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Trumps und Bidens Haltung zur Kultur

Elizabeth Grenier
3. November 2020

Museen, Theater, Konzerte - die Haltung der beiden Präsidentschaftskandidaten gegenüber der Kultur zeigt, welche Vision Trump und Biden für ihr Land haben.

USA Präsidentschaftswahlkampf l TV-Debatte Biden vs Trump, Kombo

Die Corona-Pandemie und Massenunruhen, ausgelöst durch Polizeibrutalität und Rassismus, haben in den letzten Wochen das öffentliche Bild der USA geprägt. Zugleich bestimmte eine Reihe spalterischer Themen den Schlagabtausch der politischen Lager. Was jedoch kaum zur Sprache kam, war die Kultur. Natürlich sind auch Künstler von Themen wie Gesundheitsvorsorge, Steuern, Einwanderung oder Außenpolitik betroffen. Sie aber gingen in der Debatte unter. Ein Blick auf die Parteiprogramme von Trump und Biden ist da sehr erhellend.

"Die Künste sind für unsere freie und demokratische Gesellschaft, für unsere Kultur und für unsere lokale Wirtschaft von wesentlicher Bedeutung. Die Demokraten sind stolz auf ihre Unterstützung der Kunstfinanzierung und Bildung und werden die Politik und die Programme zur Kulturförderung fortsetzen", heißt es imWahlprogramm der Demokratischen Partei. Genannt werden Regierungsinstitutionen und kulturelle Organisationen, die auch künftig von staatlicher Hilfe profitieren sollen. Die Demokraten fügen dann noch hinzu: "Wir schätzen die Kunst und die Kunsterziehung zur Entwicklung von Vorstellungskraft, Kreativität, Innovation und kritischer Denkfähigkeit bei den Schülern und zum Aufbau von Brücken zwischen Menschen und Gemeinschaften im ganzen Land und auf der ganzen Welt."

Republikaner recyceln ihr altes Programm

Gerade mal zehn Zeilen widmet das Dokument den Künsten. Das ist zwar nicht so üppig wie die "Kunstplattform", mit der Barack Obama in den Wahlkampf 2008 zog. Doch stellt es locker in den Schatten, was die Republikaner in ihrer offiziellen Prioritätenliste schreiben – nämlich gar nichts. Das Programm der Republikanischen Partei 2020 liest sich wie das von 2016, was nicht verwundert, schließlich hatte die Partei beschlossen, es für die aktuelle Kampagne zu recyceln. Die Künste sind darin kein Thema.

Tatsächlich spielten die Künste unter der Obama-Biden-Regierung eine wichtige Rolle. Dies könnte wieder so sein, falls Biden gewählt wird, mutmaßen Vertreter mehrerer US-amerikanischer Kulturinstitutionen. Zwar wird Joe Biden wohl kaum zu dem kulturellen Schwergewicht Obamas aufschließen. Der erste schwarze Präsident bewies seine Kulturnähe immerhin mit der Veröffentlichung von Listen seiner Lieblingsmusik, seiner Lieblingsfilme und -bücher oder auch bevorzugter Fernsehsendungen. Dennoch: Der demokratische Herausforderer von 2020 gilt immer noch als loyaler Unterstützer der Künste, wie Robert L. Lynch, Chef der Interessenvertretung "Americans for the Arts" in der New York Times erklärte: Bidens Kulturverbundenheit erkläre sich weniger "aus der Sicht des Konsumenten, vielmehr setze sie auf den Inspirations- und Transformationswert der Künste", so Lynch.

Barack Obama und Joe Biden - bei der Zeremonie zum Amtsamtritt von Donald Trump im Januar 2017Bild: Reuters/L. Nicholson

Kamala Harris ist kulturaffin

Belegt ist etwa das Kultur-Engagement von Kamala Harris, Bidens "Running Mate". Die von den Demokraten für das Amt des Vizepräsidenten nominierte Juristin war während ihrer Zeit als Bezirksstaatsanwältin in Kalifornien Mitglied im Kuratorium des San Francisco Museum of Modern Art. Außerdem war sie Mitglied der San Francisco Jazz Organization und Vorsitzende der Spendensammlung für die Sinfonieorchester der Stadt.

Was der amtierende Präsident von den Künsten hält, hat er bereits in den vergangenen vier Jahren gezeigt. Gleich zu Beginn seiner Amtszeit schlug Trump in seinem ersten Bundeshaushaltsplan vor, sowohl das "National Endowment for the Arts" (NEA) als auch das "National Endowment for the Humanities" (NEH) abzuschaffen, beides unabhängige Stiftungen zur Finanzierung von Kultur- und Forschungsprojekten. Sie waren 1965 per Gesetz aus der Taufe gehoben worden. Demnach ist es die "Aufgabe einer fortschrittlichen Zivilisation", den Künsten, Geisteswissenschaften und der Kultur "Wertschätzung und volle Unterstützung" zu gewähren.

In seinem Haushaltsentwurf für 2021, veröffentlicht im Februar dieses Jahres, forderte Trump erneut die Abschaffung von NEA und NEH, auch hält er die Behörde für Museums- und Bibliotheksdienste und sowie die Gesellschaft zur Förderung und Unterstützung des öffentlichen Rundfunks (cpb) für überflüssig. Unter dem Stichwort "Stopping Wasteful and Unnecessary Spending" ("Gegen Verschwendung und unnötige Ausgaben") kommt der Text zu dem Schluss, diese Einrichtungen zählten nicht zu den Kernaufgaben des Bundes. Der US-Kongress, der über den Bundeshaushalt entscheidet, lehnte Trumps Forderungen jedoch ab, das Geld fließt weiter.

Biden-Unterstützer formieren sich

Lynch verurteilte die von der Trump-Administration vorgeschlagenen Kürzungen inzwischen als "fehlgeleitete Budgetanforderung".

Eine Gruppe von Kulturschaffenden, die sich "Arts for Biden-Harris" (Künste für Biden-Harris) nennt, wendet sich ganz offen gegen Trumps Kulturpolitik. So kritisiert die Künstlerin, Schriftstellerin und Produzentin Tanya Selvaratnam, das "Trump-Pence-Regime" habe nicht nur gedroht, Förderinitiativen abzuschaffen. Auch habe der amtierende Präsident "nach jeder sich bietenden Möglichkeit gesucht, die Redefreiheit und Kreativität zu untergraben und anzugreifen." Somit hätten Künstler bei der Wahl in den USA "nur eine Wahl".

Solche Angriffe auf die Freiheit der Künste sind in den letzten vier Jahren gut dokumentiert worden. "Künstler und Kunstwerke, die Präsident Donald Trump kritisch gegenüberstanden, wurden direkt vom Präsidenten und von Regierungsbehörden ins Visier genommen oder zensiert", heißt es im Bericht "State of Artistic Freedom 2020" ("Stand der künstlerischen Freiheit"), den "Freemuse", eine unabhängige internationale Nichtregierungsorganisation mit beratendem Status bei der UNESCO, veröffentlicht hat.

Mit der US-Wahl steht für Künstlerinnen und Künstler damit weit mehr auf dem Spiel als "nur" die Unterstützung von Kulturfördereinrichtungen oder Museen. In einem Interview mit dem Musiker und Schauspieler Lin-Manuel Miranda für das "Latino Victory Project" hat Joe Biden inzwischen erklärt, dass er die Künste für ein Spiegelbild des Zustands der USA hält: "Die Zukunft dessen, wer wir sind, liegt in den Künsten", sagte Biden. "Sie sind der Ausdruck unserer Seele."

Adaption: Stefan Dege 

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