Trostlos wie die Atmosphäre im leeren Stadion präsentiert sich Werder Bremen zum Abschluss des 26. Bundesliga-Spieltags gegen Bayer Leverkusen. Der ehemalige Spitzenklub bleibt vieles schuldig und taumelt gen Abstieg.
Anzeige
Viele leichte Fehler im Aufbau, kein Flügelspiel, schwache Verteidigung bei Standards und hohen Bällen, wenig Tempo und - wenn es dann tatsächlich mal eine der seltenen Tormöglichkeit gab - auch noch mangelnde Chancenverwertung. Im Grunde hat Werder Bremen im "Geister-Montagabendspiel" gegen Bayer 04 Leverkusen (1:4) alles gezeigt, was es braucht, um aus der Bundesliga abzusteigen.
Dabei hatte vor der Partie bei den Grün-Weißen durchaus noch Hoffnung bestanden: "Die elektrisierende Stimmung auf den Straßen, die man sonst vor jedem Bundesligaspiel merkt, die war natürlich heute nicht da", räumte Werder-Trainer Florian Kohfeldt vor dem Anpfiff bei DAZN ein, schob aber direkt nach: "Aber die innere Anspannung im Bus, die war sehr hoch. Ich bin mir sicher, dass wir auch die Anspannung auf den Platz bringen werden."
Trostloser Auftritt
Taten folgten nach dieser Ansage aber so gut wie keine. Die Leverkusener, deren Trainer Peter Bosz in der Startelf auf den erst 17-jährigen Debütanten Florian Wirtz vertraute (dazu unsere Bildergalerie am Ende dieses Textes), hatte das Spiel mehr oder weniger über die gesamte Spielzeit im Griff. Nur nach dem einzigen Werder-Tor des Abends zum zwischenzeitlichen 1:1 nach einer halben Stunde wirkten die Bremer kurz selbstbewusst. Ansonsten war ihr Spiel ähnlich trostlos wie die Atmosphäre in der leeren Arena.
Und als Erklärung für die hohe Heimniederlage kamen anschließend nur Phrasen, die ebenfalls eine gewisse Hilflosigkeit offenbarten: "Leverkusen hat eine sehr gute Mannschaft mit viel Qualität", sagte Bremens Kapitän Niklas Moisander auf DAZN. "Wir haben alles gegeben, aber es hat nicht gereicht." Kampfgeist, ein Aufbäumen gegen die drohende Pleite war zuvor auch auf dem Platz meist nicht zu sehen gewesen.
Bremen ist mit dem ersten Spiel nach der Corona-Zwangspause gleich wieder dort, wo es vorher schon war: Tief im Abstiegskampf. Der erhoffte Reset durch die Pause, der Start einer Aufholjagd, er blieb aus. Und nach der siebten Heimpleite in Folge wird es auch immer schwieriger sich vorzustellen, dass es insgesamt noch reichen könnte für den einstigen Spitzenklub und vierfachen deutschen Meister. Zu schwach war der Auftritt, zu prekär ist die Gesamtsituation acht Spieltage vor Schluss - auch wenn Bremen wegen des Nachholspiels gegen Eintracht Frankfurt eine Partie mehr vor der Brust hat, also noch neun Chancen besitzt, zu punkten.
Ende einer Ära?
Bremen ist mit nur fünf Zählern schwächstes Heimteam der Liga. Die Bremer haben den zweitschwächsten Angriff (27 Tore) und die schlechteste Abwehr der Liga (59 Gegentore). Allein 18-mal landete der Ball nach Standard-Situationen im Werder-Tor. Der Relegationsplatz, derzeit gehalten von Fortuna Düsseldorf, ist fünf Punkte entfernt, das rettende Ufer bereits neun Zähler. Werder ist seit 1981 ununterbrochen in der 1. Liga, eine Ära, die im Sommer nach fast 40 Jahren wohl zu Ende gehen wird.
Schwacher Trost kam vom überlegenen Gegner, auch wenn das Gesagte die Werderaner kaum trösten wird, denn nichts ist schlimmer als Mitleid. "Man muss Bremen respektieren. Das sind tolle Jungs, ein großer Verein", lobte Leverkusens Torschütze zum 4:1-Endstand, Kerem Demirbay, den Gegner im TV-Interview, nachdem er zuvor einige Minuten lang hatte erklären dürfen, wo sein eigenes Team überall besser gewesen war. Es klang schon ein wenig wie ein Abgesang.
Die zehn jüngsten Bundesliga-Spieler
Da der Kader wegen zahlreicher Coronafälle dezimiert ist, muss Bayern-Trainer Julian Nagelsmann auf die Jugend setzen. So kommt der 16-jährige Paul Wanner zum Bundesliga-Debüt und wird zweitjüngster Spieler der Liga.
Bild: Frank Hoermann/SvenSimon/picture alliance
Jürgen Friedl - 17 Jahre, 26 Tage
Als sich Frankfurts Torwart am 20. März 1976 im Heimspiel gegen Hannover 96 (5:1) verletzt, kommt Friedl - damals nur vierter Torhüter der Eintracht - zum Einsatz. Er ist fast 30 Jahre lang jüngster Spieler der Bundesliga, bis Sahin ihn ablöst. Friedl macht nur drei Bundesliga-Spiele, gewinnt aber alle drei. Mit 1,75 Metern ist er der Eintracht zu klein für einen weiteren Profi-Vertrag.
Bild: picture-alliance/dpa
Florian Wirtz - 17 Jahre, 15 Tage
Sein Name geht schon einige Zeit vor seinem Bundesliga-Debüt durch die Medien. Der Grund: Der Wechsel vom 1. FC Köln zum Lokalrivalen Bayer 04 Leverkusen verläuft nicht ohne Getöse. Die Kölner sind sauer, dass der Werksklub ihnen ein großes Talent wegnimmt. In Leverkusen überzeugt Wirtz Trainer Peter Bosz schnell von seinen Fähigkeiten. Gegen Bremen steht er am 18. Mai 2020 erstmals auf dem Feld.
Bild: Imago Images/Poolfoto
Yann Aurel Bisseck - 16 Jahre, 362 Tage
Der Innenverteidiger debütiert am 26. November 2017 unter Trainer Peter Stöger gegen Hertha BSC (0:2). Insgesamt kommt Bisseck in seiner ersten Profi-Saison nur auf drei Bundesliga-Einsätze. Nach dem Abstieg des FC wird er nicht mehr berücksichtigt und wechselt zu Holstein Kiel, wo er sich ebenfalls nicht durchsetzen kann. Mittlerweile spielt er für Aarhus GF in Dänemark.
Bild: picture-alliance/dpa/T. Eisenhuth
Nuri Sahin - 16 Jahre, 335 Tage
Wegen finanzieller Probleme setzt Borussia Dortmund in der Saison 2005/06 vermehrt auf Jugendspieler. Coach Bert van Maarwijk zieht Sahin aus der B-Jugend zu den Profis hoch und bringt ihn am 1. Spieltag in Wolfsburg (Foto) direkt in der Startelf. Sahin spielt mit Unterbrechungen insgesamt zehn Jahre für die BVB-Profis (2005-2007, 2008-2011, 2013-2018).
Bild: Imago Images
Iker Bravo - 16 Jahre, 298 Tage
Iker Bravo, ausgebildet in der Masia des FC Barcelona, wechselt im Sommer 2021 zu Bayer Leverkusen. Am 7. November wird er beim Auswärtsspiel bei Hertha BSC eingewechselt und feiert sein Bundesliga-Debüt. Kurzzeitig ist er damit der zweitjüngste Bundesligaspieler der Geschichte. Doch nur sieben Minuten später kommt ein noch jüngerer Mannschaftskollege ins Spiel und verdrängt ihn.
Bild: Chai v.d. Laage/imago images
Zidan Sertdemir - 16 Jahre, 276 Tage
Es ist Zidan Sertdemir, ein Däne mit türkischen Wurzeln, geboren am 2. April 2005. Er ist Mittelfeldspieler und läuft in der U17 für Dänemark auf. Im Sommer 2021 wechselt er von der Reserve des FC Nordsjaelland zur Werkself nach Leverkusen, wo er in seiner ersten Saison meist in der U19-Bundesliga spielt und beim Herrenteam in der Bundesliga auf der Bank sitzt.
Bild: Christopher Neundorf/imago images
Sidney Raebiger - 16 Jahre, 266 Tage
Als das Spiel gegen den FSV Mainz 05 beim Stand von 4:1 entschieden ist, wechselt Leipzigs Trainer Domenico Tedesco in der 87. Spielminute den 16-jährigen Sidney Raebiger ein. Sein Debüt im Profifußball ist dieser erste Bundesligaeinsatz am 8. Januar 2022 aber nicht. Schon am 7. August 2021 steht er in der 1. Runde des DFB-Pokals für ein paar Minuten auf dem Platz.
Bild: Jan Huebner/imago images
Tom Bischof - 16 Jahre, 264 Tage
Am 19. März 2022 wird Tom Bischof durch seine Einwechslung im Spiel bei Hertha BSC zum jüngsten Hoffenheimer Bundesliga-Spieler und gleichzeitig zum drittjüngsten Spieler der gesamten Liga-Historie. Zwar geht das Spiel mit 0:3 verloren, doch Bischof ist nach seinem Debüt trotzdem voller Freude: "Als ich den Rasen betreten habe, hat sich ein Traum für mich erfüllt", sagt der Mittelfeldspieler.
Bild: Guido Kirchner/dpa/picture alliance
Paul Wanner - 16 Jahre, 15 Tage
Zum Rückrundenauftakt 2022 gegen Borussia Mönchengladbach ist die Personalnot beim FC Bayern groß. Coronavirus, Afrika-Cup und Verletzungen dezimieren den Kader. So kommt der 16-jährige Paul Wanner zum Einsatz, der normalerweise in der U17 der Münchener spielt. In der 75. Spielminute wird er eingewechselt und zum zweitjüngsten Bundesligaspieler aller Zeiten.
Bild: Frank Hoermann/SvenSimon/picture alliance
Youssoufa Moukoko - 16 Jahre, 1 Tag
Seit Jahren schon spielt Youssoufa Moukoko mit viel älteren Mitspielern, bevor er am 21. November 2020 in der Bundesliga debütiert: Mit 13 ist er Teil der Dortmunder U17, mit 15 tritt er in der U21 des BVB an. Dank einer Regeländerung darf der torgefährliche Angreifer als 16-Jähriger dann auch in der Bundesliga ran. Einen Tag nach seinem Geburtstag wechselt ihn Lucien Favre gegen Hertha BSC ein.