Keine Armut, kein Hunger, nachhaltiger Konsum: Bis 2030 sollen die UN-Entwicklungsziele weltweit umgesetzt werden. Doch die Agenda ist sperrig: 17 Ziele und 169 Unterziele sind nicht einfach zu vermitteln.
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17 Ziele für die Zukunft
Die 17 nachhaltigen Entwicklungsziele (SDGs) der UN sollen bis 2030 eine gerechtere, umweltfreundlichere Welt fördern und Hunger und Armut abschaffen. Der Aktionsplan wurde im Herbst 2015 auf dem UN-Gipfel verabschiedet.
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Ziel 1: Eine Welt ohne Armut
Bis 2030 soll kein Mensch mehr in extremer Armut leben müssen. Damit geht die Weltgemeinschaft weiter als in den alten Millenniumszielen, die bis 2015 lediglich eine Halbierung der extremen Armut als Ziel hatten. Als extrem arm definieren die UN Menschen, die von weniger als 2,15 US-Dollar am Tag leben müssen.
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Ziel 2: Eine Welt ohne Hunger
Derzeit haben rund 735 Millionen Menschen nicht genug zu essen, so die UN-Welternährungsorganisation FAO. Bis zum Jahr 2030 soll kein Mensch mehr unterernährt sein. Dabei soll nachhaltige Landwirtschaft eine größere Rolle spielen, Kleinbauern und ländliche Entwicklung sollen gefördert werden.
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Ziel 3: Gesundheit weltweit
Rund fünf Millionen Kinder jährlich sterben weltweit, bevor sie fünf Jahre alt sind. Weltweit stirbt alle zwei Minuten eine werdende Mutter während Schwangerschaft oder Entbindung. Bis 2030 soll jeder Mensch Zugang zu Gesundheitsvorsorge, bezahlbaren Medikamenten und Impfstoffen bekommen.
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Ziel 4: Ausbidlung für alle
Ob Mädchen oder Junge, ob reich oder arm: Bis 2030 soll jedes Kind eine Schulausbildung bekommen, die ihm einen späteren beruflichen Werdegang ermöglicht. Männer und Frauen sollen gleiche Bildungschancen haben, unabhängig von ethnischem oder sozialem Hintergrund und unabhängig von einer Behinderung.
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Ziel 5: Gleichberechtigung für Frauen
Frauen sollen gleichberechtigt am öffentlichen und politischen Leben teilnehmen können. Gewalt und Zwangsehen sollen der Vergangenheit angehören. Und weltweit sollen Frauen Zugang zu Verhütungsmitteln und Familienplanung haben. Letzteres sorgt für Kritik aus religiösen Kreisen.
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Ziel 6: Wasser als Menschenrecht
Rund zwei Milliarden Menschen weltweit haben keinen regelmäßigen Zugang zu sauberem Wasser. Etwa 850 Millionen Menschen haben noch nicht einmal eine Grundversorgung mit Trinkwasser. Bis 2030 sollen alle Menschen Zugang zu sauberem und bezahlbarem Trinkwasser und Sanitäranlagen bekommen. Wasserressourcen sollen nachhaltig genutzt werden.
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Ziel 7: Weltweite Energieversorung
Bis 2030 sollen alle Menschen Zugang zu Elektrizität und Energie haben, vorzugsweise aus erneuerbaren Energiequellen. Die globale Energieeffizienz soll verdoppelt, die Infrastruktur insbesondere in den ärmsten Ländern ausgebaut werden. Heute leben rund 675 Millionen Menschen ohne Stromversorgung.
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Ziel 8: Faire Arbeit für alle
Faire und soziale Arbeitsbedingungen weltweit, Jobchancen für Jugendliche und eine nachhaltige globale Wirtschaft. Punkt acht der neuen Entwicklungsziele gilt für Industrie- wie Entwicklungsländer und beinhaltet auch ein Ende von Kinderarbeit und die Einhaltung internationaler Arbeitsnormen.
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Ziel 9: Nachhaltige Infrastruktur
Eine bessere Infrastruktur soll eine wirtschaftliche Entwicklung fördern, von der alle profitieren können. Die Industrialisierung soll sozial und ökologisch nachhaltig sein, mehr und bessere Jobs schaffen und Innovationen fördern, die zur Nachhaltigkeit und sozialen Gerechtigkeit beitragen.
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Ziel 10: Eine gerechte Verteilung
Laut UN entfallen auf nur ein Prozent der Weltbevölkerung rund zwei Drittel des wirtschaftlichen Wachstums. Die Schere zwischen Arm und Reich geht immer weiter auseinander. Deshalb soll die internationale Entwicklungspolitik vor allem der ärmsten Hälfte der Bevölkerung und den ärmsten Ländern der Welt helfen.
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Ziel 11: Lebenswerte Städte
In den globalen Ballungszentren sollen Menschen- und umweltfreundliche Lebensräume mit bezahlbarem Wohnraum entstehen. Städte sollen nachhaltiger und grüner werden. Vor allem Entwicklungsländer sollen Unterstützung erhalten, um Städte gegen klimabedingte Naturkatastrophen widerstandsfähiger zu machen.
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Ziel 12: Nachhaltiger Konsum und Produktion
Recycling, Wiederverwertung der Ressourcen, Eindämmung der Müllmengen insbesondere in der Lebensmittelproduktion und beim Verbraucher: Alle stehen in der Verantwortung. Ressourcen sollen ökologisch und sozialverträglich abgebaut und eingesetzt werden und Subventionen für fossile Brennstoffe sollen auslaufen.
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Ziel 13: Klimawandel in den Griff bekommen
Die Notwendigkeit, sich global auf Maßnahmen zur Eindämmung und Anpassung an den Klimawandel zu verständigen, ist mittlerweile Konsens in der UN. Reichere Länder sollen ärmeren Ländern mit Technologie- und Finanztransfer unterstützen. Gleichzeitig sollen sie ihre eigenen Emissionen massiv senken.
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Ziel 14: Schutz der Weltmeere
Die Weltmeere stehen vor dem Kollaps. Maßnahmen gegen Überfischung, Zerstörung der Küstengebiete und der marinen Ökosysteme sollen durchgeführt, die Meeresverschmutzung durch Müll und Überdüngung deutlich abgebaut werden.
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Ziel 15: Stopp der Umweltzerstörung
Beim Schutz der Wassereinzugsgebiete, der Wälder und der Biodiversität wird den UN-Mitgliedstaaten dringend dazu geraten, die umfassende Umweltzerstörung aufzuhalten. Land, Wald und Wasserquellen sollen besser geschützt und der Umgang mit den natürlichen Ressourcen grundlegend geändert werden.
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Ziel 16: Rechte und Gesetze durchsetzen
Alle Menschen sollen vor dem Gesetz gleich sein. Durch nationale Institutionen und internationale Zusammenarbeit sollen Gewalt, Terror, Korruption und organisierte Kriminalität effektiv bekämpft werden. Bis 2030 sollen alle Menschen gleichberechtigten Zugang zur Justiz erhalten.
Bild: imago/Paul von Stroheim
Ziel 17: Eine solidarische Zukunft
Wie bereits in den Millenniumszielen festgeschrieben, sollen die reichen Länder endlich 0,7 Prozent ihres Bruttonationaleinkommens für die internationale Entwicklungszusammenarbeit bereitstellen. Deutschland gibt bereits 0,73 Prozent für Entwicklungshilfe aus.
Bild: Christoph Soeder/dpa/picture alliance
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"Bis Ende 2018 sollen mindestens zwei Milliarden Menschen die nachhaltigen Entwicklungsziele kennen, damit sie selber aktiv werden können". Das ist ambitioniert, gibt Xavier Longan zu.
Der Europachef der SDG Action Campaign der UN weiß: Das Wissen über den Aktionsplan für den Planeten, den die UN-Staaten 2015 verabschiedet haben, ist noch begrenzt. Mehr Nachhaltigkeit, Frieden und Wohlstand für alle können aber nur erreicht werden, wenn auch alle die Agenda mittragen.
Schon der Name ist eher umständlich: "SDGs" steht für Sustainable Development Goals - nachhaltige Entwicklungsziele - das klingt nicht besonders griffig.
Immerhin sind die Logos für die SDG-Kampagne schön bunt: Ein Rad mit farbenfrohen Speichen und bunte Quadrate mit Symbolen für die einzelnen Ziele. In Bonn sieht man sie derzeit auf Fahnen, die schon zum Stadtbild gehören. Wer Passanten fragt, was ihnen zu den SDGs einfällt, bekommt immerhin ein paar Antworten, die in die richtige Richtung gehen: "Irgendwas mit Umwelt" oder "Gegen Armut".
Bei einer Umfrage der OECD in ausgewählten Ländern gaben 2016 rund ein Viertel der Befragten an, etwas über die SDGs zu wissen. In Kenia und Nigeria waren es über 30 Prozent, in Indien sogar mehr als 40 Prozent.
Umfassende globale Umfragen aus allen Ländern gibt es noch nicht.
Klar ist - alle der 17 Ziele und 169 Unterziele der Agenda 2030 kennt kaum jemand genau. Darum startet am 1. März eine neue globale Kampagne zur Vermittlung der SDGs.
Schwer zu vermitteln
Die Agenda 2030 ist die neue Grundlage für alle Bereiche der UN - und entsprechend komplex.
"Als gesamte Agenda sind die Entwicklungsziele natürlich schwer zu vermitteln - so viele verschiedene Ziele, die alle zusammenhängen, und sich gegenseitig beeinflussen", sagt Felix Zimmermann, Koordinator des Netzwerks Entwicklungskommunikation bei der OECD in Paris.
"Aber über konkrete Inhalte kann man sehr gut sprechen - etwa über Armutsbekämpfung, Bildung oder Arbeitsplätze, denn damit kann jeder etwas anfangen."
So setzt etwa die SDG-Kampagne auf Menschen, die solche Inhalte sichtbar machen können und etwa auf Facebook erzählen, warum sauberes Wasser so wichtig ist oder auch Mädchen in die Schule gehen sollen.
Jugendoffensive mit Youtube und den Schlümpfen
Besonders wichtig ist es, junge Menschen zu erreichen, auch im Schulunterricht. In Frankreich, zum Beispiel, soll die Cartoonfigur Eric Schülern die nachhaltigen Ziele näher bringen. In Schweden ist ein populärer Youtube-Star jetzt Jugend-Botschafter für die SDGs. Und UNICEF hat seit kurzem die Schlümpfe als Werbeträger. In kurzen Videos können Kinder spielerisch lernen, worum es geht.
Xavier Longan ist optimistisch: "Die SDGs sind schon jetzt, nach etwas mehr als einem Jahr, bekannter als ihre Vorläufer, die MDGs (Millennium Development Goals), es waren."
Das läge auch daran, glaubt Longan, dass die SDGs nicht hinter verschlossenen Türen, sondern in einem transparenten Verfahren erarbeitet wurden. Außer Regierungen, Nichtregierungsorganisationen (NGOs) und weltweiten Experten haben auch mehr als 10 Millionen Bürger ihre Meinung eingebracht, unter anderem über Online-Plattformen wie myworld2030.org.
Grassroots und Innovation
Auch jetzt setzt die Kampagne auf lokale Partner und NGOs, um die Ziele zu vermitteln, so Longan. Die SDG Action Campaign stellt dazu kostenlos Materialien zur Verfügung, darunter Fotos sowie Virtual-Reality-Filme. Und bei einer Internationalen Konferenz in Bonn wird jetzt eine interaktive SDG-Spiele-App getestet.
Bis Ende 2018 sollen weltweit 700.000 freiwillige SDG-Aktivisten gewonnen werden, die in ihren Dörfern, Unis oder Vereinen für die globalen Ziele eintreten.
"Die Ziele bekannter zu machen, ist nur ein erster Schritt - vor allem geht es ja darum, dass die Ziele auch praktisch umgesetzt werden", so Felix Zimmermann von der OECD. Und für die praktische Umsetzung der universellen Agenda sei eben jeder gefragt, Regierungen, NGOs, Unternehmen und ganz normale Bürger.
Wie erreicht man Globalisierungsgegner?
Viele Länder haben schon begonnen, die UN-Agenda in nationale Politik umzusetzen - so wurde die deutsche Nachhaltigkeitsstrategie zum Beispiel entsprechend verändert. Doch auch die Herausforderungen wachsen.
Das Vertrauen von Bürgern in Regierungen und öffentliche Institutionen nimmt ab, das zeigen zum Beispiel Umfragen aus EU-Ländern. Dazu kommt eine wachsende Skepsis gegen Globalisierung, und nationalistische Bewegungen in immer mehr Ländern.
"Das Problem ist, dass Leute in den internationalen Institutionen oft nur mit Kollegen sprechen, wir bleiben in der Blase. So hat man keinen Überblick, was die Leute draußen wirklich denken", sagt Zimmermann. "Wie erreichen wir zum Beispiel Globalisierungsgegner? Darauf haben wir noch keine Antwort."