Westerwelle gibt sich an Dreikönig milde
6. Januar 2010Demonstrativ selbstbewusst und polemisch lautstark ja, aber nur wenige kraftmeierische, verbissene Attacken: Den kleinen, neuen Koalitionspartnern von Berlin war bei ihren traditionellen Jahresauftaktveranstaltungen am Mittwoch (06.01.2010) offenbar klar, dass sie schon in wenigen Tagen wieder als schwarz-gelbe Regierung nur gemeinsam Erfolg haben können.
FDP-Chef Guido Westerwelle zeigte sich auf dem Dreikönigstreffen seiner Liberalen in Stuttgart somit zwar unnachgiebig und beharrte auf weiteren kräftigen Steuersenkungen. Zugleich lobte er aber ausdrücklich die Vorsitzenden von CDU und CSU, Angela Merkel und Horst Seehofer, sowie Finanzminister Wolfgang Schäuble, die sich beim umstrittenen Wachstumsbeschleunigungsgesetz "völlig fair und völlig korrekt" verhalten hätten.
Westerwelle: Geistig-politische Wende
Der erstmals als Vizekanzler und Außenminister auf dem Dreikönigstreffen auftretende Westerwelle wiederholte seine Forderung nach einer "geistig-politischen Wende". Leistungsträger und Mittelstand müssten - wie im Koalitionsvertrag vereinbart - weiter entlastet werden. Es sei kein Steuergeschenk, wenn die Menschen wieder mehr von dem behalten dürften, was sie selbst erarbeitet hätten, fügte er routiniert hinzu. Alles andere zeuge von einem "dekadenten Staatsverständnis" der Politik.
Auch die CSU verteidigte im Wesentlichen nur die bekannten Frontlinien. Der als angeschlagen geltende Ministerpräsident und CSU-Chef Seehofer warnte zum Auftakt der Klausurtagung seiner Partei in Wildbad Kreuth vor übertriebenen Versprechungen: Angesichts der Milliardenschulden werde man weiteren Entlastungen nur zustimmen, soweit es die Wirtschaftslage erlaube. Er betonte, die Steuersenkungen würden wie vereinbart nach der realen Wirtschaftsentwicklung im ersten Halbjahr und nach der Steuerschätzung im Mai 2010 getroffen.
Seehofer: Wertgebundene und nachhaltige Politik
Die CSU wolle, dass Deutschland nach den vielen Jahren des zügellosen Spekulationskapitalismus wieder zu einer wertegebundenen Politik zurückfinde. Das bedeute eine "nachhaltige Finanz- und Steuerpolitik, angelegt auf qualitatives Wachstum". Auch Seehofer mäßigte seine Kritik an Westerwelle.
Direkte gegenseitige Angriffe der Koalitionsparteien blieben in Kreuth und Stuttgart der zweiten Reihe vorbehalten, die Parteilautsprecher erfüllten ihre gewohnten Aufgaben. Der neue FDP-Generalsekretär Christian Lindner ging in seiner Jungfernrede die Christsozialen direkt an. Es sei "ulkig", wenn der "Stichwortgeber aus München" gönnerhaft sage, die Liberalen würden sich an die Regierungsverantwortung schon noch gewöhnen.
"Schüsse" aus der zweiten Reihe: Wer vertritt den Mittelstand?
In Kreuth warf CSU-Generalsekretär Alexander Dobrindt den Liberalen "Schaufensterpolitik" vor. Der Vorsitzende der CSU-Mittelstandsunion, Hans Michelbach, attackierte scharf Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP). Der Mittelstand sei "trotz vieler Sonntagsreden" unzufrieden, sagte er. Es sei wichtig, "dass nicht nur Sprechblasen" entstünden, weil die Konjunktur 2010 "noch kein Selbstläufer" sei.
Zum Dreikönigsfest bekamen die Christsozialen Besuch von den Sternsingern. Der Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Hans-Peter Friedrich, freute sich denn auch besonders über das diesjährige Motto "Kinder finden neue Wege" und sah sich sofort an die tagtägliche Politik erinnert.
Autor: Siegfried Scheithauer (ap, afp, rtr)
Redaktion: Martin Schrader