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Politik

Wer war Thailands König Bhumibol?

26. Oktober 2017

Der thailändische König Bhumibol Adulyadej ist tot. Er war seit 1946 Staatsoberhaupt. Fachleute sind uneins, welchen Einfluss er tatsächlich hatte. War er ein unpolitischer Heiliger oder die graue Eminenz der Politik?

König Bhumibol im Rollstuhl und in Uniform (Foto: Getty Images/AFP/C. Archambault)
Bild: Getty Images/AFP/C. Archambault

Die thailändische Gesellschaft ist tief gespalten. Die Regierung wechselt auf Druck der Straße oder durch Putsche des Militärs alle paar Jahre. Nur in einer Sache waren und sind sich die verfeindeten Kräfte weitgehend einig: In der Verehrung ihres Königs.

Bhumibol Adulyadej galt vielen Thais als Heiliger und Garant für die Einheit des Landes. Er war zugleich Staatsoberhaupt und höchster buddhistischer Würdenträger.  Am Donnerstag (13.10.2016) ist König Bhumibol im Alter von 88 Jahren gestorben. Die zentrale Identifikationsfigur der Thailänder hinterlässt ein großes gesellschaftliches Vakuum.

Durch Europa geprägt

Dabei war die Macht des thailändischen Königshauses fast erloschen, als Bhumibol 1946 zum Regenten wurde. Regierungsbeamte und Soldaten hatten 14 Jahre zuvor die absolute Monarchie mit einem Putsch beendet und durch eine konstitutionelle ersetzt. Die Macht des Königs wurde auf repräsentative Aufgaben beschränkt.

Nach dem bis heute unaufgeklärten Tod seines älteren Bruders Ananda - er war mit einer Kugel im Kopf tot in seinem Schlafzimmer aufgefunden worden - bestieg der gerade 18-jährige Bhumibol als König Rama IX. den thailändischen Thron. Seine Kindheit und Jugend hatte er zuvor in der Schweiz verbracht, wo er Französisch, Latein und Deutsch studierte. Er liebte das Skifahren und entwickelte eine Leidenschaft für schnelle Autos und amerikanische Musik. Zu Beginn seiner Regentschaft war ihm Europa vertrauter als seine Heimat Thailand.

Bis zum Schluss haben viele Thailänder für den schwer kranken König gebetetBild: Reuters/C. Subprasom

Der sagenhafte Aufstieg Bhumibols

Trotzdem gelang es Bhumibol mit Unterstützung seines Hofstaats, in den folgenden Jahren zur wichtigsten Instanz des Landes aufzusteigen. Er setzte dabei nicht auf direkte politische Macht, die ihm als konstitutionellem Monarchen auch verwehrt war, sondern auf die jahrhundertealte Tradition des guten Herrschers oder Dharmarajas. Ein Dharmaraja ist ein selbstloser König, der sein Volk gemäß dem ethischen Kodex des Buddhismus leitet und führt. Die Macht des Königs stützt sich auf sein Charisma und seine moralische Autorität.

Bhumibol hatte mit dieser Strategie überwältigenden Erfolg. Bis heute prägen drei Grundsäulen die thailändische Gesellschaft: Nation, Religion, König. Die Worte des Königs hatten oft mehr Gewicht als die Gesetze. Eine einfache Geste von Bhumibol konnte Politikerkarrieren beenden.

Bis heute glauben viele Thailänder an das Bild des selbstlosen Königs, der nur im Interesse und zum Wohle des Volkes gehandelt hat. Bhumibol mischte sich immer wieder aktiv in die Politik ein. So erzwang er etwa 1992 die Versöhnung des Premierministers und seiner Kontrahenten, nachdem Hunderte Demonstranten getötet worden waren. Nach diesem letzten sichtbaren Eingreifen Bhumibols übte er hinfort seine Macht indirekt aus.

Der wahrscheinliche Nachfolger: Kronprinz VajiralongkornBild: Getty Images/AFP/P. Kittiwongsakul

Totale Kontrolle des Meinungsbildes

Der König konnte sich dabei jederzeit auf die Prinzen der Königsfamilie, den von ihm eingesetzten Kronrat und seine guten Verbindungen zum Militär verlassen. Mit erheblichem Aufwand und großer Sorgfalt wurde der König in Szene gesetzt. In Schulen, Geschichtsbüchern und den Medien wurde das selbstlose Image des Dharmarajas unermüdlich wiederholt. In den ersten Jahrzehnten seiner Regentschaft gab es kein Bild oder Foto, auf dem der König lächelte. Das sollte seine Ernsthaftigkeit und Opferbereitschaft unterstreichen. Darüber hinaus inszenierte das Königshaus Bhumibol als Ingenieur, Jazzmusiker, Segler und Maler, der es in all diesen Betätigungen zur Meisterschaft brachte. Ein rigides Gesetz stellt Majestätsbeleidigung unter Strafe und trug viele Jahre zur gleichsam magischen Aura des Regenten bei, denn es verbietet jede noch so vorsichtige Kritik an König oder Königshaus.

Auch wirtschaftlich spielte das Königshaus in Thailand eine wichtige Rolle. Mit Hilfe des so genannten Crown Property Bureau (CPB) brachte es Schlüsselindustrien wie die Herstellung von Zement unter seine Kontrolle. Das CPB verwaltet die königlichen Besitztümer und das so erfolgreich, dass das thailändische Königshaus bis heute zu den reichsten der Welt gehört.

Allerdings war das Engagement des Königshauses nicht ausschließlich auf wohldosierte Öffentlichkeitsarbeit und Vermögensbildung ausgerichtet. Bhumibol brachte eine Reihe von Entwicklungsprojekten voran, etwa im Wassermanagement, die den ärmsten Teilen der Bevölkerung zu Gute kamen. Seine größte Leistung bleibt aber sicherlich, dass er stets die Rolle einer Identifikationsfigur für alle Thailänder aufrechterhalten konnte.

Trotz der Verehrung für den König waren diese Demonstranten nicht einverstanden mit Haftstrafen für Studenten wegen angeblicher MajestätsbeleidigungBild: Reuters/Damir Sagolj

Der Versöhner profitiert von der Teilung

Kritiker warfen Bhumibol und dem Königshaus allerdings vor, die Einheit des Landes nur symbolisch zu gewährleisten. Die tiefergehenden Verwerfungen der thailändischen Gesellschaft resultieren aus einer ungesunden Mischung aus teils demokratisch legitimierten Institutionen, teils feudalen Strukturen, sowie der Einmischung des Militärs in die Sphäre der Politik. Der König habe sich diese konfliktträchtigen Strukturen zu Nutze gemacht und gefördert, um seine Macht zu erhalten. Im Grunde, so der Biograf Paul M. Handley, misstraute Bhumibol nämlich dem Modell der westlichen Demokratie und dem Kapitalismus. Stattdessen glaubte er an die vereinigende und heilbringende Kraft eines Dharmarajas.

Mit König Bhumibol ist nun der Dharmaraja gestorben, und es ist zweifelhaft, dass jemand die gleiche integrative Kraft wie Bhumibol aufbringen kann. Der inzwischen als Nachfolger bestikkte Kronprinz Vajiralongkorn (Jahrgang 1952) genießt wenig Ansehen im Volk. Nach der Einäscherung Bhumibols, die am 26. Oktober nach einjähriger Trauerzeit vollzogen wird, wird der neue Monarch gekrönt. Bhumibol hinterlässt eine tief gespaltene Gesellschaft, deren Konflikte der König zwar symbolisch überdecken, aber niemals lösen konnte oder wollte.

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