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Wie kann Klimafinanzierung funktionieren?

Jennifer Collins
10. November 2022

Bei der Weltklimakonferenz in Ägypten geht es vor allem um finanzielle Hilfen für ärmere Länder. Nur so können sie sich an die Klimaerwärmung anpassen und Schäden abmildern.

Ein Mann steht knietief auf einer überschwemmten Strasse Kenia Flüchtlingslager Dadaab
Überschwemmungen und Dürren nehmen durch den Klimawandel weiter zuBild: Andreas Gebert/dpa/picture-alliance

Geld und Gerechtigkeit stehen dieses Jahr im Zentrum der Klimaverhandlungen in Ägypten. Länder mit niedrigem Einkommen, die kaum zur Erderwärmung beigetragen haben, drängen reichere Länder, Finanzmittel für eine klimafreundliche Zukunft bereitzustellen und Schäden der Klimakrise zu zahlen.

"Wir sind diejenigen, deren Blut, Schweiß und Tränen die industrielle Revolution bezahlt haben", so Mia Mottley, die Premierministerin des Inselstaats Barbados, zu den anwesenden Staatschefs bei der Weltklimakonferenz COP27  .

"Müssen wir deshalb jetzt die doppelte Last für die Treibhausgase der industriellen Revolution tragen?"

Ärmere Länder besonders im globalen Süden werden künftig mehrere Billionen Dollar pro Jahr benötigen, das zeigt ein neuer Bericht, beauftragt von Ägypten und dem Vereinigtem Königreich, dem aktuellen und vorherigen Gastgeber der Klimakonferenz.

Das Geld brauchen die Länder einerseits, um Emissionen zu reduzieren und sich an extreme Dürren, Hochwasser und Stürme in einer wärmeren Welt anzupassen, andererseits um die entstehenden Schäden bezahlen zu können. Die bisher zusagte Mittel sind bei weitem nicht ausreichend.

Aktivistinnen fordern Klimafinanzierung und Reparationszahlung von reichen LändernBild: Sean Gallup/Getty Images

Reiche Länder hatten versprochen, zwischen 2020 und 2030 jährlich 100 Milliarden Dollar bereitzustellen. Doch das ist bisher nicht geschehen. Ein höheres Finanzierungsziel bis 2025 ist eines der Verhandlungsthemen in Ägypten. Doch wo genau soll das Geld herkommen? 

Grüner Klimafond für am meisten betroffene Länder

Der Grüne Klimafonds (Green Climate Fund/GCF) ist eine Möglichkeit, die 100 Milliarden für vom Klimawandel besonders betroffene Länder bereitzustellen. Er wurde eingerichtet, um Ländern bei der Energiewende zu helfen und Projekte zur Anpassung an einen wärmeren Planeten zu finanzieren. Damit können etwa dürreresistente Samen an Bauern finanziert werden, oder das Anlegen von kühlenden Grünflächen, damit Städte Hitzewellen besser bewältigen. 

Private Unternehmen, öffentliche Institutionen oder Organisationen der Zivilgesellschaft müssen beim GCF akkreditiert sein, um sich für die Finanzierung zu bewerben. Der Fond selbst bekommt sein Geld aus öffentlichen Mitteln und vom Privatsektor.

Klimafinanzierung wird dringend gebraucht, zum Beispiel für den Bau von Solarparks.Bild: Ute Grabowsky/photothek/picture alliance

Angesichts der riesigen Summen, die benötigt werden, müssen für solche Fonds auch die enormen finanziellen Ressourcen des Privatsektors angezapft werden. UN-Experten haben eine Liste mit Projekten im Wert von 120 Mrd. USD veröffentlicht, die von Investoren unterstützt werden könnten, darunter Projekte für nachhaltige Energie und Landwirtschaft.

Soche Finanzhilfen können sowohl für die Unternehmen als auch für die vom Klimawandel betroffenen Menschen sinnvoll sein, sagt Jyotsna Puri vom Internationalen Fond für Landwirtschaftliche Entwicklung (IFAD), einer Einrichtung der Vereinten Nationen in Rom. Sie arbeitet an Armutsbekämpfung in ländlichen Regionen.

Das funktioniere, wenn Unternehmen sich etwa mit solchen Beiträgen auch selber öffentlich vermarkten könnten, beispielsweise "dank unseres Projektes haben wir die Resilienz der Region um 20 Prozent erhöht", so Puri gegenüber der DW.

Wie steht es um freiwillige Emissionsmärkte?

Viele einkommensschwache Länder hoffen auch darauf, über den Markt für sogenannte Emissionsgutschriften (Carbon Credits) an Gelder zu kommen. Der kenianische Präsident William Ruto kündigte auf der Weltklimakonferenz an, dass solche CO2-Gutschriften der nächste große Exportschlager seines Landes sein werden. 

Unternehmen oder Länder können Emissionsgutschriften kaufen, um die von ihnen ausgestoßenen Treibhausgase auszugleichen. Das Geld wird dann in Projekte wie Wind- oder Solarparks oder den Schutz von Kohlenstoffsenken wie Torfmooren oder Wäldern investiert.

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Zwar können laut einem weiteren UN-Bericht Emissionsgutschriften einkommensschwachen Ländern helfen, Geld für den Klimaschutz zu beschaffen. Doch sollten das nicht dazu führen, dass die Käufer sich dauerhaft mit Zertifikaten eindecken, statt ihre eigenen Emissionen zu reduzieren. Und sie sind kein Patentrezept. 

"Der freiwillige Kohlenstoffmarkt wird, wie jeder andere Finanzierungsmechanismus auf der COP27, nicht die magische Lösung für die Anpassung an den Klimawandel sein und alle notwendigen Finanzmittel bereitstellen", sagte Owen Hewlett, Chief Technical Officer bei der Gold Standard Foundation, einer zivilgesellschaftlichen Organisation für freiwillige Kohlenstoffmärkte.  

Reparationszahlungen für Klima-Schäden und Verluste

Besonders gefährdete und einkommensschwache Länder plädieren seit Langem für einen speziellen Fonds für Schäden und Verluste (Loss and Damage), der ihnen helfen soll, für Schäden durch den Klimawandel aufzukommen, beispielsweise wenn Hochwasser ein Dorf zerstört oder Dürre die Ernte und Lebensgrundlage der Menschen vernichtet. 

"Verluste und Schäden sind kein abstraktes Thema, über das man endlos diskutieren kann", so der kenianische Präsident William Ruto auf der Klimakonferenz. 

"Es ist unsere tägliche Erfahrung und der reale Alptraum für Millionen Kenianer und Hunderte von Millionen Afrikanern."

Schäden und Verluste wegen der Klimakrise sind schon längst Realität.Bild: Ed Ram/Getty Images

Die reicheren Industriestaaten haben sich bisher gegen die Idee gesträubt, einen speziellen Fonds für Verluste und Schäden einzurichten, weil sie befürchten, dass sie dadurch mit hohen Summen belastet werden könnten. Doch in diesem Jahr wurde das Thema zum ersten Mal auf die offizielle Agenda der Klimaverhandlungen gesetzt. 

Einige sehen den Fonds als eine Art Reparationszahlung von Industrieländern, die ihre Wirtschaft seit Jahren mit dem Verbrennen von Kohle Öl und Gas auf Kosten anderer Länder entwickelt haben, die nur wenig zum Klimawandel beigetragen haben. 

Der Fonds sollte nicht als Entwicklungshilfe betrachtet werden, sagte Emem Okon, Geschäftsführerin des nigerianischen Kebetkache Women Development and Resource Centre, einer gemeinnützigen Organisation zur Unterstützung von Frauen. 

"Die reichen Länder müssen Afrika, den Gemeinden vor Ort, das zurückgeben, was sie ihnen genommen haben", so Okon auf der Klimakonferenz im DW-Interview.  

Tausch, Schuldenerlass gegen Klimaschutz?

Ein Großteil der Klimafinanzierung für einkommensschwache Länder wird in Form von Darlehen und nicht in Form von Finanzhilfen gezahlt. Laut dem Stockholm Environment Institute (SEI), einer gemeinnützigen Denkfabrik, führt dies dazu, dass bereits verschuldete Länder noch tiefer in die Schuldenfalle geraten. 

Das SEI gehört wie die afrikanischen und pazifischen Inselstaaten zu den vielen Stimmen, die einen Schuldenerlass fordern. 

Schuldenerlass im Tausch für Naturschutz könnte beides: Das Schuldenproblem lösen und dem Klima helfenBild: Wolfgang Kaehler/Avalon/picture alliance

Eine Möglichkeit wäre das Tausch-Modell: "Schulden gegen Natur" oder "Schulden gegen Klima". Dabei wird ein Teil der Schulden eines Landes erlassen und in Naturschutzprogramme investiert, um wichtige natürliche Ressourcen wie Regenwälder oder Korallenriffe zu schützen. 

Wenn sich die Staaten nicht auf eine Form des Schuldenerlasses einigten, werde sich die Ungerechtigkeit im Zusammenhang mit dem Klimawandel weiter verschärfen, so Mark Bynoe, Umweltökonom beim Caribbean Community Climate Change Centre. "Unsere Länder sind schon heute so hoch verschuldet. Noch mehr Schulden wären fast nicht mehr zu verkraften."

 

Der Text wurde aus dem Englischen adaptiert.