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Glaube

Wenn man Freude teilt...

25. Oktober 2025

Was geschieht, wenn Freude sich vermehrt und sich auch da zeigt, wo man sie nicht erwartet. Und was man von einem Sportenthusiasten lernen kann. Ein Beitrag der katholischen Kirche.

Deutschland 2024 | Kirchenglocken im Glockenturm einer christlichen Kirche
Bild: Thomas Fuhrmann/Zoonar/IMAGO

Im Alltag sind Kirchenglocken für viele Menschen selbstverständlich. Ihr Klang begleitet uns - mal hell, mal tief, mal warm, mal metallisch. Überall klingen sie ein bisschen anders. Und egal, ob wir an einem vertrauten Ort sind oder eine neue Stadt entdecken – Glocken gehören irgendwie dazu. Viele Menschen verbinden mit „ihren“ Glocken Erinnerungen und Heimatgefühle – und nicht zuletzt ihren Glauben. Sie schenken uns ein Gefühl von Vertrautheit und sind für viele Menschen besonders wertvoll: Sie rufen Kindheitserinnerungen wach, trösten oder schenken einfach ein wohliges Gefühl von Vertrautheit.  
 
Seit einigen Jahren zählen die deutschen Kirchenglocken sogar zum immateriellen UNESCO-Weltkulturerbe. Sie sind also nicht nur Klang, sondern Kultur – ein Stück gelebter Alltag. 
 
Kirchenglocken geben unserem Leben Struktur. Sie rufen zum Gottesdienst, begleiten Hochzeiten und Beerdigungen. Sie läuten an Feiertagen und erinnern uns Stunde um Stunde an die Zeit. Ihr Klang gehört zum Rhythmus des Lebens, der oft auch vom Glauben getragen wird – manchmal freudig, manchmal traurig, aber immer bedeutungsvoll.  
 
All das ist uns vertraut. Und doch – eine italienische Stadt macht den Unterschied. 
 
In Maranello, einer kleinen Stadt, die zwischen Parma und Bologna liegt, erklingen die Kirchenglocken aus einem weiteren Grund. Die Gemeinde ist durch den Sitz des Autoherstellers Ferrari und dem dazugehörigen Rennstall eng mit dem Rennsport verbunden. Viele Einwohnerinnen und Einwohner haben ein enges Verhältnis zur Formel eins. 
 
Auch Pfarrer Alberto Bernardoni war begeisterter Ferrari-Fan. Und das so sehr, dass er eine eigene Art fand, seine Leidenschaft zu teilen. Vor mehr als zwanzig Jahren begann er damit, die Glocken seiner Kirche zu läuten, wenn ein Fahrer der Scuderia Ferrari ein Rennen gewann – und das eigens selbst, egal zu welcher Uhrzeit. Ob in der Nacht oder am helligten Tag: Sobald das Rennen vorbei war, sollte es die ganze Stadt hören. Damit rief er die Angehörigen seiner Gemeinde nicht zum Gebet, sondern jeder und jede im Umkreis konnte spüren, wie sehr sich der Pfarrer freute.  
 
So wusste das ganze Dorf Bescheid. Wenn die Kirchenglocken von Maranello außerhalb der Sonntagsmesse läuteten, dann hatte Ferrari gewonnen. Der Klang trug sich durch die gesamte Gemeinde, über Dächer und Balkone, weckte Nachbarinnen und Nachbarn. So war für Pfarrer Barnardoni das Läuten ein gemeinsamer Ausdruck der Freude – ein Klang, der verbindet. Ausnahmsweise verbreitete sich dadurch nicht nur die Freude am Glauben, sondern rein über den Sieg des Teams. Die Freude des Pfarrers wurde so zum Klang der ganzen Stadt. Egal ob Einwohnerin oder Tourist, für jede und jeden wurde die Freude hörbar. Dieser Klang der Glocken verband diese Menschen, selbst wenn sie einander nicht kannten. 
 
Vielleicht wusste Pfarrer Bernardoni etwas, das wir manchmal vergessen: Freude wird größer, wenn man sie teilt. Durch das Glockenläuten verbreitete sich die Freude über die ganze Stadt. Sie verbindet und schafft Gemeinschaft. Denn Freude ist ansteckend.  
 
So auch im Glauben. Wenn man gemeinsam den Gottesdienst begeht, den Glauben miteinander teilt und sich für etwas begeistert, dann verbindet uns das miteinander. Wir lernen, dass auch die Freude im Glauben mehr werden kann, wenn man sie teilt. Und das kann für jede und jeden individuell sein – ob klein, ob groß. Ob alltäglich oder besonders. Wenn wir uns mitteilen und auch lernen mit anderen gemeinsam zu glauben, dann wird diese Freude größer und kann weitergegeben werden. 
 
Heute lebt Pfarrer Alberto Bernardoni nicht mehr. Doch seine Nachfolger führen die Tradition fort. Aus der Freude des Pfarrers wurde eine Gewohnheit für viele. Noch immer werden die Glocken geläutet, wenn Ferrari ein Rennen gewinnt. So rufen sie nicht zum Gebet, sondern zur Freude – und vielleicht sind diese beiden Dinge manchmal dasselbe. 
 
So kann der Pfarrer Vorbild dafür sein, dass sich Freude vermehrt, wenn man sie teilt. Denn jedes Läuten, das Menschen zusammenbringt, ist ein Stück Glauben, das hörbar geworden ist - und kann uns daran erinnern, dass Glaube und Begeisterung oft im Einklang schwingen.  
 
 
Kurzvita: 
Annika Schomburg studierte Kommunikationswissenschaft an der Universität Hohenheim. Während ihres Studiums sammelte sie journalistische Erfahrungen durch Praktika im Bereich Hörfunk und beim Südwestrundfunk in Mannheim. Derzeit absolviert sie eine journalistische Ausbildung am ifp in München und volontiert bei der katholischen Hörfunk- und Fernseharbeit in Bonn.  
 
Dieser Beitrag wurde von den christlichen Kirchen verantwortet.