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Wer kämpft erfolgreicher in Syrien?

Roman Goncharenko / mo8. Oktober 2015

Russische Medien behaupten, Russland bekämpfe den "Islamischen Staat" in Syrien weit effektiver als die von den USA angeführte Militärkoalition. Experten im Westen zweifeln an den Erfolgsmeldungen.

Symbolbild Russland Syrien Luftschläge
Bild: picture-alliance/dpa/Y.Kochetkov

Steven Pifer wundert sich über russische Medienberichte. "Die Behauptung, die russischen Luftstreitkräfte hätten in nur wenigen Tagen im Kampf gegen den 'Islamischen Staat' mehr erreicht als die von den USA angeführte Koalition, ist seltsam", sagt der Osteuropa-Experte vom Brookings Institute in Washington. Pifer weist darauf hin, dass nur ein kleiner Teil der russischen Luftschläge in Syrien gegen den "Islamischen Staat" (IS) gerichtet sei. Sein Kollege Michael O'Hanlon vom Brookings Institute betont, das russische Vorgehen gegen den IS sei "sehr ineffektiv": Die russischen Luftschläge könne man aus Moskaus Perspektive nur dann als erfolgreich bezeichnen, wenn sie zum Ziel hätten, den syrischen Präsidenten Baschar al-Assad zu stützen.

Stephen Blank vom American Foreign Policy Council meint, die russischen Medienberichte seien "typisch russische Wichtigtuerei". Es sei unmöglich, "mit einigen Bomben in wenigen Tagen das zu erreichen, wofür man Monate brauche".

Raketen vom Kaspischen Meer

Die von den USA angeführte internationale Militärkoalition fliegt seit mehr als einem Jahr Luftangriffe gegen den IS. Washington erklärt, der größte Teil davon werde über irakischem Staatsgebiet ausgeführt. Nach Angaben des Pentagon gab es bis Ende September mehr als 7000 Luftschläge, davon mehr als 4500 gegen Kräfte des IS im Irak.

Russlands Verteidigungsministerium veröffentlicht Bilder von Luftschlägen in SyrienBild: imago/ITAR-TASS

Russland startete seine Luftschläge erst Ende September - offiziell ebenfalls gegen die Terrormiliz IS. Bislang beschränken sie sich auf Syrien. Doch in internationalen und russischen Medien wird über eine Ausweitung der russischen Operationen auf irakisches Territorium spekuliert. Russlands Streitkräfte, so das Verteidigungsministerium in Moskau, würden seit Beginn ihrer Operation etwa 20 Luftschläge pro Tag durchführen. Am Mittwoch setzte Russland erstmals Kriegsschiffe im Kaspischen Meer ein, von denen Raketen auf Ziele in Syrien abgefeuert wurden.

Moskaus Angriffsziele unklar

Michael O'Hanlon meint, Russland wolle in erster Linie Assad und seine Marinebasis im syrischen Hafen Tartus schützen. Eine Bodenoperation russischer Truppen schließt der US-amerikanische Experte nicht aus. Groß würde sie aber nicht werden. Westliche Medien berichten bereits, eine Bodenoperation werde vorbereitet. Russland hat entsprechende Pläne immer wieder dementiert.

Aus der Sicht von Alexandra de Hoop Scheffer vom German Marshall Fund in Paris könnte der russische Präsident Wladimir Putin sogenannte "Freiwillige" nach Syrien schicken. Das sei schon bei der Annexion der Krim im März 2014 die russische Taktik gewesen, betont sie. Eine Ausweitung der russischen Militärpräsenz in Syrien werde "Russland ermöglichen, die Ziele für Militärschläge besser festzulegen und einen wichtigen taktischen Vorteil gegenüber der von den USA angeführten Koalition zu erlangen".

Doch wen die Russen genau angreifen, sei "immer noch umstritten", gibt Hans-Georg Ehrhart vom Institut für die Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg zu bedenken. Die russische Regierung erkläre, man wolle gegen den IS vorgehen. Der Westen sage, dass auch Stützpunkte der Freien Syrischen Armee bombardiert würden, was Moskau abstreite. Ehrhart ist aber überzeugt, dass Russland in Syrien Assads Regionen stabilisiere - was nicht Ziel der internationalen Gemeinschaft sei.

Die Präsidenten Wladimir Putin (l.) und Barack Obama sprachen am Rande der UN-Vollversammlung über SyrienBild: Getty Images/C. Somodevilla

Unschlüssigkeit der USA ist Putins Chance

Russland wolle mit seinen Erfolgsberichten aus Syrien zeigen, dass die Möglichkeiten der US-amerikanischen Kräfte begrenzt seien, meint Alexandra de Hoop Scheffer: "Diese Einschätzung ist zum Teil richtig. Die Kriegsmüdigkeit und die Unschlüssigkeit der USA haben es Putin ermöglicht, in das Spiel einzutreten und die diplomatische und militärische Initiative zu übernehmen."

Die von der DW befragten Experten sind sich einig, dass der russische Militäreinsatz in Syrien die Situation in der Region komplizierter macht. "Die Koalition unter Führung der USA will weder einen indirekten Krieg mit Russland, noch Moskau erlauben, die USA und ihre Verbündeten vom Kampf gegen den IS abzulenken", sagt de Hoop Scheffer. Um eine weitere Destabilisierung der Region zu vermeiden, werde Washington eine politische und militärische Zusammenarbeit mit Russland im Nahen Osten suchen.

Doch was steckt hinter Moskaus Vorgehen in Syrien? Stephen Blank vom American Foreign Policy Council geht davon aus, dass Russland seine militärische und politische Position im Nahen Osten festigen will - wie einst die Sowjetunion.

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