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Politik

WHO verschärft Grenzwerte für Luftschadstoffe

22. September 2021

Erstmals seit 2005 passt die Weltgesundheitsorganisation ihre Richtlinien zur Luftqualität an. Nun zieht sie die Zügel kräftig an und senkt die Grenzwerte gegen die Luftverschmutzung.

Bulgarien | Smog in Sofia
Eine dichte Smog-Schicht hängt über der bulgarischen Hauptstadt SofiaBild: Hristo Rusev/Getty Images

Eine hohe Konzentration an Luftschadstoffen sei eine der größten Gesundheitsgefahren für den Menschen und führe jedes Jahr zu sieben Millionen vorzeitigen Todesfällen, besonders in ärmeren Ländern, schreibt die Weltgesundheitsorganisation (WHO) in einem Bericht. Betroffen sind fast alle Referenzwerte für sogenannte konventionelle Schadstoffe, unter anderem Feinstaub, Stickstoffdioxid, Kohlenmonoxid und Ozon. Die WHO-Grenzwerte sind nicht verbindlich, sollen von Regierungen aber als Referenz für rechtsverbindliche Standards genutzt werden.

Beispiel Stickstoffdioxid: Die Belastung mit dem Gas, das in Ballungsräumen vor allem aus Diesel-Autos kommt, soll statt wie bisher höchstens 40 Mikrogramm pro Kubikmeter künftig nur noch 10 Mikrogramm betragen. Die EU erlaubt zurzeit 40. Selbst die 40er Grenze wurde in Deutschland 2019 aber noch verletzt, wie die EU-Umweltagentur EEA in Kopenhagen jüngste berichtete.

Die Beweise für schädliche Auswirkungen auf die Gesundheit hätten seit 2005 erheblich zugenommen, erklärte die WHO. Ein Überschreiten der neuen Grenzwerte sei daher mit "erheblichen Gesundheitsrisiken verbunden". Die Einhaltung könne hingegen "Millionen von Menschenleben retten".

Problemzone Südostasien

Südostasien ist dem Bericht zufolge die am stärksten betroffene Region der Erde. WHO-Chef Tedros Adhanom Ghebreyesus erklärte, dass "Luftverschmutzung in allen Ländern eine Bedrohung für die Gesundheit" sei, besonders betroffen seien aber "Menschen in Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen".

WHO-Generaldirektor Tedros Adhanom GhebreyesusBild: Bilal Hussein/AP/picture alliance

Bei Kindern seien Folgen von Luftverschmutzung vermindertes Wachstum und eine verminderte Funktion der Lunge sowie Atemwegsinfektionen. Bei Erwachsenen seien Herzkrankheiten und Schlaganfälle die häufigste Ursache für vorzeitige Todesfälle, die auf schlechte Luftqualität zurückgeführt werden könnten. Angesichts der internationalen Klimakonferenz COP26, die in wenigen Wochen in Glasgow stattfinden soll, betonte die Organisation, dass die Verringerung von Luftverschmutzung auch dem Klimaschutz diene.

Schulze sieht Verbesserungen

Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) erklärte, Deutschland sei beim Thema Luftqualität bereits auf einem guten Weg. Die Luftqualität habe sich hierzulande in den vergangenen Jahren verbessert. "Mit dem Kohleausstieg vermeiden wir in Deutschland neben CO2 auch Millionen Tonnen von anderen Schadstoffen", sagte die Ministerin. Die aktuellen Herausforderungen lägen "vor allem in der Landwirtschaft", besonders bei der Tierhaltung und aufgrund von Überdüngung, so die SPD-Politikerin.

Die umweltpolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Bettina Hoffmann, sieht hingegen "akuten Handlungsbedarf" in Deutschland. Sie forderte eine konsequente Umsetzung der neuen Leitlinien. "Nach Berechnung der Europäischen Umweltagentur sterben hierzulande pro Jahr mehr als 70.000 Menschen vorzeitig durch Krankheiten, die durch Luftverschmutzung verursacht wurden", erklärte Hoffmann. Mögliche Maßnahmen seien der Bau von sicheren Radwegen statt Autobahnen, ein früherer Ausstieg aus der Kohleförderung sowie mehr Autos mit Elektro-Antrieb.

Der Greenpeace-Verkehrsexperte Benjamin Stephan bezeichnete den WHO-Bericht als "Alarmsignal". Der Ausstieg aus der Kohleenergie und der Wechsel zu sauberer Mobilität müsse viel schneller passieren. "Wer Kohle, Gas und Öl verbrennt, schadet nicht nur dem Klima, sondern gefährdet auch die Gesundheit von Millionen Menschen", betonte Stephan.

kle/sti (afp, dpa)

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