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Wer wird Kirchners Nachfolger?

22. November 2015

Machtwechsel oder weiter wie bisher: darüber haben die Argentinier bei der Präsidentenwahl entschieden. Zur Stichwahl traten der konservative Mauricio Macri und der Regierungskandidat Daniel Scioli an.

Argentinien: Wahlkampf-Plakate zeigen das Konterfei von Daniel Scioli (Foto: Reuters/M. Brindicci)
Bild: Reuters/M. Brindicci

Vor einigen Wochen sah noch alles nach einer klaren Sache für Daniel Scioli aus. Der Gouverneur der Provinz Buenos Aires war von der amtierenden Präsidentin Cristina Fernandez de Kirchner persönlich zum Kandidaten der Regierungskoalition Frente para la Victoria (Siegesfront, FpV) ernannt worden. Scioli galt als haushoher Favorit auf die Nachfolge von Kirchner, die nach zwei Amtszeiten nicht mehr kandidieren durfte.

Umfragen sahen den 58-Jährigen vor der ersten Wahlrunde am 25. Oktober deutlich in Front. Doch überraschenderweise lag Scioli nach Auszählung der Stimmen nur drei Prozent vor seinem schärfsten Rivalen, dem konservativen Bürgermeister der Hauptstadt Buenos Aires, Mauricio Macri. Inzwischen scheinen sich die Kräfteverhältnisse sogar zugunsten des 56-Jährigen Macri verschoben zu haben.

Auszählungsergebnisse in der Nacht zum Montag erwartet

Jüngste Umfragen vor der Stichwahl sahen den Kandidaten der Opposition mit mindestens vier Prozentpunkten in Führung - einige prognostizieren sogar einen Vorsprung von bis zu zwölf Prozent. Entscheidend dürften die Stimmen derer sein, die in der ersten Runde im Oktober den drittplatzierten Sergio Massa wählten. Der wollte keine Empfehlung geben, erklärte jedoch, selber Macri wählen zu wollen.

Liegt vor der Stichwahl in den Umfragen in Front: Mauricio MacriBild: Reuters//Let's Change Party

Glaubt man dem Chefstrategen im Wahlkampfteam von Macri, Marcos Pena, wünscht sich die Mehrheit der Argentinier nach 13 Jahren "Kirchnerismus" einen Wechsel an der Staatsspitze. "Unsere stärksten Gegner in der ersten Wahlrunde waren nicht Scioli und Massa, sondern Resignation und Furcht, Frust und das Gefühl, dass sich dieses Land niemals ändern wird, dass das einfach nicht möglich ist", sagte Pena im Gespräch mit der DW.

32 Millionen Wähler waren zur Abstimmung aufgerufen. In Argentinien herrscht für Bürger zwischen 18 und 70 Jahren Wahlpflicht. Erste Ergebnisse werden um 20 Uhr Ortzeit (Mitternacht MEZ) erwartet.

Schwere Aufgaben für den künftigen Präsidenten

Scioli steht für die Fortführung des "Kirchnerismus", der sich selbst in der Tradition des linkspopulistischen Neo-Peronismus sieht. Eine Politik, die sich für Sozialprogramme sowie die Verbesserung des Bildungs- und Gesundheitssystems stark macht. Die konservative Opposition und ihre Anhänger wiederum sehen darin das korrupte System einer populistischen Präsidentin, die dem Land eine galoppierende Inflation und stagnierendes Wirtschaftswachstum beschert hat.

Nach offiziellen, allerdings umstrittenen Angaben beträgt die Inflation tatsächlich rund 15 Prozent, andere Analysen sprechen sogar von rund 25 Prozent. In der Bevölkerung ist die Angst vor einem weiteren Kursverfall der Landeswährung und einer neuen Finanzkrise groß. Zumal das Wachstum nach mehreren starken Jahren 2014 nur noch um 0,5 Prozent angestiegen ist. Für 2015 wird ein Wachstum von nur noch 0,4 Prozent erwartet, im Jahr darauf sogar ein Minus von 0,7 Prozent.

Sozialstaat gegen Neoliberalismus

Mit einer neoliberalen Wirtschaftspolitik will Macri gegensteuern und Argentinien aus der Krise führen. Gleichwohl verspricht auch er, wie sein Kontrahent Scioli, die Sozialprogramme weiterzuführen. Scioli und seine Anhänger bezweifeln das. "Es ist offensichtlich, dass er einen Pakt mit dem Teufel geschlossen hat, mit den ausländischen 'Aasgeierfonds' und dem Internationalen Währungsfonds, der darauf drängt, dass wir die staatliche Hilfsgelder streichen", sagte Scioli auf seiner letzten Wahlkampfveranstaltung in der vergangenen Woche.

Wie auch immer die Stichwahl ausgeht, zwei Dinge stehen jetzt schon fest: Die Ära des Kirchner-Clans, der 13 Jahre die Politik Argentiniens bestimmte, geht zu Ende. Christina Fernandez de Kirchner, die ihren Mann Nestor 2007 im höchsten Staatsamt ablöste, wird durch die Verfassung zum Rückzug aus der Politik gezwungen. Und sie hinterlässt ihrem Nachfolger ein wirtschaftlich angeschlagenes und politisch gespaltenes Land.

Warnt vor der Wirtschaftspolitik seines Kontrahenten: Daniel ScioliBild: Reuters/M. Brindicci

ww/rb (epd, dpa, dw)

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