Westerwelle verlangt von Bosnien die Einheit
27. August 2010"Für Deutschland steht die territoriale Integrität von Bosnien außerhalb jeder Diskussion", sagte Bundesaußenminister Guido Westerwelle am Freitag (27.08.2010) nach einem Treffen mit seinem bosnischen Kollegen Sven Alkalaj in Sarajevo. Ein Zerfall des zerstrittenen Landes würde auch dessen Chancen auf einen EU-Beitritt zunichtemachen.
Klare Worte des deutschen Außenministers, der seine Balkantour mit der EU-Außenbeauftragten Catherine Ashton sorgsam abgestimmt hatte. Die ehemalige jugoslawische Teilrepublik habe durchaus eine "europäische Perspektive", so Westerwelle. Allerdings führe der Weg allein über die innere Einheit und die innere Einigung. Über einen Termin für die Aufnahme möglicher Beitrittsverhandlungen schwieg er sich aus.
Reform der Verfassung nötig
Vor allem mahnte Westerwelle an, nach der bevorstehenden Wahl, die lange aufgeschobene Verfassungsreform endlich in Angriff zu nehmen. Im Oktober sollen in Bosnien-Herzegowina ein neues Parlament und ein neuer Präsident gewählt werden.
Mit seinen zwei rivalisierenden autonomen Regionen - der bosnischen Serbenrepublik und der muslimisch-kroatischen Föderation - ist das Land fast 15 Jahre nach dem Ende des Jugoslawienkrieges das instabilste Land des Balkans. Es gibt sogar drei Ministerpräsidenten, für jede Bevölkerungsgruppe einen.
Schroffe Abfuhr
Die bosnischen Serben drohen immer wieder mit der Abspaltung und blockieren häufig Entscheidungen und Reformen, weil sie fürchten, dass sie den Gesamtstaat stärken. Am Donnerstagabend hatte der Ministerpräsident der bosnischen Serben, Milorad Dodik, Westerwelle brüskiert, als er zu einem gemeinsamen Treffen nicht kam. Seine muslimischen und kroatischen Kollegen dagegen erschienen zu der Zusammenkunft. Dodik ist ein leidenschaftlicher Gegner der deutschen Balkan-Politik.
Derzeit wacht ein hoher Repräsentant der internationalen Gemeinschaft über die Entwicklung Bosniens, während die europäische Truppe EUFOR den Frieden sichert. Auch Deutschland ist daran mit 110 Soldaten beteiligt. Brüssel verlangt ein Ende des internationalen Protektorats und damit auch der ethnischen Spannungen, bevor Bosnien EU-Mitglied werden kann. Das Land hat daher bisher von einem Antrag auf den EU-Beitritt abgesehen.
Endstation Kosovo
Westerwelle reiste von Sarajewo aus weiter ins Kosovo, zur letzten Station seiner dreitägigen Balkan-Reise. Dort ging es um den Streit des jungen Staates mit Serbien, das die Unabhängigkeit seiner früheren Provinz nicht anerkennen will. Deshalb hatte Westerwelle die serbische Regierung am Donnerstag bei einem Besuch in Belgrad in ungewöhnlich deutlichen Worten gerügt. Er stellte klar, dass ein Dialog mit dem Kosovo Voraussetzung für eine Aufnahme Serbiens in die EU sei.
Das Kosovo selbst ist von einem EU-Beitritt weit entfernt. In dem verarmten Land herrschen Korruption und die organisierte Kriminalität. Ethnische Spannungen zwischen der albanischen Bevölkerungsmehrheit und den Serben sowie die Rechtsunsicherheit halten ausländische Investoren fern. Die Arbeitslosenquote liegt bei über 45 Prozent.
Besuch der deutschen Truppen
Auch zwei Jahre nach der Unabhängigkeitserklärung des Kleinstaats sorgt die NATO-Truppe KFOR für Stabilität. Von den etwa 10.000 Soldaten kommen 1400 aus Deutschland. Die Bundesrepublik ist damit größter Truppensteller, ein Ende des Einsatzes nicht absehbar. Im Feldlager Prizren will Westerwelle die Bundeswehrsoldaten treffen.
Die serbische Region im Norden des Landes um die ethnisch geteilte Stadt Mitrovica entzieht sich der Kontrolle der kosovarischen Regierung und wird finanziell von Belgrad unterstützt. Die NATO hatte Serbien 1999 unter Beteiligung deutscher Kampfjets bombardiert und damit gezwungen, seine Truppen aus dem nach Unabhängigkeit strebenden Gebiet abzuziehen. Zuvor waren serbische Sicherheitskräfte über Monate hinweg gewaltsam gegen die kosovarische Untergrundarmee UCK, aber auch gegen die albanischstämmige Bevölkerung vorgegangen.
Autorin: Eleonore Uhlich (rtr,dpa)
Redaktion: Manfred Götzke