen großen Einschnitt, die Behandlung kann langwierig sein. Im schlimmsten Fall bleiben die Patienten gelähmt, können nicht mehr sprechen, werden von heute auf morgen zum Pflegefall und können sich nicht mehr selbst versorgen. Aber auch diejenigen, die es nicht so schlimm getroffen hat, müssen sich erst einmal zurechtfinden, ihre Ernährung umstellen, Sport treiben, Stress möglichst vermeiden.
Mittlerweile gibt es in einigen Orten sogenannte Schlaganfall-Lotsen. Sie betreuen Schlaganfall-Patienten schon im Krankenhaus, begleiten sie während der Rehabilitation und sind allgemeiner Ansprechpartner bei Problemen oder Fragen wie etwa: 'Was passiert jetzt? Was kommt auf mich zu? Was kann ich tun? Wie geht es weiter?' Die Patienten wissen oftmals gar nicht, zu wem sie gehen können und wer für welche Fragestellung als Experte in Frage kommt. Klar ist: Eine schnelle Diagnose und Behandlung sind überlebenswichtig und eine professionelle Nachsorge in den meisten Fällen mehr als notwendig.