WHO schlägt Alarm: Arbeitnehmer weltweit leiden unter Hitze
22. August 2025
Wie wirkt sich der Klimawandel auf Erwerbstätige aus? Das haben die UN-Organisationen WHO und WMO untersucht. Betroffen sind nicht nur Menschen mit Berufen im Freien.
Menschen, die im Freien Arbeiten - wie dieser Mitarbeiter der Stadt Köln - sind besonders von der zunehmenden Hitze betroffenBild: Oliver Berg/dpa/picture alliance
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Rund die Hälfte der Berufstätigen weltweit leiden laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) unter Hitze in Folge des Klimawandels. Sowohl die Häufigkeit von Erkrankungen als auch die Schwere der Verläufe nehme durch die steigende globale Temperatur zu, teilten die WHO und die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) am Freitag in Genf mit. Dies dürfe nicht als Unannehmlichkeit abgetan werden, sondern sei eine Gesundheitskrise, warnte Rüdiger Krech, Umwelt- und Klimaspezialist der WHO
Der Bericht zeigt: Wenn die Temperatur über 20 Grad Celsius steigt, sinkt die Produktivität pro weiterem Grad um zwei bis drei Prozent. Gesundheitliche Folgen könnten neben Hitzschläge und Dehydrierung auch Nierenschäden und neurologische Ausfälle sein. Zu den besonders betroffenen Branchen zählen die Landwirtschaft, die Fischerei und der Bau.
So belastet der Klimawandel unsere Infrastruktur
Straßen und Schienen, die sich verformen, überflutete Brücken: Steigende Hitze und extreme Stürme schädigen weltweit wichtige Infrastruktur. Wie bauen wir für eine heißere und nassere Welt?
Bild: picture alliance / Sipa USA
Brücken ächzen unter Hitzewellen
Extreme Hitze kann dazu führen, dass sich Brücken ausdehnen. In den Niederlanden haben Behörden eine Zugbrücke vorbeugend vor tropischen Temperaturen gekühlt, um mechanische Ausfälle zu verhindern. Zugbrücken sind bei extremer Hitze besonders anfällig, da ihre beweglichen Teile anschwellen und so wichtige Flussübergänge abschneiden können.
Bild: Ramon van Flymen/ANP/IMAGO
Überschwemmungen belasten Gebäude und Brücken
In der chinesischen Provinz Guangxi hat Hochwasser eine Brücke komplett geflutet. Überschwemmungen bedrohen regelmäßig wichtige Infrastruktur wie Brücken und Krankenhäuser. In den letzten fünf Jahren verursachten Überschwemmungen weltweit Schäden von 325 Milliarden US-Dollar. Experten zufolge könnten hochwasserbeständige Materialien und Schutzbarrieren den Überschwemmungen besser standhalten.
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Krumme Eisenbahnschienen, verbogen durch Hitze
Gleise, die direkter Sonneneinstrahlung ausgesetzt sind, können nach Angaben des britischen Schienennetzbetreibers Network Rail bis zu 20 Grad Celsius wärmer als die Umgebungsluft werden. Hitze kann dazu führen, dass sich Schienen verbiegen und verformen, was den Verkehr beeinträchtigt. Eine Lösung: Die Gleise weiß anstreichen, um das Sonnenlicht zu reflektieren und sie kühler zu halten.
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Wie Schienen der Hitze standhalten können
Um das Risiko von Verformungen zu verringern, verwenden Eisenbahnen längere, geschweißte Schienen, die sich bei Hitze gleichmäßiger ausdehnen. Kürzere Schienen werden mit kleinen Zwischenräumen verbaut, um die Ausdehnung zu ermöglichen. Manche Gleise werden für zusätzliche Stabilität auf Stahlbetonplatten verlegt. In Südkorea (siehe Bild) werden Schienen mit Wasser besprüht, um sie kühl zu halten.
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Kühle Straßenbeläge statt schmelzender Straßen
Der Belag von Asphaltstraßen kann sich bei hohen Temperaturen verformen. Selbst an einem sonnigen Tag mit über 20 Grad kann die Bodentemperatur auf bis zu 50 Grad steigen, so die britische Road Surface Treatments Association. Lösungen sind wärmereflektierende Beschichtungen und "kühle Straßenbeläge", die weniger Sonnenenergie absorbieren und durchlässig sind, um Hochwasserschäden zu reduzieren.
Bild: Harish Tyagi/EPA/dpa/picture alliance
Dürre zehrt an Wasservorräten und stoppt Handel
In Spanien sind die Ruinen einer versunkenen Kirche wieder komplett aufgetaucht, als das Wasser in einem Stausee sank. Die Folgen des Regenmangels reichen weit über die Wasserversorgung hinaus. Niedrige Pegelstände beeinträchtigen auch den Transport. Über 300 Millionen Tonnen Güter werden zwischen der Schweiz und der Nordsee über den Rhein verschifft, eine der wichtigsten Handelsrouten Europas.
Bild: Ander Gillenea/AFP/Getty Images
Regenmassen können Erdrutsche auslösen
Ein Erdrutsch in Indien beschädigte Häuser, nachdem schwere Regenfälle den Boden aufgeweicht hatten. Kurze, aber heftige Regenfälle, die mit dem Klimawandel häufiger werden, können Erdrutsche auslösen, die Straßen, Eisenbahnlinien und Gebäude gefährden. Feuchte, tropische und küstennahe Gebiete sind besonders bedroht. Bäume und verbesserte Bautechniken können das Risiko senken.
Bild: picture alliance / Sipa USA
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Doch neben Arbeitnehmern, die im Freien arbeiten, litten unter gefährlicher Hitze zudem chronisch Kranke und Menschen, die sich zu Hause schlecht vor Hitze schützen können - etwa, weil sie keine dicken Wände oder Kühlung haben. Auch Kinder und ältere Menschen seien besonders gefährdet. Sanitäter und Erste-Hilfe-Kräfte müssten geschult werden, um Anzeichen von Hitzestress sofort zu erkennen, heißt es in dem Bericht.
WHO raten Hitzeschutzmaßnahmen an
Die WHO und die WMO empfehlen, dass Arbeitnehmer, Arbeitgeber, Bildungseinrichtungen und Gesetzgeber gemeinsam Hitzepläne ausarbeiten. Unter anderem nennen Experten eine Änderung von Arbeits- und Schulzeiten, Ventilatoren, passende Arbeitskleidung, mehr Pausen, mehr Schattenspender und die Bereitstellung von Trinkwasser. Die konkreten Lösungen hingen laut Krech von den lokalen Gegebenheiten ab.
Der Schutz von Arbeitnehmern vor Hitze ist nicht nur gesundheitlich, sondern auch wirtschaftlich von Bedeutung. Wenn ein Arbeitgeber in Schutzmaßnahmen investiere, bekomme er mehr zurück, als er ausgegeben habe, weil Mitarbeiter produktiver würden, erklärte der Hitzeexperte Andreas Floris von der griechischen Universität Thessalien.