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Wer verteidigt die Demokratie?

Laura Döing12. Dezember 2013

Ihr Aufruf gegen die digitale Massenüberwachung beherrscht die Schlagzeilen. Fast jedes deutsche Medium hat über die Forderungen der internationalen Autorengruppe berichtet. Doch was wird daraus?

Yes we scan / All your data belong to us Plakate
Bild: picture-alliance/dpa

Sie fordern, dass jeder Bürger das Recht haben sollte, mitzuentscheiden, in welchem Ausmaß seine persönlichen Daten gesammelt, gespeichert und verarbeitet werden. Die internationale Autorengruppe "Writers Against Mass Surveillance" sieht durch die Überwachung durch "Staaten und Konzerne" die "Unverletzlichkeit des Individuums" und damit die Demokratie in Gefahr. Zu den Unterzeichnern zählen viele Prominente aus aller Welt. Sogar Literaturnobelpreisträger sind darunter: Günter Grass, Orhan Pamuk, Elfriede Jelinek, Tomas Tranströmer, J.M. Coetzee. Außerdem international bekannte Autoren wie Umberto Eco, T.C. Boyle, Javier Marias, Henning Mankell und Liao Yiwu. Ihr im Geheimen geplanter Aufruf richtet sich sowohl an die Vereinten Nationen als auch an die Regierungen der Welt, die etwas dagegen unternehmen sollen, dass unschuldige Menschen wie Verdächtige ausgespäht werden. Die Reaktionen darauf: fast keine.

In den internationalen Medien gab es kaum eine Regung: In Brasilien, wo immerhin acht Unterzeichner des Aufrufs ihre Heimat haben, haben gerade einmal die Tageszeitung "O Globo" und eine Fachzeitschrift für Informatik darüber berichtet. In anderen Ländern fiel die Bilanz ähnlich aus. Der Mitunterzeichner und Schriftsteller Georgi Gospodinov zeigte sich bestürzt über die schwache Resonanz in seinem Heimatland Bulgarien. Dort hätte kein einziges Printmedium den Aufruf erwähnt.


Antworten bleiben aus

Die deutsche Bundesregierung gibt auf Anfrage keine Stellungnahme zu den Forderungen der Autoren ab. Auf öffentliche Aufrufe reagiere es nicht, so das Bundespresseamt. Dies sei gängige Praxis – egal bei welchem Thema. Dabei hatte sich die deutsche Schriftstellerin Juli Zeh, eine der Initiatorinnen der Aktion, endlich Antworten gewünscht. Bereits im September übergab sie der Bundeskanzlerin Angela Merkel rund 67.000 Unterschriften von Bürgern, die in einer Petition eine angemessene Erklärung in der NSA-Affäre forderten. Doch auch diese blieb aus.

Antworten auf den weltweiten Autorenaufruf wie die von Sigmar Gabriel, dem Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD), kamen in der Öffentlichkeit nicht besonders gut an. Auf seiner Facebook-Seite lobte Gabriel die "wunderbare und beeindruckende" Aktion. Dabei ließ er völlig außer Acht, dass seine Partei in einer möglichen großen Koalition mit der Christlich Demokratischen Union (CDU) angekündigt hat, die Telefon- und Internetdaten aller Bürger speichern zu wollen.

Dieser Facebook-Post von Sigmar Gabriel wurde stark kritisiert

Der weltweite Aufruf ist einmalig: Noch nie waren sich so viele Autoren einig. Josef Haslinger, einer der Initiatoren und Präsident des PEN-Zentrums Deutschland, ist deshalb trotz der ausbleibenden Reaktion der deutschen Regierung zufrieden. Die Autoren hätten sich für eine Sache stark gemacht, die schon längst überfällig gewesen sei. Sie war absichtlich offen gehalten, richtete sich nicht an eine bestimmte Regierung. So hätten möglichst viele Autoren aus unterschiedlichen Ländern unterzeichnen können.

Bisher haben sich rund 89.000 Menschen an dem Aufruf beteiligt und online unterschrieben. Genau das sei das Ziel der Initiatoren, so Haslinger. Eine Sensibilisierung der Öffentlichkeit sei erreicht. Das internationale PEN-Zentrum wolle das Anliegen der Autoren auch der UNO vortragen - wie und wann sei noch nicht bekannt. Für Juli Zeh ist mit der Veröffentlichung nur eine erste Etappe geschafft: "Die nächsten Schritte müssen die Bürger schon selbst machen."

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