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WhatsApp verspricht mehr Datenschutz

18. Juni 2021

Eine große Werbekampagne und neue Features für mehr Privatsphäre sollen abtrünnige WhatsApp-Nutzer wieder an Bord holen. Neue Nutzungsbedingungen der Facebook-Tochter hatten hohe Wellen geschlagen.

Symbolbild I Whatsapp I Coronavirus I Indien
Bild: Santarpan Roy/ZUMA/picture alliance

Seit Anfang des Jahres haben sich viele Nutzerinnen und Nutzer gefragt, ob ihre privaten Unterhaltungen bei Messengerdienst WhatsApp eigentlich sicher sind. Neue Nutzungsbedingungen hatten massive Zweifel daran aufkommen lassen, was viele zum Wechsel auf andere Plattformen veranlasste. Seitdem hat das Unternehmen das Update verschoben und abgeschwächt.

Nun will WhatsApp offenbar Vertrauen zurückgewinnen - und hat auf den beiden wichtigen Märkten in Deutschland und dem Vereinigten Königreich eine Werbekampagne gestartet, in der sich das Unternehmen als Hüter der Privatsphäre inszeniert. In einem 15-Sekunden Clip im Hochformat etwa werden eine Frau und ein Mann gezeigt, die sich angeregt in heimeliger Wohnzimmer-Atmosphäre unterhalten - bis ihnen auffällt, dass sie beobachtet werden. Der Mann zieht die Tür zu, dann ist zu sehen, wie ein WhatsApp-Gesprächsverlauf in unleserliche Fragmente zerteilt wird, gefolgt vom Versprechen: "Nicht einmal WhatsApp kann sich deine Nachrichten ansehen." Dieser und weitere Clips sollen nach Angaben einer Sprecherin über mehrere Monate online, auf digitalen Außenwerbeflächen und im Rundfunk zu sehen und hören sein.

Worum geht es bei den neuen Nutzungsbedingungen?

Im Kern geht es bei den Änderungen um ein neues Feature: WhatsApp soll seinen laut eigenen Angaben rund zwei Milliarden Nutzenden nicht mehr nur zur Kommunikation mit Freunden und Verwandten dienen, sondern auch Werkzeug für den Kontakt mit Unternehmen werden - zum Beispiel sollen Nutzende bei einer Airline direkt nachfragen können, ob ihr Flug pünktlich ist. Diese Erweiterung könnte für den Mutterkonzern Facebook ein Weg sein, mit der kostenlosen App Geld zu verdienen. Immerhin hatte Facebook vor sieben Jahren etwa 22 Milliarden US-Dollar für den Messengerdienst ausgegeben.

Was ändert sich bei WhatsApp?

02:39

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Um das neue Feature einbetten zu können, forderte WhatsApp Anfang Januar seine User dazu auf, neue Nutzungsbedingungen und eine neue Datenschutzrichtlinie abzunicken. Darin ging es unter anderem um Datenweitergabe an Facebook - woraufhin die Befürchtung laut wurde, der Mutterkonzern würde massenhaft persönliche Daten erhalten und umfangreich nutzen. Dessen Plattformen Facebook und Instagram verdienen Geld mit personalisierter Werbung - und haben sich mit der kleinteiligen digitalen Vermessung der User bei vielen den Ruf von "Datenkraken" erworben. Entsprechend groß war der Aufschrei über die - wohl missverständlich formulierte - Ankündigung WhatsApps. Hamburgs oberster Datenschützer untersagte Facebook sogar vorsorglich, WhatsApp-Daten weiterzuverarbeiten. "Dieses Update erweitert nicht unsere Möglichkeiten, Daten mit Facebook zu teilen", erklärte WhatsApp nun auf DW-Anfrage.

Welche Daten gibt WhatsApp an Facebook weiter?

Sämtliche Chatinhalte - also neben Textnachrichten auch zum Beispiel Fotos, Videos oder geteilte Standorte - sowie Anrufe sind laut WhatsApp automatisch so verschlüsselt, dass sie nur vom jeweiligen Absender und Empfänger ausgelesen werden können. Allerdings fallen bei jeder Nachricht auch sogenannte Metadaten an, die zum Beispiel dokumentieren, wer wann an wen eine Nachricht geschickt hat. Auch etwa Handynummer, Gerätekennung und IP-Adresse sowie eine Reihe von Cookies gehören dazu. Laut WhatsApp-FAQ verarbeitet Facebook eine Reihe von Daten, um sie "beispielsweise Analysediensten zur Verfügung zu stellen". Auch der Kampf gegen Spam-Accounts soll über plattformübergreifenden Informationsaustausch erleichtert werden. Konkretere Angaben, welche Daten wie ausgewertet werden, wollte eine Sprecherin auf DW-Anfrage nicht machen.

Die Daten der Nutzerinnen und Nutzer in der EU sind verhältnismäßig gut geschützt - auch nach dem Update. "Derzeit teilt WhatsApp deine personenbezogenen Daten nicht mit Facebook", heißt es in Bezug auf personalisierte Werbung in den WhatsApp-FAQ. Das Vereinigte Königreich zählt für WhatsApp auch nach dem EU-Austritt noch zur "europäischen Region".

Für Nutzerinnen und Nutzer außerhalb dieses Schutzraums gelten jedoch andere Bedingungen. Hier nennt WhatsApp sogar das "Anzeigen von relevanten Angeboten und Werbeanzeigen in den Produkten von Facebook-Unternehmen" explizit als Grund, weshalb Nutzerdaten an den Mutterkonzern weitergegeben werden.

Welche weiteren Features sollen kommen?

Unabhängig von solchen Praktiken will WhatsApp die persönliche Kommunikation zwischen Usern um weitere Features ergänzen: So soll man künftig Nachrichten verschicken können, die nach einmaligem Lesen wieder verschwinden. Auch neue Chats sollen irgendwann von alleine gelöscht werden. "Wenn wir uns unterhalten, haben wir kein Aufnahmegerät dabei. Insofern ist es seltsam, dass digitale Chat-Plattformen die für immer speichern", zitierte die Deutsche Presse-Agentur den WhatsApp-Chef Will Cathcart.

Analoge Gespräche wie bei diesem Strandspaziergang sind flüchtig - digital werden sie aufbewahrtBild: Toby Melville/REUTERS

Bereits seit vorigem Jahr gibt es die Funktion, in Chats und Gruppen eine generelle Löschfrist von sieben Tagen zu aktivieren. Auch die Konkurrenz bietet diese Option: In der Messenger-App Signal funktioniert die Einstellung genau wie bei WhatsApp. Bei dem durch Corona-Leugner in Verruf geratenen Dienst Telegram kann man eine Löschfrist nur in speziellen privaten Kanälen festlegen - übrigens auch die einzigen, die bei Telegram verschlüsselt übertragen werden. Bei Threema gibt es selbstlöschende Nachrichten nicht.

Liest also wirklich niemand private Nachrichten mit?

Bald dürften jedoch in Deutschland aus einem anderen Grund zumindest einige WhatsApp-Nachrichten mitgelesen werden (genau wie Chats bei Signal, Telegram, Threema & Co.): Vergangene Woche verabschiedete der Bundestag einen Gesetzentwurf, der Geheimdiensten mehr Befugnisse bei der sogenannten "Quellen-Telekommunikationsüberwachung" einräumt. Zum Beispiel bei Terrorverdächtigen sollen Chatnachrichten mit Spähsoftware abgegriffen werden, noch bevor sie für den Versand verschlüsselt werden. Bürgerrechtler, Journalistenverbände und andere Interessenvertreter kritisieren die Pläne scharf.

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