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Patriot-Raketen in der Kritik

Senada Sokollu14. Januar 2013

In der Türkei sollen Patriot-Abwehrsysteme der Nato stationiert werden. Ankara hatte darum gebeten, um mögliche Angriffe aus Syrien abzuwehren. Doch nun regt sich Widerstand.

Fahrzeuge und Container einer Patriot-Einheit der Bundeswehr werden im Hafen von Lübeck-Travemünde für ihren Einsatz in der Türkei verladen Foto: Christian Charisius (dpa)
Bild: picture-alliance/dpa

Vor wenigen Tagen (08.01.2013) wurde mit der Verschiffung der Ausrüstung für das Patriot-Abwehrraketensystem aus Deutschland begonnen, der Frachter soll voraussichtlich am 21. Januar in der türkischen Hafenstadt Iskenderun ankommen. Spätestens Anfang Februar sollen dann die Raketen in der südosttürkischen Stadt Kahramanmaras, etwa 100 km nördlich der syrischen Grenze, einsatzbereit sein. Insgesamt 350 Bundeswehrsoldaten werden in das Einsatzgebiet geschickt. Neben den Deutschen bauen auch niederländische und amerikanische Soldaten jeweils zwei Abwehrsysteme im Südosten der Türkei auf. Die drei Staaten verfügen als einzige Nato-Mitglieder über die moderne Patriot-Version.

Die Nato betont, dass die Stationierung der Patriot-Systeme lediglich defensiver Natur sei und eine offensive Operation nicht stattfinden werde. Der Beschluss sei ausschließlich zum Schutz des Nato-Mitglieds Türkei und zur Entschärfung der Lage an der südöstlichen Grenze des Militärbündnisses gefasst worden. Die Regierung in Ankara hatte die Nato um Unterstützung gebeten. Sie sorgt sich seit Beginn des syrischen Bürgerkriegs um die Sicherheit ihrer Grenzen. Im vergangenen Jahr hatten syrische Granaten türkische Grenzdörfer getroffen. 

Werden in der Osttürkei stationiert: Patriot Raketen der BundeswehrBild: Detmar Modes/BMVg/dapd

Sicherheit Israels im Vordergrund?

Doch nun regt sich in der Türkei Widerstand gegen die Stationierung der Raketenabwehr. In den vergangenen Wochen hatten sowohl nationalistische als auch kurdische und linke Gruppen gegen die Entscheidung des Militärbündnisses demonstriert. Die Kritiker sind davon überzeugt, dass es der Nato mit der Patriot-Stationierung weniger um die Wahrung türkischer Interessen sondern vor allem um die Sicherheit Israels gehe, einem wichtigen Verbündeten der USA.

Auch die Republikanische Volkspartei CHP, die größte Oppositionspartei der Türkei, kritisierte den Entschluss der Regierung. Der Vize-Vorsitzende der CHP, Faruk Logoglu, sagte, dass die iranische Bedrohung gegen Israel ernster geworden sei und die Nato sich nur deshalb verstärkt in der Region engagiere. So verweist er auf das neue Nato-Radarsystem, das vor rund einem Jahr in der südosttürkischen Provinz Kürecik stationiert wurde. Dieses solle vor allem den israelischen Luftraum beschützen und werde von Seiten Irans und Russlands als Bedrohung wahrgenommen, was wiederum eine Gefahr für die Türkei bedeute. Dies gelte auch für die geplante Stationierung der Patriot-Abwehrsysteme.

Warnung von einem "Weltkrieg"

Kritik kommt auch aus dem Iran und Russland. "Die Raketen werden durch die Nato und durch den Westen stationiert, um Israel gegen mögliche Angriffe aus dem Iran zu beschützen", sagte der Sprecher des iranischen Außenministeriums, Ramin Mehmanparast. Der russische Außenminister Sergei Lawrow warnte vor einer möglichen "Provokation", die die regionale Krise verschlimmern könne.

Besorgt um die Sicherheit der Türkei: Regierungschef ErdoganBild: Reuters

Der türkische Außenminister Ahmet Davutoglu versicherte dagegen, dass das Nato-Abwehrsystem lediglich gegen mögliche Raketenangriffe aus Syrien eingesetzt werde und definitiv nicht gegen den Iran gerichtet sei. Zudem versuchte er, die Kritiker zu besänftigen, indem er einen Abzug der Raketen versprach, sobald sich die Situation beruhigt habe.

Die sicherheitspolitische Isolation der Türkei

Die Sicherheitslage der Türkei hat sich in der jüngsten Vergangenheit deutlich verschlechtert. Bis zum Beginn des syrischen Bürgerkriegs lief die türkische Außenpolitik nach einer Art "Null-Problem-Strategie". Die Idee: Man wollte sich mit allen Nachbarn durch wirtschaftliche und politische Abkommen verbünden, um Konflikte zu vermeiden. Doch diese Taktik geht schon seit längerem nicht mehr auf. Das Verhältnis zum Iran ist zerrüttet, seit die türkische Regierung 2011 der Einrichtung der Nato-Radarstation zustimmte.

Die "Null-Problem"-Politik der Türkei ist gescheitert

Die Beziehungen zum Irak haben sich in jüngster Zeit ebenfalls verschlechtert. Der Grund: Die Türkei hatte dem zum Tode verurteilten irakischen Vizepräsidenten Tarik al-Haschimi Asyl gewährt. Mit der Russland ist die Regierung in Ankara ebenfalls auf Konfrontationskurs, obwohl das Land einer der wichtigsten Energielieferanten der Türkei ist. So kann von der einstigen "Null-Problem"-Politik nicht mehr die Rede sein. Die Stationierung der Nato-Raketenabwehr hat daher aus Sicht der Regierung in Ankara einen nicht unerwünschten Nebeneffekt: Sie bietet auch militärischen Schutz vor den Nachbarn Iran und Irak, die zunehmend auf Distanz gehen.

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