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Politik

Wie Brüssel den Terror bekämpft

Nina Niebergall
15. März 2017

Während der Jahrestag der Terroranschläge in Brüssel näherrückt, debattiert das Europäische Parlament über die Kontrolle von Grenzen und Islamisten. Ein Künstler setzt derweil auf Hoffnung statt Soldaten.

Belgien Brüssel Polizei
Bild: picture-alliance/dpa/bsnyder

Zwei metallene Bögen sind es, die für den belgischen Künstler Jean-Henri Compere den Terror, aber auch eine Gesellschaft symbolisieren, die sich zur Wehr setzt. Mit seiner Hand formt er die Aufwärtsbewegung nach, die sein Denkmal manifestieren soll. Auch die Menschen müssten sich nach den Terroranschlägen in Brüssel erheben, meint er. "Wir als Belgier, als Europäer, müssen aufstehen und sagen: 'Nein, wir sind nicht einverstanden mit diesen Taten'." 

Bis zum Jahrestag der Anschläge am 22. März will er sein Kunstwerk fertig haben. Es soll ganz in der Nähe der Brüsseler U-Bahn-Station eröffnet werden, die zum Schauplatz eines islamistischen Anschlags wurde. Er wolle den Menschen Mut und Hoffnung vermitteln, sagt Compere. Die Regierung habe seit dem Anschlag zwar einiges unternommen. "Aber niemand ist glücklich mit der Militärpolizei auf den Straßen. So sollte es nicht sein, zumindest nicht für immer."

 

Ein knappes Jahr ist es her, seit der Terror Belgien erschütterte. Damals attackierten radikale Islamisten den Brüsseler Flughafen und eine Metrostation in der Innenstadt. Sie töteten 32 Menschen. Vollständig erholt hat sich die belgische Hauptstadt davon bislang nicht. Noch immer bewachen schwer bewaffnete Soldaten U-Bahn-Stationen und große Plätze, es gilt eine erhöhte Sicherheitsstufe. Weiterhin reisen Belgier nach Syrien aus, um sich dort dem sogenannten "Islamischen Staat" anzuschließen - andere kehren radikalisiert zurück.

Grenzenloser Terrorismus

Auch Deutschland, Frankreich und andere europäische Staaten kämpfen gegen den islamistischen Terror. In einer globalisierten Welt und noch mehr in einer EU, in der sich Bürger aller Mitgliedsstaaten frei bewegen dürfen, macht der Terror nicht an Landesgrenzen halt.

EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos fordert eine "wirksame Sicherheitsunion"Bild: picture alliance/AP Photo/D. Vojinovic)

Daran erinnert auch EU-Kommissar Dimitris Avramopoulos bei einer Debatte im Europäischen Parlament in Straßburg. "Die Sicherheit eines Mitgliedsstaates entscheidet über die Sicherheit aller", betont der zuständige Kommissar für Migration und Inneres. Deshalb brauche es eine "wirksame Sicherheitsunion".

An diesem Mittwoch haben die Abgeordneten des Europäischen Parlaments gemeinsam mit Vertretern der Kommission und des Rates der Mitgliedsstaaten über die Koordination von Sicherheitsmaßnahmen beraten. So soll etwa Terrorgruppen der Zugang zu Finanzierung und Waffen abgeschnitten, Radikalisierung bekämpft, der Informationsaustausch verbessert und die Grenzen schärfer kontrolliert werden. Seit den Anschlägen im vergangenen Jahr haben die EU-Institutionen eine ganze Reihe solcher Richtlinien erarbeitet. Nun müssen sie von den Mitgliedsstaaten umgesetzt werden.

Europaabgeordnete Birgit Sippel warnt vor übertriebenem AktionismusBild: picture-alliance/dpa

Blinder Aktionismus?

Birgit Sippel sitzt für die SPD im Europaparlament und ist unter anderem im Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres aktiv. Mit Blick auf die Sicherheitsagenda der EU spricht sie von einem Erfolg. Dennoch warnt sie vor Aktionismus. Als Beispiel nennt sie eine EU-Richtlinie über die Verwendung von Fluggastdaten. Diese verpflichtet Luftfahrtgesellschaften, die Daten ihrer Passagiere für Flüge von der EU in Drittländer und andersherum den nationalen Behörden zur Verfügung zu stellen.

Nach den Terrorangriffen in Paris sei der Druck aus den Mitgliedsstaaten groß gewesen, diese Richtlinie zu erlassen, erzählt Sippel. Dabei hätten "die damaligen Attentäter überhaupt kein Flugzeug benutzt". Nun stellten die nationalen Regierungen außerdem fest, "dass Millionen von Daten anfallen, von denen nur ein kleiner Prozentteil relevant ist".

Daten sammeln erlaubt

"Gleichzeitig denkt man schon wieder über eine neue Maßnahme nach, mit der Daten gesammelt werden sollen", moniert die SPD-Europaabgeordnete. Sippel spricht von einem System, mit dem die Ein- und Ausreise besser kontrolliert werden soll. Dieses soll vermutlich schon im Juni erlassen werden.

Einer der Schauplätze der Terroranschläge vom 22.März: Die Brüsseler U-Bahnstation Maelbeek Bild: picture-alliance/dpa/T. Roge

Zuletzt hatte auch die Menschenrechtsorganisation Amnesty International zahlreichen EU-Staaten vorgeworfen, im Zuge der Terrorismusbekämpfung die Grundrechte drastisch zu beschneiden. Als Reaktion auf die Anschläge der vergangenen Jahre seien "im Eiltempo" neue Antiterrorgesetze beschlossen worden, kritisiert Amnesty. Diese seien häufig "unverhältnismäßig und diskriminierend". 

Für den Bericht untersuchte Amnesty International neue Antiterrormaßnahmen in 14 EU-Staaten, darunter in Deutschland, Frankreich, Belgien, Großbritannien und Österreich. Sicherheitsbehörden und Geheimdienste bekämen "weitreichende Befugnisse zur anlasslosen Massenüberwachung", kritisiert die Menschenrechtsorganisation. Die EU-Länder würden sich daher kaum noch von "Überwachungsstaaten" unterscheiden.

"Warum wird jemand Terrorist?"

Die SPD-Politikerin Birgit Sippel kritisiert außerdem, die EU konzentriere sich zu sehr auf den Umgang mit Menschen, die bereits radikalisiert sind. Stattdessen müsse man die Frage beantworten: "Warum wird denn jemand Terrorist?" Gerade die Attentate in Paris und Brüssel seien von Bürgern der EU ausgeübt worden, meint die Parlamentarierin. "Das sind Menschen, die mitten unter uns in Europa aufgewachsen sind und sich dann radikalisiert haben." Die Mitgliedsstaaten müssten auch beim Thema Integration und soziale Sicherheit handeln.

Nach den Anschlägen vom 22. März seien viele Menschen mit einem flauen Gefühl im Magen in die U-Bahn eingestiegen, erinnert sich Jean-Henri Compere. Einfach sei es nicht, den Mut aufzubringen, die Ereignisse hinter sich zu lassen. Trotzdem hofft er, dass die Soldaten irgendwann aus Brüssel verschwinden werden.

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