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Politik

Widerstand gegen Diesel-Fahrverbote

29. Juli 2017

Nachdem ein Stuttgarter Gericht Diesel-Fahrverbote erlaubt hat, ist die Autolobby alarmiert. Branchenchef Wissmann will das Urteil kippen. Auch der Regierungschef des VW-Landes Niedersachsen hat eine Idee.

Matthias Wissmann Präsident Verband der Automobilindustrie VDA
Bild: picture-alliance/dpa/G. Fischer

Ein Gespenst geht um in der deutschen Autoindustrie und Teilen der Politik: Nach dem jüngsten Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart wächst die Furcht vor großflächigen Diesel-Fahrverboten in deutschen Innenstädten - aber auch die Kreativität, wie man dieses Szenario doch noch verhindern könnte.

Der Präsident des Verbands der Automobilindustrie, Matthias Wissmann, sagte den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, um Fahrverbote abzuwenden, müsse der Diesel-Gipfel der Bundesregierung am kommenden Mittwoch ein überzeugendes Konzept erarbeiten. Dann sehe er "durchaus Chancen, dass das Bundesverwaltungsgericht als höchste Instanz zu einem anderen Ergebnis kommen könnte als Stuttgart".

Das Stuttgarter Verwaltungsgericht hatte am Freitag den Weg für Diesel-Fahrverbote in Innenstädten geebnet. Dies sei im Fall älterer Dieselautos die beste Lösung zur Senkung gesundheitsschädlicher Abgase, urteilte das Gericht.

"Es gibt intelligentere Lösungen"

Wissmann betonte, es gebe "intelligentere Lösungen". Die Hersteller böten ihren Kunden eine kostenlose Nachrüstung von Autos mit den Schadstoffklassen Euro 5 und zum Teil auch Euro 6 an. Mit neuer Software lasse sich der Ausstoß von Stickoxiden im Schnitt der deutschen Fahrzeugflotte um mindestens 25 Prozent senken.

Die Kosten für die Aktualisierung der Software übernehmen laut Wissmann die Hersteller. Eine Nachrüstung mit Hardware sei wegen des Alters der Fahrzeuge meistens technisch und wirtschaftlich nicht machbar.

Weil für Kaufanreize bei Euro-6-Dieseln - Seehofer assistiert 

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil brachte mit Blick auf den Diesel-Gipfel eine zusätzliche Förderung für den Kauf schadstoffarmer Fahrzeuge ins Gespräch. "Es müssen Anreize für den Umstieg von alten Diesel- auf Euro-6- und Elektroautos geschaffen werden", sagte der SPD-Politiker, der auch im Volkswagen-Aufsichtsrat sitzt, dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.

Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD)Bild: picture-alliance/dpa/S.Pförtner

Denkbar seien etwa steuerliche Anreize oder "eine Art Klimaprämie, die von Industrie und Staat angeboten" werde. Die Industrie müsse Diesel-Autos nachbessern. Der Staat sei in der Pflicht, großflächige Fahrverbote zu verhindern.

Ähnlich äußerte sich auch der bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer. "Es wäre ein guter Weg, wenn wir über die Reduzierung der KfZ-Steuer einen Anreiz zum Kauf eines neuen, emissionsarmen Euro-6-Diesels setzen würden", sagte der CSU-Chef dem Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Zudem forderte er die Einrichtung eines staatlichen Fonds für die Umrüstung von Taxis, Bussen und Müllautos mit Dieselmotoren, um die Stickoxidbelastung in den deutschen Innenstädten zu senken. Dorthin könnten auch die Mittel zur Förderung der E-Mobilität fließen, die zur Verfügung gestellt und nicht abgerufen worden seien, so Seehofer weiter.

Bundesumweltministerium gegen Diesel-Förderung   

Das Bundesumweltministerium erteilte den Forderungen nach Kaufanreizen für moderne, sauberere Diesel indes eine Absage. "Wir sind nicht besonders interessiert daran, eine Technologie zu fördern, die in absehbarer Zeit ohnehin nicht mehr auf die Straße gehört", sagte eine Sprecherin zu den Forderungen aus Niedersachsen und Bayern. 

Beim Diesel-Gipfel am Mittwoch wollen Bund, mehrere Länder und die Autobranche unter anderem über Nachrüstungen und mögliche Alternativen zu Fahrverboten beraten. Die Politik setzt auch auf den Umstieg möglichst vieler Kunden auf Elektroautos. Bereits seit einem Jahr gibt es eine Kaufprämie - die Nachfrage ist allerdings verhalten. Bis Ende Juni wurden insgesamt nur 23.024 Anträge auf den Zuschuss gestellt.

gri/ml (afp, dpa, rtr)