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Wenn Sport dem Herzen schadet

Christoph Janosch Delcker12. Oktober 2012

Bewegung ist gesund. Doch unter Umständen kann sie dem Körper auch schaden: Eine Entzündung des Herzmuskels kann sogar zum Herztod führen. Aber wann wird Sport zur Gefahr? Eine Ärztin und ein Läufer erzählen.

Herzultraschalluntersuchung (Echokardiographie) in der Sporthochschule Köln (Foto: Janosch Delcker / DW)
Bild: DW/J.Delcker

Ursula Hildebrandts Gegner sind klein; so klein, dass man sie nur mit einem Mikroskop sehen kann. Trotzdem können sie einen Menschen töten. Es sind Krankheitserreger, die durch die Blutbahn ins Herz gelangen, und sich dort festsetzen - zum Teil mit ernsten Folgen.

Die 31-Jährige ist Ärztin an der Sporthochschule Köln. Dort behandelt Hildebrandt Sportler, die an einer Herzmuskelentzündung erkrankt sind. Es ist eine Krankheit, die den Motor des menschlichen Körpers befällt: Der Muskel im Herzen pumpt Blut durch den Körper. Entzündet sich der Muskel, wird er geschwächt. Die Pumpleistung des Herzen lässt nach, die überlebenswichtige Versorgung des Organismus stockt.

Gefährdung für jeden, erhöhtes Risiko bei Sportlern

"Grundsätzlich kann jeder an einer Herzmuskelentzündung erkranken. Sowohl Leistungssportler als auch Menschen, die nur auf dem Sofa sitzen", sagt Ursula Hildebrandt. Besonders gefährdet aber seien Sportler und körperlich aktive Menschen. Denn in vielen Fällen entsteht eine Herzmuskelentzündung - Mediziner sprechen von Myokarditis - wenn Menschen zu früh nach einer Infektion wieder trainieren.

Während es durch das Herz fließt, wirbelt das Blut rund um die Herzklappen (in der Abbildung grün) auf

Aber wann wird Sport zur Gefahr? Immer dann, wenn der Mensch körperlich geschwächt ist: Grundsätzlich ist der Körper nach dem Sport anfälliger für Infektionen. Schaffen es Bakterien oder Viren einzudringen, tummeln sie sich auch massenweise im Blut. Beim Sport fließt das Blut schneller durch die vier Hohlräume des Herzen. Sie sind verbunden durch Klappen. An diesen Herzklappen wirbelt das Blut auf: ein bisschen wie ein Fluss mit starker Strömung, der durch eine Schleuse fließt und Wasserwirbel erzeugt. Während des Joggens oder Fußballspielens wirbelt das Blut im Herzen noch stärker auf. Dadurch können Erreger im Blut hinter den Klappen hängenbleiben. Eine Entzündung ist die Folge.

Einfache Regeln um sich zu schützen

Um einer Herzmuskelentzündung vorzubeugen, ist es deshalb das Wichtigste, jede Erkrankung gründlich auszukurieren, betont Ärztin Hildebrandt: "Grob kann man sagen, dass das Fieber mindestens zwei Tage zurückliegen sollte. Außerdem sollte kein grün-gelber Auswurf mehr vorhanden sein." Der nämlich bedeute, dass gefährliche Keime im Körper unterwegs sind.

Ein Problem mit Ursula Hildebrandts Gegnern: Sie lösen die unterschiedlichsten Symptome aus. Sie reichen von starken akuten Beschwerden wie Brustschmerzen oder Luftnot bis hin zu schleichenden Anzeichen wie einem erhöhtern Ruhepuls oder Nachtschweiß.

Medizinerin Ursula Hildebrandt: "Herzmuskelentzündung kann jeden treffen"Bild: DW/J.Delcker

Auch deshalb wird die Diagnose Herzmuskelentzündung oft sehr spät getroffen. Eine tickende Zeitbombe: Denn strengt sich ein Mensch trotz Erkrankung an, kann eine unentdeckte Herzmuskelentzündung zum Herzstillstand und zum Tod führen. 2009 wurde der deutsche Leichtathlet René Herms tot in seiner Wohnung aufgefunden. Eine Obduktion ergab: Der 26-jährige Herms starb an einer unentdeckten Herzmuskelentzündung; an seinem Todestag hatte er zuvor noch trainiert.

 Ein 18-jähriger Leistungssportler, plötzlich außer Gefecht

Auch Fabian Spinrath hätte das passieren können. Auf einem Regal in seinem Jugendzimmer türmen sich Medaillen, der Bildschirmhintergrund seines Computers zeigt eine Stadion-Laufbahn. Alles fing damit an, dass er sich nach einem Dauerlauf ungewohnt müde fühlte, erzählt der 800-Meter-Läufer: "Normalerweise ruht man sich danach 10 Minuten aus; ich habe fünf Stunden geschlafen."

Sein Hausarzt vermutete einen bakteriellen Infekt, verschrieb Antibiotika. Erst nachdem sich die Symptome auch nach anderthalb Monaten nicht besserten, brachte eine Untersuchung die Diagnose Herzmuskelentzündung. 

800-Meter-Läufer Fabian Spinrath: "Habe gelernt, Pausen zu machen, wenn es mir schlecht geht"Bild: DW/J. von Mirach

Die Diagnose bedeutete eine enorme Herausforderung für den damals 18-jährigen Sportler: Sechs Monate lang musste er jede körperliche Anstrengung meiden; er nahm den Aufzug statt der Treppe, ließ Straßenbahnen abfahren, anstatt die letzten Meter zu rennen. An Training war nicht zu denken.

Erst nach sechs Monaten fing er langsam wieder mit dem Sport an. Mittlerweile gilt seine Herzmuskelentzündung als geheilt, sein Herz funktioniert wieder wie vor der Erkrankung. "Wir wollten, dass keinen bleibenden Schäden zurückbleiben. Hätten wir zu früh wieder angefangen, hätte seine Herzfunktion sein Leben lang eingeschränkt bleiben können", erklärt Ursula Hildebrandt, seine behandelnde Ärztin.

Myokarditis

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Jede Herzmuskelentzündung ist anders, und damit auch die entsprechende Therapie. Grundsätzlich gilt die Faustregel: Patienten müssen mindestens ein halbes Jahr lang strikt jede körperliche Anstrengung vermeiden. Zusätzlich gilt die Devise: Kein Alkohol und eine gesunde Ernährung. Und der Patient sollte möglichst viel schlafen. Abhängig vom Erreger kann auch eine Behandlung mit Medikamenten sinnvoll sein.

Eine Herzmuskelentzündung ist kein Phänomen der Industrienationen; sie betrifft gleichfalls Entwicklungsländer. Allerdings sind die Erreger dort meist Bakterien und Pilze, während in Industrienationen Vireninfektionen als Haupt-Auslöser der Herzmuskelentzündung gelten. 

Ursula Hildebrandts Gegner sind mikroskopisch klein, und sie nehmen verschiedene Formen an. Doch eines haben sie gemein: Man kann sich vor ihnen schützen. Indem man sich bei jeder Erkältung, bei jeder Infektion schont, und indem man auf die Zeichen des eigenen Körpers hört.