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Westerwelles Balkanreise - mehr als Symbolik?

24. August 2010

Bundesaußenminister Guido Westerwelle hat an diesem Mittwoch eine dreitägige Balkan-Reise angetreten. Viele Beobachter hoffen, dass diese Reise den Balkan wieder auf die Tagesordnung der deutschen Politik zurückholt.

Bundesaußenminister Guido Westerwelle
Bundesaußenminister Guido WesterwelleBild: Marcin Antosiewicz

Bei seinen Gesprächen in Kroatien, Bosnien, Serbien und im Kosovo wird Bundesaußenminister Guido Westerwelle Optimismus verbreiten: "Wenn man zurückdenkt, wie es in den Ländern vor zehn, zwölf Jahren ausgesehen hat, kann man durchaus sagen, dass sich bis heute viele Erfolge gezeigt haben. Das wird in der Reise zum Ausdruck kommen und das wird eine der Botschaften sein", sagt Außenamtsprecher Stefan Bredohl, der den Minister begleitet. Balkan-Beobachter, die in kürzeren Zeitspannen denken, sind da etwas pessimistischer.

Zum Auftakt einer dreitägigen Balkan-Reise ist Westerwelle am Mittwoch in Kroatien eingetroffen. In Zagreb stehen für den FDP-Vorsitzenden unter anderem Gespräche mit Staatspräsident Ivo Josipovic und Ministerpräsidentin Jadranka Kosor auf dem Programm. Wichtigstes Thema dürfte dabei der Wunsch nach einer baldigen Mitgliedschaft in der Europäischen Union (EU) sein.
Kroatien gilt als die ehemalige jugoslawische Teilrepublik, die als nächste in die EU aufgenommen werden könnte. Die Verhandlungen sind schon weit fortgeschritten. Experten erwarten, dass sie im kommenden Jahr abgeschlossen werden können. Bislang ist vom ehemaligen Jugoslawien nur Slowenien in der EU.

Schwieriges Terrain

Blick auf Sarajevo, die Hauptstadt von Bosnien-HerzegowinaBild: picture-alliance/dpa

Außer in Kroatien, ist die Reise des Außenministers mit vielen Problemen verbunden. Problematisch ist derzeit vor allem die Lage in Bosnien-Herzegowina, wo sich der deutsche Vize-Kanzler am Donnerstag aufhalten wird. Das Land steckt seit Jahren in einer Verfassungskrise, die auch auf mangelnden Pragmatismus der politischen Elite der Bosniaken, Serben und Kroaten zurückzuführen ist. Dagegen wird Westerwelle wenig tun können, besonders auch angesichts der anstehenden Parlamentswahlen am 3. Oktober. Der derzeit nationalisierte innenpolitische Diskurs lässt wenig Raum für Einflüsse von außen zu. Der Balkanologe Bodo Weber misst daher dem kurzen Besuch Westerwelles in Sarajevo eher "eine symbolische Bedeutung" bei.

Auch die Beziehungen zwischen Serbien und dem Kosovo sind alles andere als hoffnungsvoll. Nachdem der Internationale Gerichtshof im Juli 2010 die Unabhängigkeit des Kosovos bestätigt hat, will Serbien im September in der UN-Vollversammlung einen neuen Resolutionsentwurf zum Kosovo vorlegen.

Westerwelle, der einen Tag vor seiner Abreise mit EU-Außenministerin Catherine Ashton telefonierte, wird versuchen, die Serben von diesem Vorhaben abzuhalten. "Er wird aber nicht fordernd auftreten", sagt sein Sprecher Bredohl. "Für eine weitere Annäherung in der Europäischen Union ist es aus unserer Sicht wichtig, dass sich Serbien konstruktiv und europäisch verhält." Balkanexperte Bodo Weber rechnet aber nicht damit, dass der deutsche Außenminister in Serbien viel Gehör findet wird. Da fünf EU-Mitglieder das Kosovo noch nicht anerkannt haben, kann die Anerkennung der Unabhängigkeit der ehemaligen serbischen Provinz auch nicht als offizielle Bedingung für den EU-Beitritt Serbiens gelten.

Die Uneinigkeit Europas in der Kosovo-Frage hemmt den Annäherungsprozess des jüngsten europäischen Staates an die EU und insbesondere auch dessen Teilnahme am Prozess der Visa-Liberalisierung für den Schengenraum.

Heimspiel im Kosovo

17. Februar 2008: Das Parlament in Pristina verkündet die Unabhängigkeit des KosovoBild: AP

Trotz alledem dürfte der Aufenthalt des deutschen Außenministers am Freitag in Pristina nahezu ein Heimspiel werden, sagt Weber. Als Zeichen der Dankbarkeit für die deutsche Unterstützung der Unabhängigkeit darf der Bundesaußenminister eine Rede vor dem kosovarischen Parlament halten. Danach wird Westerwelle einen kurzen Abstecher nach Prizren machen, wo das deutsche KFOR-Kontingent stationiert ist.

Grundsätzlich wird die Balkan-Reise des Außenministers von Beobachtern als ein positives Signal an die Region bewertet. Dahinter verbirgt sich aber auch die Hoffnung, dass das deutsche Engagement auf dem Balkan wieder stärker wird. Bernd Posselt, der für die CSU im Europa-Parlament sitzt, kritisiert die derzeit mangelnde Präsenz des offiziellen Berlins auf dem Balkan. "Diese Länder müssen nicht nach Europa kommen, sie sind schon längst da. Und deshalb sind ihre Probleme auch unsere Probleme", sagt Posselt. "Ich hoffe, dass diese Reise nicht nur für das Fotoalbum ist, sondern dass Südosteuropa wieder ein Schwerpunkt der deutschen Außenpolitik wird."

Gerald Knaus von der European Stability Initiative erinnert daran, dass auf dem EU-Balken-Gipfel Anfang Juni in Sarajevo der deutsche und der französische Außenminister nicht einmal anwesend waren. "So fragen sich viele in der Region, ob die EU weiterhin zu ihrem Versprechen steht, dass die Länder, die die Bedingungen erfüllen, auch den Kandidatenstatus bekommen. Daher werden die Menschen in der Region genau hinhören, ob es dem deutschen Außenminister gelingt, ihre Ängste zu beruhigen."

Autorin: Hajo Felten/Anila Shuka
Redaktion: Martin/Schrader/Kay-Alexander Scholz

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