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Politik

Wer sitzt im Bundestag?

Mara Bierbach
24. Oktober 2017

Deutlich weniger Frauen als Männer und etwa zehn Prozent Menschen mit Migrationshintergrund. Kaum ein Abgeordneter ist ohne Abitur, viele haben Jura studiert. Ein demografischer Blick aufs deutsche Parlament.

Deutschland Plenarsaal des Bundestages wird umgebaut
Bild: picture-alliance/dpa/K. Nietfeld

Als der deutsche Bundestag am 24. Oktober 2017 in die 19. Legislaturperiode startet, da war das Parlament so groß wie nie zuvor: 709 Abgeordnete sitzen im Parlament, 78 mehr als in der letzten Legislaturperiode. Mit dem Neueinzug der AfD und dem Wiedereinzug der FDP gibt es jetzt sechs Fraktionen im Reichstags-Gebäude. Mehr als fünf Fraktionen saßen zuletzt in den Anfangsjahren der Bundesrepublik bis 1957 im Parlament. 

An Einfluss verloren haben vor allem die beiden Ex-Partner der großen Koalition. Die Union ist und bleibt zwar die größte Fraktion – ihr Anteil an den Abgeordneten des Bundestags ist aber stark gesunken. Zwar haben CDU und CSU nur 8,6 Prozent weniger Stimmen erhalten als 2013. Durch den Einzug der AfD und den Wiedereinzug der FDP ins Parlament sinkt der Unions-Anteil an den Abgeordneten im Parlament aber um fast 15 Prozent.

Deutlich weniger Frauen im Bundestag

Schon vor der Bundestagswahl war es absehbar, seit dem 24. September ist es offiziell: Die Frauenquote im Bundestag wird in den kommenden vier Jahren so niedrig sein wie zuletzt von 1994 bis 1998. Nur 219 von 709 Abgeordneten sind Frauen, also ein knappes Drittel. 

Damit liegt Deutschland zwar noch vor den USA, wo 19,6 Prozent der Kongressabgeordneten Frauen sind, aber deutlich hinter Ländern wie Frankreich (39 Prozent des Parlaments) und Spanien (40 Prozent des Abgeordnetenhauses).

Vor allem das Comeback der FDP und der Einzug der AfD in den Bundestag haben die Frauenquote stark gesenkt: nur 10 von 92 AfD-Abgeordneten sind Frauen. Bei der FDP sind 19 von 80 Abgeordneten weiblich.

Die CDU/CSU mag zwar von einer Kanzlerin geführt werden, im Bundestag ist sie jedoch deutlich von Männern dominiert: Ihr Frauenanteil ist um mehr als 5 Prozentpunkte gesunken auf 19,9 Prozent. 

Die drei Parteien mit dem höchsten Frauenanteil - Linke, Grüne und SPD - haben eine bindende Quote für ihre Parteilisten (40 Prozent bei den Sozialdemokraten, 50 Prozent bei Linken und Grünen), CDU/CSU, FDP und AfD hingegen nicht. 

Mehr Menschen mit Migrationshintergrund

Mindestens 58 Abgeordnete im neuen Bundestag haben laut Mediendienst Integration sowie DW-Recherche einen Migrationshintergrund, sprich sie oder mindestens eines ihrer Elternteile wurden ohne die deutsche Staatsbürgerschaft geboren. Das macht acht Prozent aller Abgeordneten. Im Vergleich: Etwa 22,5 Prozent der Bevölkerung in Deutschland sind Migranten oder haben einen Migrationshintergrund. 

Menschen mit Migrationshintergrund sind tendenziell stärker im linken Flügel des Bundestages vertreten. Fast 10 Prozent der SPD-Abgeordneten haben Migrationshintergrund, bei  Grünen und Linken sogar 14,9 Prozent und 18,8 Prozent. Bei der Union ist der Anteil am geringsten.

Von 92 AfD-Abgeordneten haben acht einen Migrationshintergrund. Darunter sind ein Südtiroler, zwei in Rumänien geborene Politiker, zwei ehemalige Asylsuchende aus der damaligen Tschechoslowakei, zwei Spätaussiedler aus Kasachstan sowie ein Deutscher mit einem afroamerikanischen Vater.

Laut Mediendienst Integration haben die meisten Abgeordneten mit Migrationshintergrund Wurzeln innerhalb der EU. Es folgen türkischstämmige Deutsche als größte Gruppe mit Wurzeln außerhalb der EU. Sechs von ihnen sind SPD-Mitglieder, fünf bei den Grünen und drei bei den Linken politisch beheimatet. Ein einziger Abgeordneter stammt ursprünglich aus Afrika, der im Senegal geborene Chemiker Karamba Diaby (SPD).

Kaum Abgeordnete unter 30

Mit 49,4 Jahren ist der neue deutsche Bundestag im Schnitt nur geringfügig jünger als der vorherige. Am stärksten vertreten ist die Altersgruppe der 45- bis 59-jährigen: Gut die Hälfte aller Parlamentarier sind in diesem Alter, in der wahlberechtigten deutschen Bevölkerung sind es lediglich 28,4 Prozent. Vor allem die 18- bis 29-Jährigen hingegen sind unterdurchschnittlich vertreten – nur 13 Abgeordnete sind unter 30.

Der jüngste Abgeordnete ist der 24-jährige Roman Müller-Böhm von der FDP, der jüngste erfolgreiche Direktkandidat ist der gleichalterige Philipp Amthor, der für die CDU in Mecklenburg-Vorpommern antrat. Von den elf Abgeordneten über 70 stammen acht von der AfD – unter ihnen auch Wilhelm von Gottberg, mit 77 der älteste Politiker im Bundestag. 

Über die Hälfte wiedergewählt

Fast sechzig Prozent der Abgeordneten im neuen Bundestag saßen bereits in der letzten Legislaturperiode im Parlament. Gerade bei Union und SPD, den zwei Parteien, die die meisten Stimmverluste verzeichnen mussten, ist die Zahl der Neuparlamentarier äußerst gering. 

Ein Blick darauf, was die Abgeordneten neben oder vor ihrer politischen Tätigkeit beruflich machen, zeigt, dass vor allem Akademiker im Bundestag zu sitzen. Während ganze 130 Abgeordnete einen akademischen Titel haben, so sitzen laut Deutscher Handwerkszeitung lediglich etwa 30 Handwerker im Parlament. Deutlich überdurchschnittlich repräsentiert im Parlament sind Juristen (mindestens 148 Abgeordnete), Wirtschaftswissenschaftler und Politologen. Über 30 Abgeordnete haben als Lehrer gearbeitet oder ein Lehramtsstudium absolviert, mindestens neun sind Humanmediziner. Zehn Abgeordnete sind Landwirte - mit 1,4 Prozent spiegelt das genau die Anzahl der Erwerbstätigen, die in Deutschland in der Landwirtschaft arbeiten.

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