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What a waste! – Briten schmeißen zu viele Lebensmittel weg

Ruth Rach13. November 2008

Waste not Want not – so lautet ein englisches Sprichwort: Spare in der Zeit, so hast du in der Not. Viele Briten haben den Rat anscheinend längst vergessen. Trotz steigender Nahrungsmittelpreise wird viel weggeworfen.

Supermarktkasse
Viele Briten kaufen mehr ein, als sie verbrauchen können.Bild: picture-alliance/dpa

Altes Brot, überreife Beeren – bei Ken Kimber kommt grundsätzlich nichts in den Abfall. Der 50-jährige Lehrer aus Südengland hat das Haushalten von seiner Mutter gelernt. Sie ist zu Kriegszeiten aufgewachsen und weiß, wie man auch aus einfachen Resten etwas auf den Tisch zaubern kann. Doch die meisten Briten haben das offenbar längst vergessen.

Jede Woche werde im britischen Durchschnittshaushalt Essen im Wert von rund acht Pfund – etwa zehn Euro – weggeworfen, moniert Premierminister Gordon Brown. Anstatt über die hohen Lebensmittelpreise zu schimpfen, sollten sich die Briten lieber darauf konzentrieren, so Brown weiter, achtsamer mit ihren Nahrungsmitteln umzugehen.


Einkäufe besser planen

Das Überangebot in den Regalen lockt.Bild: Bilderbox

Die offiziellen Zahlen sind schockierend: Lebensmittel im Wert von über zehn Milliarden Pfund wandern jedes Jahr in die Tonnen. Familien mit Kindern sind die größten Sünder. Sie werfen 27 Prozent ihrer Einkäufe weg – auch wenn das Verfallsdatum noch nicht einmal abgelaufen ist. "Das ist eine Unmenge an Lebensmitteln", empört sich Fran Saltmarsh vom "Women's Institute".

Die alteingesessene britische Frauenorganisation hat sich mit WRAP, einem neuen Aktionsprogramm der Regierung zu einer Kampagne gegen Nahrungsmittelverschwendung zusammen getan. "Wir müssen unsere Einkäufe besser planen", sagt sie. "So wie früher, und erst mal in den Schränken nachschauen, und uns fragen was wir wirklich brauchen."


Drei für den Preis von zwei

"Love Food Hate Waste" heißt die landesweite Initiative, mit der vor allem junge Leute und junge Familien an alte Grundwerte erinnert werden sollen. Das Women's Institute hat damit begonnen, kleine lokale Gruppen zu organisieren, die Rezepte austauschen, und Tipps zusammenzustellen, wie man am besten einkauft.

Die Supermärkte haben das Problem mitverursacht, sagen Kritiker. Supermarkt-Ketten wie Tesco und Asda haben in Großbritannien einen größeren Marktanteil als auf dem europäischen Kontinent. Sie packen viel zu wenig Lebensmittel in kleineren Portionen ab – trotz der steigenden Zahl von Alleinlebenden.

Feriggerichte sind bei den Briten sehr beliebt.Bild: pixelio.de / KFM

Supermärkte bestehen auf perfekt aussehendem Obst und Gemüse, und werfen alles weg, das ihren Standards nicht entspricht. Und sie verführen ihre Kunden mit ihren "3 für den Preis von 2" Angeboten – damit sie mehr kaufen, als sie je verbrauchen können. Mehr als ihre europäischen Nachbarn stehen gerade britische Kunden auf "Ready Meals" – Fertiggerichten. Und hier ist die Verschwendung besonders groß.

Klingt schrecklich, schmeckt köstlich

"Wenn das Verfallsdatum abgelaufen ist, werfe ich natürlich alles weg", sagt Jessie, eine 24-Jährige Kundin. "Schließlich will ich nicht vergiftet werden." Und was würde sie mit einem alten Apfel anfangen? Auch der landet im Müll. Apfelsaft? Apfelmus? Keine Ahnung wie das geht. Suppe und Eintopf aus Schrumpelkartoffeln? Nein, danke. Keine Zeit, und keine Lust. Eine typische Haltung, gerade bei der jungen Generation. Muriel Gray, eine schottische Satirikerin, erklärte erst neulich in der BBC der Sell-By-Dikatur den Kampf an. "Ich hasse Verschwendung", sagt sie. "Ich verwerte alles, es sei denn, dass es so madig ist, dass es von selbst aus dem Kühlschrank kriecht."

Und die Supermärkte? Nur ein Teil der Lebensmittel, die kurz vor dem Verfallsdatum stehen, werden verbilligt verkauft oder verschenkt. Das meiste wandert ebenfalls in Müllcontainer. Oft wird es absichtlich mit Farbe oder Chemikalien bespritzt, um es garantiert ungenießbar zu machen, sagen britische "Freegans", eine Bewegung, die in den USA begann, und sich allmählich auch in Großbritannien ausbreitet. Diese zumeist jugendlichen Konsum- Rebellen durchsuchen Tonnen von Restaurants und Supermärkten nach brauchbarer Nahrung. Sie haben es sich zur Aufgabe gemacht, von dem zu leben, was andere wegwerfen.

Ganz so weit würde Ken Kimber wohl nicht gehen. Er hält sich lieber an die eigenen Reste. Mit sichtlicher Freude holt er seinen frischgebackenen Nachtisch aus dem Ofen. Ein Brot und Butter-Pudding. Die Zutaten: altes Weißbrot, eine halbe Tasse Milch, etwas Butter, und ein paar vertrocknete Sultaninen. Das klingt zwar schrecklich, aber es schmeckt schlichtweg köstlich.

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