Bei HIV und Aids denken wir zuerst an Erwachsene. Aber was ist mit Kindern und Jugendlichen? Weltweit sind es etwa 1,8 Millionen. Nicht alle von ihnen haben die Chance auf ein normales Leben.
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Rund 90 Prozent aller Kinder mit HIV leben in den Ländern Subsahara-Afrikas, und nur die Hälfte von ihnen erhält die benötigte medizinische Versorgung. Nach Angaben von "Ärzte ohne Grenzen" starben 2017 weltweit etwa 110.000 Kinder an Aids-bedingten Krankheiten. Neueste Zahlen lassen hoffen. "Es gibt deutlich weniger Neuinfektionen bei Neugeborenen und Babys", sagt Rudi Taneden, Sprecher von UNICEF Deutschland. "2017 waren es 430.000, fünfzehn bis sechzehn Jahre vorher noch doppelt so viele."
Auf einem guten Weg
In Deutschland leben etwa 600 HIV-positive Kinder und Jugendliche. Hinzu kommt die Dunkelziffer. Neuinfektionen gibt es hier kaum noch. Durch ein HIV-Screening in der Schwangerschaft können Mediziner eine mögliche Übertragung auf das Kind bei der Geburt meist verhindern. Die werdende Mutter erhält schon vorher antiretrovirale Medikamente. Sie senken die Viruslast. Durch einen Kaiserschnitt kann eine Infektion ebenfalls verhindert werden. "Das Kind bekommt zur Sicherheit noch für 2 Wochen einen prophylaktischen Saft verabreicht", erklärt Dr. Robin Kobbe. Er ist Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf. Der antiretrovirale Saft ist ein zusätzlicher Schutz für das Neugeborene.
Auch im Jahr 2018 werden HIV-Positive noch diskriminiert, trotz intensiver Aufklärung. Viele Eltern versuchen vor anderen geheim zu halten, dass ihr Kind HIV-positiv ist. "Die größte Angst der Eltern ist, dass ihre Kinder von anderen abgelehnt werden könnten", sagt Tanji Sthamer von der Arbeitsgemeinschaft Kinder- und Jugendschutz Hamburg.
"Diese Ängste versuchen wir den Eltern zu nehmen", so die Sozialpädagogin. "Wir sagen ihnen auch, wie wichtig es ist, den Kindern gegenüber bei der Wahrheit zu bleiben und ihnen keine Lügen zu erzählen. Irgendwann kommt das raus und das bedeutet dann oft einen großen Vertrauensverlust."
Tanji Sthamer rät, Kinder so früh wie möglich über ihre Erkrankung aufzuklären und das dann möglichst kindgerecht und in ganz kleinen Schritten. "Dabei ist es nicht wichtig, welchen Namen die Krankheit hat, sondern vielleicht zu sagen: 'Dein Blut ist krank'. Oft wollen die Kinder wissen, warum ihnen immer wieder Blut abgenommen wird. Dabei wird zum Beispiel geprüft, ob die Medikamente anschlagen. "Ich muss dem Kind also erklären, warum es schon wieder zum Arzt muss", sagt Sthamer.
Mittlerweile gibt es sehr gute Medikamente, aber nicht alle sind für Kinder zugelassen. Das sei ein Problem, sagt UNICEF-Sprecher Taneden. "Medikamente, die im Kindesalter wirken, müssen für Jugendliche dann wieder angepasst werden. Hier ist noch viel Forschung nötig."
"Keinen Bock mehr"
HIV-positiv und in der Pubertät. Das bedeutet für Jugendliche und die Eltern, aber auch für die Ärzte eine besondere Situation. "Hier kommt es verständlicherweise oft zu psychischen Problemen", beschreibt Kobbe die Situation. "Oft werden die Medikamente unregelmäßig oder gar nicht eingenommen. Gerade bei nicht konsequenter Einnahme kann es zur Resistenzbildung kommen. Damit verbauen sich die Jugendlichen auf Dauer Behandlungsmöglichkeiten für die Zukunft."
Nicht selten rebellieren die Jugendlichen dagegen, täglich ihre Medikamente einzunehmen, wollen oft nicht verstehen, wie wichtig sie sind. Werden die Tabletten aber nicht regelmäßig genommen, kann es sein, dass die Viruslast wieder ansteigt.
Gerade in der Zeit ist es jedoch wichtig, die Medikamente regelmäßig zu nehmen, weil es auch die Zeit ist in der Jugendliche erste sexuelle Erfahrungen machen. Wichtig ist es für die Betroffenen zu wissen: Die HIV-Infektion ist da und bleibt. Aber Dank guter Therapien ist die Diagnose "HIV" zumindest in Deutschland und Westeuropa heute kein Todesurteil mehr.
Leben und lieben mit HIV: Filme zum Thema AIDS
Am Welt-AIDS-Tag gedenkt die Welt der Opfer der Krankheit. Viele Regisseure haben sich in den letzten Jahrzehnten mit dem Thema beschäftigt. Wir stellen elf bemerkenswerte Filme zum Thema vor.
Bild: picture-alliance/dpa/Edition Salzgeber
Preisgekrönt: 120 BPM
Im vergangenen Jahr errang das Drama "120 BPM" den "Großen Preis der Jury" beim weltweit wichtigsten Filmfestival in Cannes. Regisseur Robin Campillo erzählt von der Liebe zweier junger AIDS-Aktivisten. Dem französischen Regisseur gelang eine sensible wie filmisch interessante Annäherung an ein schwieriges Thema.
Bild: picture-alliance/dpa/Edition Salzgeber
Zunächst heiter: Sorry Angel
Campillos Landsmann Christophe Honoré zeichnet für den jüngsten Film zum Thema AIDS verantwortlich, auch "Sorry Angel" feierte bei den Filmfestspielen in Cannes (2018) Weltpremiere. Der Film erzählt von der Freundschaft zweier schwuler Männer zu Beginn der 1990er Jahre in Frankreich. Honoré setzt sich auch in Romanen und Theaterstücken mit dem Thema auseinander.
Es waren amerikanische und französische Filme, die sich als erste mit dem Thema beschäftigten. "Longtime Companion" von Norman René gilt als eine der ersten Produktionen, die die vom HI-Virus ausgelöste Krankheit beschrieb. Es ist die Geschichte von acht schwulen New-Yorker Freunden zu Beginn der 1980er Jahre. Ein Thema des Films: die Verdrängung von AIDS bei Betroffenen und in der Gesellschaft.
Um das Thema Verdrängung von AIDS geht es auch in "Wilde Nächte". Der französische Regisseur und Hauptdarsteller Cyrill Collard hatte seinen autobiografisch gefärbten Roman 1989 veröffentlicht und drei Jahre später aus dem Stoff einen Film gemacht. In der Titelrolle ist Collard zu sehen, der einen Bisexuellen spielt, der keine Rücksicht auf sich und seine Partner nimmt. Collard starb 1993.
Bild: picture-alliance/Mary Evans Picture Library
Oscardekoriert: Philadelphia (1993)
Jonathan Demmes Film "Philadelphia" war die erste große Hollywood-Produktion, die AIDS für ein breites Publikum auf die Leinwand brachte. Tom Hanks spielt einen Anwalt, dessen Stellung gekündigt wird - weil er erkrankt ist. Gerichtlich will er sich zu Wehr setzen. Der Film ist melodramatisch und sentimental, aber sehr effektvoll inszeniert. AIDS war nun auch im großen Hollywood-Kino angekommen.
Bild: Imago/Unimedia Images
Semidokumentarisch: ...und das Leben geht weiter (1993)
War "Philadelphia" im Stile großer Hollywood-Filme inszeniert, so beschritt der im selben Jahr angelaufene "...und das Leben geht weiter" von Roger Spottiswoode einen anderen Weg. Der Spielfilm versuchte mit dokumentarischen Mitteln die Ausbreitung der Krankheit auf vielen verschiedenen Schauplätzen nachzuzeichnen. Mit dabei der junge AIDS-Forscher Dr. Don Francis, gespielt von Matthew Modine.
Bild: picture-alliance/United Archives
Umstritten: Kids (1995)
Mit dokumentarischen Mitteln arbeitete auch der Spielfilm "Kids", der zwei Jahre später entstand. Regisseur Larry Clark entwarf das Panorama einer Jugendkultur im New York der 1990er Jahre. Sex ist eines der Hauptthemen der jungen Mädchen und Jungen - das Thema AIDS kommt hinzu. Umstritten war der Film, weil er mit minderjährigen Darstellern sehr drastische Szenen entwickelte.
Bild: picture-alliance/dpa/KPA
Melodramatisch: Alles über meine Mutter (1999)
Spaniens Regie-Star Pedro Almodóvar erzählte 1999 in der für ihn typischen Manier vom Leben, Leiden und der Liebe einer Handvoll Protagonisten in Madrid und Barcelona. "Alles über meine Mutter" ist ein Melodrama mit viel Gefühl und Emotion, es geht um Geschlechterrollen und gesellschaftliche Vorurteile. Auch in "Alles über meine Mutter" spielt das Thema AIDS eine zentrale Rolle.
Bild: picture-alliance/dpa/Arthaus
Rückblick: Wir waren Zeugen (2007)
Auf die frühen 80er Jahre blickte der Franzose André Téchiné in "Wir waren Zeugen" zurück. In Frankreich breitet sich die Krankheit aus, die Protagonisten, die Téchiné dem Zuschauer präsentiert, werden in verschiedenen Situationen mit AIDS konfrontiert. "Wir waren Zeugen" feierte bei der Berlinale Premiere, schaffte aber trotz Stars wie Emmanuelle Béart nicht den Sprung in die deutschen Kinos.
Bild: picture-alliance/dpa
AIDS Global: Same Same But Different (2009)
Auch das deutsche Kino beschäftigte sich mit AIDS. Rosa von Praunheim tat das 1986 in der für ihn typischen anarchistischen Art und Weise mit "Ein Virus kennt keine Moral" schon sehr früh und als erster. Regisseur Detlef Buck drehte 2009 den Film "Same Same But Different", der eine Liebe zwischen einem jungen Deutschen (David Kross, unser Bild) und einer kambodschanischen Prostituierten zeigt.
Bild: Delphi Filmverleih
Schauspielerfilm: Dallas Buyers Club (2014)
Großen Erfolg hatte vor vier Jahren der Film "Dallas Buyers Club" des kanadischen Regisseurs Jean-Marc Vallée. Matthew McConaughey (r.) und Jared Leto brillieren darin als zwei HIV-infizierte Protagonisten, die sich im Amerika der 1980er Jahre um wirksame AIDS-Medikamente bemühen. Für die beiden Schauspieler gab es bei der Oscarverleihung 2014 Auszeichnungen für die besten männlichen Darsteller.