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Musikerambulanz in Düsseldorf

Marita Berg10. Februar 2014

Geigerekzeme, schmerzende Gelenke, Muskelkrämpfe, Tinnitus - etwa 70 Prozent der Profimusiker kämpfen mit berufsbedingten Erkrankungen. Eine Musikerambulanz in Düsseldorf will helfen.

Eine Geigerin wird an der Musikerambulanz untersucht
Bild: Musikerambulanz am UKD

"Ich stolpere mit einem Finger über den anderen. Das hat mir schon viele Schmerzen gemacht", so hat einst Robert Schumann sein Leiden beschrieben. Heute weiß man, der Komponist litt am sogenannten "Musikerkrampf", der fokalen Dystonie. Genau wie Leon Fleischer, der in den 1960er Jahren seine rechte Hand fast 30 Jahre lang nicht mehr einsetzen konnte.

Bekannte Beispiele für Musikerkrankheiten sind auch die Daumenentzündung des Pianisten Murray Perahia oder der zeitweise Stimmverlust des Tenors Rolando Villazón. Die physische Belastung bei Berufsmusikern ist vergleichbar mit der von Hochleistungssportlern. Während aber die Sportmedizin seit langem etabliert ist, befindet sich die Musikermedizin erst im Aufbau. An einigen Musikhochschulen gibt es zwar inzwischen Ambulanzen für Musiker. Dort ist allerdings oft nur ein einziger Arzt im Einsatz.

Eine Besonderheit ist die Düsseldorfer Musikerambulanz, die der Musikjournalist, Organist und Mediziner Wolfram Goertz vor zwei Jahren ins Leben gerufen hat: Angeschlossen an das Uniklinikum, ist sie vernetzt mit den Neurologen, Orthopäden, Handchirurgen, Psychologen und Physiotherapeuten auf dem Unigelände und ist für Musiker aus Deutschland, Europa und darüber hinaus, die oft einen jahrelangen Leidensweg durch die Arztpraxen hinter sich haben, Rettung in der Not.

Das Fagottquartett der Duisburger Philharmoniker in der MusikerambulanzBild: Musikerambulanz am UKD

Mit dem Instrument zum Arzt

"Der Regelfall ist tatsächlich, dass ein Patient, der zu uns in die Musikerambulanz kommt, mindestens schon zwei oder drei Fachärzte besucht hat, ohne dass die Ursachen für seine Beschwerden erkannt wurden", sagt Wolfram Goertz. "Denn diese Ärzte haben den Patienten nie am Instrument untersucht."

Deshalb müssen die Hilfesuchenden ihre Instrumente mit in die Uniklinik bringen und werden von Medizinern untersucht, die selbst über musikalische Erfahrungen verfügen und Bewegungsabläufe am Instrument kennen. "Musiker müssen oft eine 'unnormale' Haltung einnehmen, um ihr Instrument zu spielen. Auf Dauer kann sich daraus ein chronisches Schmerzsyndrom entwickeln."

So vielfältig das Spektrum der Musiker, so unterschiedlich können auch die damit verbundenen Beschwerden sein: "Das ist ein unglaublich weites Feld", erklärt Wolfram Goertz. "Geiger haben oft Probleme mit den Schultern, Cellisten sehr oft im Daumensattelgelenk. Bei Bläsern sind es oft die Lippen und Gesichtsmuskeln, sie klagen aber auch oft über Schwindel. Ja, und natürlich ist Lampenfieber ein massives Problem."

Der Mediziner und Musiker Wolfram GoertzBild: Musikerambulanz am UKD

Hochleistungssport

Bevor sich ein Musiker in der Musikerambulanz vorstellt, führt Wolfram Goertz mit ihm erst ein ausführliches Telefonat, um dessen Termin am Institut vorausplanen zu können. Nach erster Behandlung und Beratung erhalten die Musiker einen Übungsplan. "Sie müssen begreifen, dass sie Hochleistungssportler sind," sagt Goertz. Genauso wie sich ein Usain Bolt vor seinem 100-Meter-Lauf warm macht, brauchen auch Musiker vor einer Probe zehn Minuten Zeit, um sich - etwa durch Dehnübungen - warm zu machen. Und dann erst sollten sie ans Instrument."

"Mannschaftsarzt" der Duisburger Philharmoniker

Alle Patienten werden schon beim ersten Besuch der Musikerambulanz durch mehrere Abteilungen geschleust, von verschiedenen Fachärzten untersucht. "Nur das gemeinsame Nachdenken über einen Fall und ein ganzheitlicher Ansatz macht eine gute Musikermedizin aus", erklärt Wolfram Goertz. "Man kann beim Universitätsklinikum immer Kollegen zu Rate ziehen, einfach anrufen: 'Hallo, lieber Herr Oberarzt, ich hab hier ein Problem, können sie kollegial helfen?' Das klappt einfach immer."

Seit dem Start hat die Musikermedizin mehr als 500 Patienten behandelt. Der Ruf des Instituts ist inzwischen bis zu den großen Orchestern vorgedrungen. "Hier waren schon Orchestermusiker vom Concertgebouw in Amsterdam", erzählt Wolfram Goertz. "Wir haben Mitglieder von mindestens der Hälfte der deutschen Rundfunksymphonieorchester als Patienten hier und im April 2013 haben wir eine Zusammenarbeit mit den Duisburger Philharmonikern beschlossen: Wir sind jetzt quasi deren Mannschaftsarzt, kümmern uns um Einzelfälle, aber auch um Prävention."

Neurologin Ulrike Kahlen und Handchirurg Tim Lögters untersuchen einen GitarristenBild: Musikerambulanz am UKD
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