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Politik

CFA: Zwist um Währungsunion

Martina Schwikowski
30. Januar 2019

Junge Afrikaner gratulieren Italiens Vizepremier Di Maio zur Frankreich-Kritik: Der west- und zentralafrikanische CFA-Franc treibe Afrikaner in die Migration, sagte der. Doch eine Ablösung vom Euro ist nicht so einfach.

Geldumtausch in Westafrika
Bild: AP

Endlich einer, der es laut ausspricht. So reagierten DW-Nutzer auf neue Kritik an Frankreichs Afrika-Politik, vorgebracht von Italiens Vize-Premierminister Luigi Di Maio. "Frankreich ist diese andere Mücke, die Afrika aussaugt", schreibt Sam Uel aus Benin auf Facebook - "mit allen Konsequenzen." Und Eyongettienne Ebot aus Kamerun pflichtet bei: "Endlich gibt jemand dem Problem einen Namen. Glückwunsch, PM Luigi!"

Das Problem - das brachte Di Maio, Führungsmitglied der stärksten italienischen Partei "MoVimento 5 Stelle", so auf den Punkt: Frankreich trage eine Hauptverantwortung für die Migrationswellen aus Afrika. "Wenn es Leute gibt, die fliehen, rührt das daher, dass manche europäische Länder - besonderes Frankreich - nie aufgehört haben, Afrika zu kolonialisieren."

Währungsunion in der Kritik

Die Europäische Union (EU) müsse Frankreich dafür bestrafen, dass es die Afrikaner in die Armut dränge, forderte der Italiener. Als Beleg für die angeblich fortwährende Unterwerfung zieht seine Partei die Währung von vierzehn Ländern in West- und Zentralafrika, von Senegal über Tschad bis hin zur Republik Kongo, heran: Die meisten sind ehemalige Kolonien Frankreichs. Sie nutzen den CFA-Franc.

Die Währung teilt sich formell in zwei Währungszonen auf, mit eigenen Zentralbanken in Dakar und Yaoundé, den Hauptstädten von Senegal und Kamerun. Die Währungen sind aber mit dem gleichen Wechselkurs an den Euro gebunden und daher austauschbar. Hier finden sich einige der einkommensschwächsten Länder der Welt. Insgesamt nutzen 150 Millionen Menschen den CFA-Franc.

Mit seinen Äußerungen beschwor Vizepremier Di Maio, der zugleich Wirtschafts- und Arbeitsminister ist, eine diplomatische Krise mit dem europäischen Nachbarn Frankreich herauf. In Afrika - und insbesondere in der CFA-Zone - erntete er hingegen viel Respekt. "Der französische Imperialismus verursacht großen Schaden, vor allem in Ländern mittleren Einkommens wie der Elfenbeinküste", schreibt der Kongolese Louis Eliwo bei Facebook. "Warum ist dieser Kolonialpakt noch in Kraft?"

Fluchtauslöser? Fehlanzeige!

Indem er die Währungsunion als Fluchtursache brandmarkte, habe Di Maio allerdings für einige Verwirrung gesorgt, sagt der senegalesische Ökonom Ndongo Samba Sylla im DW-Interview. "Es gibt keine direkte Verbindung zwischen der Währung CFA und der Migrationswelle nach Europa. Es kommen gar nicht so viele Migranten aus der CFA-Zone." Der Zusammenhang sei etwas weit hergeholt. "Ja, der CFA-Franc verarmt afrikanische Länder, aber die Migrationswelle hat damit nichts zu tun." Vielmehr sei die Währung für Di Maio Mittel zum Zweck gewesen, sagt Sylla ist, der in Dakar für die Rosa-Luxemburg-Stiftung arbeitet. "Das ist ein europäischer Streit: Italien hatte genug von dem arroganten Diskurs der Franzosen gegenüber seiner Migrationspolitik und wollte öffentlich das Image Frankreichs schädigen."

Tatsächlich stammen von den Migranten, die 2018 über das Mittelmeer meist nach Italien gekommen sind, nur wenige aus einem Land, das CFA-Währungszone gehört. Laut UNHCR-Statistik kamen die meisten Migranten aus Guinea, gefolgt von Marokko - beides frühere französische Kolonien, die nicht zur Währungszone gehören. Mali und Elfenbeinküste sind die einzigen Länder aus dieser Währungszone, aus denen Migranten in größerer Zahl nach Europa kamen. Mali steht mit rund 10.000 Geflüchteten an dritter Stelle in der Statistik und die Elfenbeinküste mit etwa 6000 Migranten auf Platz acht. 

Frankreich profitiert von Afrika

Allerdings profitiere Frankreich bis heute von dem Währungssystem des CFA-Franc, sagt Sylla. Dieses System basiere auf Handelsverträgen, die im Gegenzug für die Unabhängigkeit afrikanischer Länder unterzeichnet worden seien. Frankreich sichere sich mit diesen alten Verträgen einen bevorzugten Zugang zu den Ressourcen in den ehemaligen Kolonien. "Unsere Währungszone ist von der Euro-Zone abhängig. Das bedeutet: Länder wie Niger und die zentralafrikanische Republik - zwei der ärmsten Länder der Welt - besitzen ein Geldsystem, das reflektiert, was in der reichen Eurozone passiert. Das ist kompletter Wahnsinn."

Das ehemalige Mutterland sichere sich durch die Partnerschaft einen Markt für seine Produkte, Zugang zu billigen Rohstoffen sowie politischen und militärischen Einfluss. Für die Afrikaner bedeute die überbewertete Währung hingegen hohe Zinssätze und dadurch Schuldenberge, Handelshemmnisse und ein geringes Wirtschaftswachstum.

Ausstiegsträume

Das Argument, der CFA-Franc sei für das geringe Wachstum der Länder verantwortlich, lässt Tobias Stöhr vom Kieler Institut für Weltwirtschaft nicht gelten. Die Hauptgründe für die mangelnde Entwicklung der Länder lägen vielmehr in schlechter Regierungsführung und Korruption, so Stöhr im DW-Gespräch. Die Kopplung an den Euro biete gerade den Ländern Westafrikas hingegen eine extreme Preisstabilität: "Die Inflation ist gering, das sorgt für ein gutes Investitionsklima", so Stöhr.

Frankreich pflegt enge Beziehungen zu den ehemaligen Kolonien und trifft meist auf Wohlwollen - hier Staatsbesuch im Niger.Bild: Getty Images/AFP/J. Demarthon

Das verschaffe der Zone auch innerafrikanische Vorteile. "Die meisten Länder in der Zone sind landwirtschaftlich geprägt. Wenn man die Währung stark abwerten würde, käme es zu hohen Preisen, besonders bei den Ölimporten aus den Nachbarländern." Ähnlich sieht es Paul Melly von der britischen Denkfabrik Chatham House. Während der zentralafrikanische Block, von Ölexporten abhängig, starken Preisschwankungen unterworfen sei, könne es der gut entwickelte regionale Markt dem westafrikanischen Block ermöglichen, sich gemeinsam vom Euro zu lösen, schätzt Melly.

Warum also verlässt sich Westafrika weiter auf den alten Kolonialpakt? Die Frage von DW-Nutzer Louis Eliwo hat für Ökonom Ndongo Samba Sylla eine kurze Antwort: "Unsere Präsidenten stehen eher in der Verantwortung Frankreichs als ihrer eigenen Leute", kritisiert er die Regierungen. Der Kampf um den Ausstieg aus dem Euro bleibt somit weiter einer jungen Bevölkerungsgruppe überlassen - nun immerhin mit etwas Rückenwind aus Italien.