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Widersprüchliche Signale

Rolf Wenkel6. August 2008

Warnungen vor einer Delle in der Weltkonjunktur werden immer zahlreicher und immer lauter. Kommt es wirklich so schlimm, wie man demnach befürchten müsste? Wohin steuert die Weltwirtschaft?

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Bild: DW

Seit Monaten bereiten uns Experten und Kommentatoren darauf vor, dass die Weltwirtschaft kurz vor einem Abschwung steht. In den USA drohe eine Rezession, in Europa eine deutliche Verlangsamung des Wachstums, und auch in China seien - teilweise politisch gewollt - die Zeiten zweistelliger Wachstumsraten wohl bald vorbei.

Was die US-Notenbanker zu ihrer jüngsten Zinsentscheidung zu sagen haben, klingt auch nicht gerade beruhigend: Die angespannte Lage auf den Kreditmärkten, der lahmende Immobilienmarkt und die gestiegenen Energiekosten lasteten auf der Konjunktur, erklärte die Fed. Die Finanzmärkte blieben zudem weiterhin deutlich unter Druck. Auch sei die Lage auf dem US-Arbeitsmarkt angespannt. Mit 5,7 Prozent kletterte die Arbeitslosenquote im Juli auf den höchsten Stand seit März 2004. Noch pessimistischer ist der frühere Chef der US-Notenbank, Alan Greenspan. Er warnte in der "Financial Times" sogar vor einer Jahrhundertkrise und prophezeite, dass noch etliche Banken diese Krise nicht überleben würden.

Rezession sieht anders aus

An pessimistischen Stimmen über die Konjunktur in den USA herrscht zurzeit kein Mangel. Und wenn die Konjunktur in der größten Volkswirtschaft erlahmt, bekommt bekanntlich der Rest der Welt einen Schnupfen. Selbst positive Signale, die darauf hindeuten, dass alles gar nicht so schlimm kommen muss, lassen die Skeptiker nicht gelten. So ist die US-amerikanische Wirtschaft im zweiten Quartal 2008 nach ersten Berechnungen immerhin um 1,9 Prozent gewachsen. Eine Rezession sieht anders aus.

Doch dieses Wachstum sei nur den milliardenschweren Steuergeschenken der Bush-Regierung geschuldet, sagen die Pessimisten. Diese Konsumausgaben würden bald verpuffen, und dann würden die Verbraucher von der Kredit- und Immobilienkrise voll getroffen.

Ist das Glas nun halb voll oder halb leer? Immerhin hat der Weltwährungsfonds angesichts der unerwartet robusten Verbrauchernachfrage in den USA die Wachstumsprognose für die größte Volkswirtschaft der Welt von 0,5 auf 1,3 Prozent angehoben. Angesichts solcher Prognosen von einer Rezession zu sprechen, grenzt schon an Fahrlässigkeit.

Zumal auch von anderer Seite Entlastung kommt. Die Rohöl- und Energiepreise, die weltweit für heftige Inflationsschübe gesorgt haben, bröckeln seit einiger Zeit erheblich ab. Das lässt die Zentralbanken dieser Welt wiederum darauf hoffen, dass die Preisschübe der Vergangenheit eine vorübergehende Erscheinung waren und nicht in so genannte Zweitrundeneffekte münden. Nicht anders ist die Entscheidung der US-Notenbank zu deuten, den Leitzins in den USA unverändert zu lassen. Auch die Europäische Zentralbank wird sich auf ihrer Sitzung am 14. August davor hüten, mit einer neuerlichen Anhebung der Leitzinsen die erlahmenden Wachstumskräfte zusätzlich zu bremsen.

Autosuggestion

Keine Frage: Jeder Aufschwung kommt einmal zum Stillstand. Zurzeit haben die Pessimisten Hochkonjunktur. Doch angesichts vieler widersprüchlicher Signale schon von einer Rezession zu sprechen, ist verantwortungslos. Wer ständig vor einer Krise und einer drohenden Rezession warnt, verunsichert Verbraucher und Unternehmen - und redet am Ende gar die Krise selbst herbei. Ein Abschwung, den sich alle einreden und den alle erwarten, ist wie eine sich selbst erfüllenden Prophezeiung: Verbraucher sparen, Unternehmer verschieben ihre Investitionen, Stellen werden abgebaut, die Waren bleiben in den Regalen liegen.

Doch so weit muss es gar nicht kommen. Wirtschaft, so sagte einmal der frühere deutsche Wirtschaftsminister und Bundeskanzler Ludwig Erhard, besteht zur Hälfte aus Psychologie. Wenn das stimmt, dann sollten einfühlsame Psychologen ihren Patienten nicht kränker reden, als er ist.