1. Zum Inhalt springen
  2. Zur Hauptnavigation springen
  3. Zu weiteren Angeboten der DW springen
Politik

Preis für "Vorkämpfer der Menschlichkeit"

9. Oktober 2020

Lebensretter und Friedensstifter: Die Auszeichnung des Welternährungsprogramms mit dem Friedensnobelpreis ist ein politisches Signal. Das Porträt einer UN-Organisation, von deren Einsatz Millionen Menschen abhängen.

Welternährungsprogramm der Vereinten Nationen
Bild: Maciej Moskwa/NurPhoto/picture-alliance

Normalerweise wirbt er unermüdlich um Spenden. Doch nach der Auszeichnung mit dem Friedensnobelpreis zeigte sich David Beasley, Exekutivdirektor des Welternährungsprogramms WFP (World Food Programme) der Vereinten Nationen, gerührt: "Es ist das erste Mal in meinem Leben, das mir die Worte fehlen."

Mit der Auszeichnung durch das Nobelpreiskomitee in Oslo wird die Arbeit der 1961 gegründeten UN-Organisation weltweit nicht nur als lebensrettend, sondern als friedensstiftend anerkannt. Die Mitarbeiter des in Rom ansässigen WFP setzten oft ihr eigenes Leben aufs Spiel, um das Leben anderer zu retten, lobte UN-Generalsekretär Antonio Guterres.

Der UN-Chef unterstrich die politische Signalwirkung der Preisvergabe. "Die Welt hat auch Hunger nach internationaler Kooperation, denn Corona, Klimawandel und andere Bedrohungen erfordern internationale Solidarität."

Gerührt und glücklich: WFP-Exekutivdirektor David Beasley Bild: picture-alliance/dpa/A. Lindner

"Biblische Hungersnöte"

Bereits im April dieses Jahres warnten Vertreter des Welternährungsprogramms vor dem UN-Sicherheitsrat vor "Hungersnöten biblischen Ausmaßes". In etwa 25 Ländern seien die Menschen in den kommenden Monaten verheerendem Hunger ausgesetzt. Die Kosten für die notwendigen Hilfen schätzte die Organisation auf 4,9 Milliarden US-Dollar.

"Im Jemen bedrohen Hungersnöte Millionen von Menschen, doch wir mussten die Nahrungsrationen halbieren, weil es an Geld fehlte", klagte Exekutivdirektor David Beasley im Juli.

Mehr Hunger, weniger Geld

Weltweit nehmen Hungersnöte zu, doch ihre Bekämpfung wird immer schwieriger, weil es bei der Finanzierung hapert. In diesem Jahr sanken die Geld- und Nahrungsmittelspenden an das WFP sogar.

Nach Angaben der UN-Organisation schrumpften die Spenden und Einnahmen von insgesamt rund acht Milliarden US-Dollar 2019 auf 6,3 Milliarden US-Dollar im laufenden Jahr. Der immer noch größte Geldgeber sind die USA, sie reduzierten ihre Beiträge von 3,36 Milliarden Dollar auf 2,73 Milliarden Dollar.

Hungersnot im Jemen: Männer verteilen Lebensmittel des WFPBild: picture-alliance/dpa/AP/H. Issa

Auch die EU-Kommission, der drittgrößte Geldgeber, senkte ihre Unterstützung von 685 Millionen Dollar auf 422 Millionen Dollar. Im Gegenzug stockte Deutschland seine Hilfen für das WFP auf. Berlin überwies im laufenden Jahr knapp eine Milliarde Dollar nach Rom. 2019 belief sich die finanzielle Unterstützung auf 886 Millionen Dollar.

Schulmahlzeiten in Togo

Bundesaußenminister Heiko Maas unterstrich am Freitag seine Wertschätzung und gratulierte umgehend: "Das Welternährungsprogramm steht für die Verantwortung der Weltgemeinschaft. Seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind an den gefährlichsten Orten der Welt Vorkämpfer der Menschlichkeit."

Seit über 50 Jahren bewahrt das WFP Millionen Menschen in Krisen- und Katastrophengebieten vor dem Hungertod. Die Organisation entstand 1961 auf Initiative des US-Präsidenten Dwight D. Eisenhower.

Als im September 1962 im Nordiran ein Erdbeben tausende Häuser zerstörte und mehr als 12.000 Todesopfer forderte, unterstützte die Institution Überlebende mit 1.500 Tonnen Weizen. Im selben Jahr legt das WFP auch ein Programm für Schulmahlzeiten in Togo auf.

Unermüdliche Hilfe bei Katastrophen

Im Laufe seiner fast 60-jährigen Existenz entwickelt sich das WFP zur weltweit größten Organisation im Kampf gegen den weltweiten Hunger. Ohne ihren Einsatz und ihre Logistik, unterstützt von internationalen Nichtregierungsorganisationen und rund 60 Regierungen, wäre schnelle Hilfe bei den großen Katastrophen nicht möglich gewesen, etwa beim Tsunami 2004 und den Erdbeben 2010 in Haiti und 2015 in Neapel.

Auch Boris Johnson gratulierte. Großbritannien sei stolz darauf, die lebensrettende Arbeit des WFP zu unterstützen, erklärte der britische Premier via Twitter. Was er nicht sagte: Großbritannien hat seine Beiträge für das WFP seit 2019 um die Hälfte gekürzt. Im vergangenen Jahr überwies London knapp 700 Millionen US-Dollar. 2020 hat die britische Regierung den Beitrag auf 335 Millionen Dollar gesenkt.

Den nächsten Abschnitt Mehr zum Thema überspringen