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Werth: "Im Sattel habe ich meine Ruhe"

17. August 2016

Mit Team-Gold und Einzel-Silber kürt sich Isabell Werth zur erfolgreichsten Reiterin der Olympia-Geschichte. Im DW-Gespräch lobt sie die Rio-Organisatoren und denkt bereits an die nächsten Spiele in Tokio 2020.

Brasilien Rio de Janeiro Olympia 2016 Dressurreiten Isabell Werth (Foto: Getty)
Bild: Getty Images/R. Carr

DW: Isabell Werth, Ihr Weg zu Ihrer neunten und vorerst letzten Olympiamedaille, Silber in der Einzel-Dressur, war ein sehr schweißtreibender…

Isabell Werth: Das war in der Tat so, da blieb keine Faser trocken. Gefühlt waren es 45 Grad auf dem Parcours (tatsächlich zeigte das Thermometer 33 Grad an, Anm. D. Red.). Es waren sehr anstrengende Verhältnisse, auch für die Pferde. Mal war es kalt und stürmisch, mal sehr heiß. Man hat hier in Rio aber gesehen, dass die Pferde besser in der Lage sind, sich den unterschiedlichen klimatischen Verhältnissen anzupassen, als der Mensch. Und: Die Bedingungen hier in Rio waren sehr gut. Der Horse Park war exzellent, einer der besten, die ich bisher gesehen habe. Das hat uns alle überrascht.

Sie sind jetzt die erfolgreichste Reiterin in der Olympia-Geschichte. Macht Sie das stolz?

Das macht mich natürlich stolz. Da hat sich eine schöne Medaillen-Sammlung zusammengetragen. Ich bin sehr glücklich, das mit unterschiedlichen Pferden erreicht zu haben. Es sah Anfang dieses Jahres nicht so grandios aus. Meine Spitzenpferde Bella Rose und Don Johnson fielen aus. Dann musste ich mich auf ein junges Pferd konzentrieren, Weihegold, die das fantastisch umgesetzt hat. Wir hatten eigentlich nur ein halbes Jahr für die gemeinsame Abstimmung. Von daher war Silber hier das Optimum, mehr war nicht drin.

"Hundertprozentig happy": Nach einem engen Finale im Einzel holt Werth Silber im EinzelBild: picture-alliance/dpa/F. Gentsch

Sie haben inzwischen ja auch deutlich jüngere Konkurrenz. Hätten Sie angesichts dessen mit zwei Medaillen in Rio gerechnet?

Ich wusste, dass wir mit einer sehr guten, aber auch sehr unterschiedlichen Mannschaft nach Rio fahren. Mit jungen und älteren Pferden, mit erfahrenen und weniger erfahrenen Reitern. Die spannende Frage war: Können wir das, was sich auf dem Papier im Vorfeld abgezeichnet hat, hier auch abrufen? Wir haben uns sehr geschlossen präsentiert. Und dass ich im Einzelwettbewerb dann noch Silber hole, macht mich hundertprozentig happy. Denn es war sehr eng im Finale, ich hätte auch nur Fünfte oder Sechste werden können.

Bis zu diesem Erfolg haben Sie einen langen Weg hinter sich: Ihre ersten Olympischen Spiele waren 1992 in Barcelona. Wie hat sich der Reitsport seitdem verändert?

Es hat sich ganz viel verändert. Die Zucht hat die Pferde extrem verbessert. Die Leistingsdichte ist ungleich höher geworden. Schon in Barcelona sind wir mit einer starken Mannschaft angetreten. Aber damals kam nach Deutschland erst einmal lange nichts und dann kamen die anderen Nationen. Heute entscheidet die Tagesform. Die anderen Nationen haben stark aufgeholt. Die US-Amerikanerinnen sind sehr stark, die Niederlande ebenso, auch wenn sie hier einen schwächeren Wettkampf hatten. Der Reitsport ist globaler geworden und insgesamt auf einem guten Weg.

Wie geht Ihr Weg jetzt weiter?

Jetzt mache ich erst mal Pause. Im September geht es dann weiter mit Turnieren und der Hallensaison.

Wie lange tun Sie sich den Leistungssport noch an?

Ach, das kann ich noch eine Weile. So lange ich reite, ist die Welt im Döschen. Im Sattel habe ich meine Ruhe. Das Drumherum ist natürlich manchmal etwas anstrengend. Aber letztlich ist das nicht nur meine Passion, sondern auch mein Beruf. Durch meine Erfahrung kann ich inzwischen auch gut mit dem Druck umgehen. Ich befinde mich sicherlich im letzten Drittel meiner Karriere, das ist klar. Aber so lange ich wettkampffähig bin und diese wunderbaren Pferde habe, werde ich den Reitsport noch weiter genießen. Aber ob ich jetzt noch drei oder fünf Jahre dranhänge, wird ganz davon abhängen, wo ich mich sportlich aufhalten kann. Die Spiele in Tokio 2020 sind nicht ausgeschlossen. Das wäre ein guter Rahmen, um die Dinge zum Abschluss zu bringen. Aber das lasse ich in Ruhe auf mich zukommen, noch bin ich ja nicht die älteste Reiterin im Feld.

Goldenes Quartett: Im Team holen die deutschen Reiter den Olympiasieg - wieder einmal...Bild: picture-alliance/dpa/F. Gentsch

Isabell Werth, geboren 1969 am Niederrhein, ist die erfolgreichste Reiterin der Olympiageschichte. Die deutsche Dressur-Spezialistin wuchs in einer landwirtschaftlich geprägten Familie auf und kam so schnell in Kontakt mit Pferden. Nach Anfängen im Springreiten brachte sie die deutsche Reitsportlegende Uwe Schulten-Baumer zur Dressur. Bereits 1992, bei ihren ersten Olympischen Spielen, holte sie Gold und Silber. Daneben studierte sie Jura und arbeitete später als Rechtsanwältin. Auch nach den Spielen von Rio will Werth ihre Karriere fortsetzen.

Das Interview führte Joscha Weber.

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