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Wettstreit der Geberländer

5. Januar 2005

Dutzende Staats- und Regierungschefs sowie Hilfsorganisationen treffen sich am Donnerstag (6.1.) in der indonesischen Hauptstadt Jakarta, um die Hilfe für die Katastrophenregionen zu organisieren - nicht ohne Eigennutz.

Die Hilfsgüter stapeln sichBild: AP


Die weltweit überwältigende private Spendenbereitschaft für die Opfer der Flutkatastrophe im Indischen Ozean wird begleitet von Finanzhilfen der Geberstaaten, die sich auch aus weniger selbstlosen Motiven speisen dürften.

Hinter den von den USA, Japan, der Weltbank, China und den europäischen Mächten versprochenen oder bereits überwiesenen Summen stehen zum Teil handfeste geopolitische Interessen in Süd- und Südostasien. Dabei rivalisiert das "alte Europa" mit den USA und diese stehen in Konkurrenz zur UNO, während Japan und China sich die Rolle als regionale Führungsmacht streitig machen.

Hilfe kommt größtenteils aus der LuftBild: AP

Schuldenerlass?

Die Bundesregierung Deutschlands steht derzeit mit ihrer Hilfszusage von 500 Millionen Euro in der "Rangliste" der Geberländer auf Platz zwei. Nur Australien will mit umgerechnet 610 Millionen Euro noch mehr spenden. Berlin unterstreicht damit seinen Anspruch auf politischen Einfluss im Weltmaßstab. Frankreich beanspruchte unterdessen nach den Worten seines Innenministers Dominique de Villepin die Rolle des "Koordinators" der Flutopferhilfe der Europäischen Union.

Großbritannien, engster Verbündeter der USA im Irak und an vierter Stelle der Liste, macht sich als derzeitiger Vorsitzender der Gruppe der sieben führenden Industrienationen und Russland (G8) für einen Schuldenerlass zugunsten der von der Flutkatastrophe betroffenen Länder stark. Es sei wahrscheinlich, dass sich die reichsten Länder als Reaktion auf die Flut auf ein Einfrieren der Schuldenrückzahlungen einigen würden. Dadurch hätten die betroffenen Regierungen insgesamt 5,7 Milliarden US-Dollar mehr für den Wiederaufbau zur Verfügung.

Marshallplan?

Großbritanniens Schatzkanzler Gordon Brown kündigte zudem einen neuen internationalen Entwicklungsfonds an, der eine langfristige Hilfe ermöglichen solle: "Wir wollen nie wieder in eine Position kommen, in der wir zwischen Katastrophenhilfe und dem Kampf gegen das zu Grunde liegenden Armutsproblem wählen müssen." Die Welt müsse beides können, sagte er.

Das Thema Schuldenerlass wird die Geberstaaten nach dem Krisengipfel in Jakarta noch länger beschäftigen: zunächst auf der Geberkonferenz in Genf am 11. Januar sowie beim Treffen des Pariser Clubs (G8 plus zehn europäische Staaten sowie Australien) am Tag darauf in der französischen Hauptstadt Paris. Die Rede ist auch von einem Moratorium oder einem "Marshallplan" für die Katastrophenregion - so wie nach 1945 für den Wiederaufbau Westeuropas zu Beginn des Kalten Krieges gegen die Sowjetunion.

Die Hilfsgüter werden überall sehnsüchtig erwartetBild: dpa

Imagekampagne?

Indonesien, das von den betroffenen Staaten mit etwa 131 Milliarden Dollar (98,6 Milliarden Euro) am meisten im Ausland verschuldete Land steht im Mittelpunkt der Hilfsbemühungen. Es ist zugleich das von dem verheerenden Seebeben am schwersten heimgesuchte Land mit den meisten Todesopfern. Und es ist das bevölkerungsreichste moslemische Land der Welt. Die USA werden dies für ihre Zwecke zu nutzen wissen: Schließlich ist das Ansehen der USA in der moslemischen Welt seit dem Irak-Krieg auf dem Tiefpunkt. Da gilt es, die Chance auf Imagepolitur nicht zu verpassen.

Nach dem Seebeben vor Sumatra wollte US-Präsident George W. Bush zunächst nur 15, dann 35 Millionen Dollar für die Flutopfer zur Verfügung stellen. Als es Kritik an dem "knauserigen" Hilfsgebaren des mächtigsten Landes der Erde hagelte, verzehnfachte Bush die Hilfssumme. Und angesichts von Bushs Ankündigung, er wolle die Hilfsmaßnahmen zunächst einmal mit Australien, Japan und Indien koordinieren, fühlten sich viele an die "Koalition der Willigen" erinnert, mit der Washington der UNO die Oberhoheit im Irak streitig macht.

Kurz vor Beginn der Geberkonferenz hat die US-Regierung die Strategie geändert. Die USA wolle ihren Beitrag zum
Wiederaufbau der Katastrophengebiete in Asien der UNO unterstellen, sagte der scheidende US-Außenminister Colin Powell. Die Kerngruppe habe ihr Anliegen erfüllt, sagte Powell. "Sie wird nun in der breiteren Koordinierungsarbeit der Vereinten Nationen aufgehen." (kas)

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