Meist ist Isolation nicht freiwillig. Die Protagonisten in unseren zehn Klassikern der Filmgeschichte sind gefangen - zu Hause oder anderswo. Zum räumlichen Gefängnis können aber auch die Weltmeere oder das All werden.
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Filme, die auf engem Raum spielen
Was geschieht, wenn sich die Menschen auf die eigenen vier Wände konzentrieren müssen? Das fragen sich in Corona-Zeiten derzeit viele Film-Fans. Das Kino hat Beispiele gegeben. Eine sehr subjektive Auswahl.
Bild: picture-alliance/United Archives/IFTN
Alfred Hitchcock: "Das Fenster zum Hof" (1954)
Der Fotograf Jeff (James Stewart) kann seine Wohnung nicht verlassen, ein Gipsbein fesselt ihn an den Rollstuhl. Nur seine Freundin Lisa (Grace Kelly) besucht ihn. Was also tun, außer aus dem Fenster zu schauen? Hitchcocks Klassiker "Das Fenster zum Hof" ist der wohl berühmteste Film, der seine Protagonisten in die eigenen vier Wände verweist - und trotzdem ungeheuer spannend bleibt.
Bild: picture-alliance/United Archives/IFTN
Luis Buñuel: "Der Würgeengel" (1962)
Geheimnisvoll ist der Film, den der in Spanien geborene Luis Buñuel zu Beginn der 60er Jahre in seiner späteren Wahlheimat Mexiko drehte. "Der Würgeengel" zeigt eine Partygesellschaft, die die Räumlichkeiten einer Villa nicht mehr verlassen kann. Warum, wird nicht erklärt. Und das ist das perfide an Buñuels Klassiker: Er fordert die Zuschauer heraus - ein philosophisches Meisterwerk.
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Roman Polanski: "Ekel" (1965)
Neben Hitchcock und Buñuel ist Roman Polanski der dritte weltberühmte Regisseur, der die Schauplätze seiner Protagonisten radikal reduzierte. Drei Jahre nach Buñuels "Würgeengel" kam "Ekel" in die Kinos: die furchterregende Studie einer jungen Frau (Catherine Deneuve), die ihre Wohnung nicht verlassen will. Auch Polanski klärt das Geschehen nicht restlos auf.
Bild: imago/United Archives
Sidney Lumet: "Die zwölf Geschworenen" (1957)
Eine kompakt erzählte Story hingegen präsentierte Regisseur Sidney Lumet in seinem ersten Kinofilm: Ein junger Puerto-Ricaner wird des Mordes beschuldigt, ein Geschworenengericht soll ein Urteil fällen. Die zwölf Geschworenen ziehen sich zurück - in ein Zimmer, das sie nicht verlassen dürfen. Lumet macht daraus ein kleines Meisterwerk, das die Protagonisten wirkungsvoll zusammenrücken lässt.
Bild: picture-alliance/United Archives
Tevfik Başer: "40 qm Deutschland" (1985)
Weniger bekannt ist dieser Film, der ebenfalls Kino auf engstem Raum präsentiert. Der türkischstämmige deutsche Regisseur Tevfik Başer landete mit seinem Debüt einen fulminanten Erfolg. Die Geschichte eines türkischen Emigranten und seiner Frau in Hamburg: Die Wohnung der beiden wird für sie zum Gefängnis. Ein Film, der nichts von seiner Aktualität eingebüßt hat.
Bild: picture-alliance/United Archives
Duncan Jones: "Moon" (2009)
Klaustrophobie, Abgeschiedenheit, Isolation: Das kann sich auch woanders abspielen als in den eigenen vier Wänden. Das Science-Fiction-Kino kennt dafür viele Beispiele. Eines der effektivsten ist "Moon", das Debüt von David Bowies Sohn Duncan Jones. Ein Techniker lebt seit drei Jahren allein in einer Mondstation: ein ungeheuer eindringlicher Film über räumliche Enge.
Bild: Koch Media
Wolfgang Fischer: "Styx" (2018)
So wie im Weltall kann es auch auf hoher See, tausende Kilometer fernab eines Hafens, sehr einsam werden. Die Weite als enger Raum - das Kino hat das nicht selten effektvoll auserzählt. Der Atlantik wird in "Styx“, der die Alleinseglerin Rike (Susanne Wolff) bei einem missglückten Urlaubstörn zeigt, zur Hölle. Die Welt auf ein paar Quadratmetern Boot - furchterregend.
Bild: trigon-film.org
Robert Zemeckis: "Cast Away" (2000)
Auch in diesem Hollywood-Streifen ist das Meer allgegenwärtig - und der Held isoliert und abgeschieden von der Welt. Inselfilme, alle in der Folge des vor 300 Jahren erschienenen Romanklassikers "Robinson Crusoe" von Daniel Defoe entstanden, zeigen den Menschen zurückgeworfen auf sich selbst. Der erfolgreiche Tom-Hanks-Film "Cast Away" war eine neue Spielart der Robinsonade.
Bild: Imago/Prod.DB
Joel Schumacher: "Nicht auflegen!" (2002)
Den filmischen Raum reduzierte Regisseur Joel Schumacher konsequent auf die Ausmaße einer Telefonzelle. Die Handlung des Thrillers konzentriert sich auf seinen Hauptdarsteller (Colin Farell), der während des ganzen Films die Zelle praktisch nicht verlässt. Dort wird er auf perfide Weise von einem Killer bedroht. Auch so kann kluges Unterhaltungskino funktionieren - fast ein Filmexperiment.
Bild: picture-alliance/United Archives
Chris Columbus: "Kevin - Allein zu Haus" (1990)
Schließlich noch dieser Klassiker begrenzter Filmschauplätze. "Kevin - Allein zu Haus" war 1990 ein Welterfolg: Der achtjährige Kevin (Macaulay Culkin) wird von seiner Familie zu Hause vergessen. Kevin erobert sich sein Heim auf ganz neue Weise: ein Haus, in dem man alles machen kann. Doch dann naht das Unglück - in Form zweier Einbrecher. Ein großer Spaß ist "Kevin - Allein zu Haus" trotzdem.
Bild: picture-alliance/United Archives
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Wie lebt es sich in den eigenen vier Wänden - noch dazu über einen längeren Zeitraum? Diese Frage stellen sich derzeit viele Menschen. Aufgrund der eingeschränkten Bewegungsfreiheit wegen der Corona-Krise müssen sie zu Hause bleiben. Zumindest für viele Stunden am Tag. Länger als sonst. Da bleibt viel Zeit fürs Filme schauen.
Und man kann auch mal in die Kinogeschichte zurückblicken und die Frage stellen: Wie ist das Kino selbst mit dem Thema Isolation umgegangen? Man findet erstaunliche Ergebnisse, denn es gibt eine sehr große Anzahl an Filmen, die die räumliche Enge thematisiert haben. Kammerspiele sind die naheliegende Variante, Geschichten von Paaren und Familien zu Hause, in den eigenen vier Wänden.
Leben auf wenigen Quadratmetern - auch ein beliebtes Genre-Thema
Doch nicht nur das. Filme, deren Geschehen sich auf nur wenigen Quadratmetern abspielt, gibt es in vielen Genres: Science Fiction und Kriminalfilm, Psychothriller und Gerichtsdrama, Abenteuerfilm, Sozialdrama und Komödie. Sogar Western und Historienfilme gibt es, die auf wenigen Quadratmetern inszeniert wurden - aber das sind Ausnahmen.
Es gibt sogar ein paar berühmte Regisseure, die sich nicht nur einmal in ihrem Filmleben mit derartigen Szenarien beschäftigt haben, wahre Spezialisten des gedrängten Filmraums sozusagen. Alfred Hitchcock hat "Das Fenster zum Hof" gedreht, doch auch "Cocktail für eine Leiche" (unser Bild oben) und "Das Rettungsboot" zählen zu den Filmen, die sich auf engstem Raum abspielen.
Ähnlich Luis Buñuel: Er drehte nicht nur "Der Würgeengel", sondern versuchte sich in der gleichnamigen Literaturverfilmung von 1954 an einer Robinson-Crusoe-Variante und ließ einen seltsamen Heiligen im Film "Simon in der Wüste" einzig auf einer Säule stehend agieren. Mehr begrenzter Spielraum geht eigentlich nicht mehr. Später isolierte der Regisseur in "Der diskrete Charme der Bourgeoisie" eine bürgerliche Gesellschaft in einem Speisesaal.
Auch der Weltraum kann zu Klaustrophobie führen
Und dann ist da noch Roman Polanski. Der gebürtige Pariser mit polnischen Wurzeln inszenierte schon in seinem Debüt "Das Messer im Wasser" drei Protagonisten auf engstem Raum - auf einem kleinen Segelschiff. Drei Jahre später folgte sein Meisterstück "Ekel". Und auch Polanskis Spätwerke "Gott des Gemetzels" und "Venus im Pelz" kann man zur Kategorie "Kammerspiel" zählen.
Es muss nicht immer ein Haus oder eine Wohnung sein, wenn es um Isolation, Einsamkeit und Klaustrophobie geht. Auch Wasser eignet sich hervorragend: die See, das Meer, Inseln. Und der Weltraum erst recht. Trotz unendlicher Weiten gibt es zahlreiche Filme auf anderen Planeten, in Raumschiffen und in der Unendlichkeit des Alls, in dem gerade die Weite zur beklemmenden Enge führt.
Auch das moderne Thriller- und Unterhaltungskino hat sich dem Thema immer wieder gewidmet. Telefonzellen, Fahrstühle, Autos, Eisenbahnen, eigentlich alles, was sich bewegt und vom Menschen bedient wird, kann zum geeigneten Schauplatz werden.
Fast alle Filme können Sie derzeit zu Hause sehen …
Vielleicht eignen sich in diesen Tagen nicht alle Filme zum Konsumieren, manche gehen an die Nerven, können einem den Schlaf rauben, wecken gerade in Corona-Zeiten noch mehr Ängste. Deshalb haben wir in unserer Auswahl auch ganz bewusst auf allzu reißerische Titel verzichtet. Und manches, was unbedingt (wieder-)sehenswert, aber nervenaufreibend ist, darf man sich für die Zeit nach dem Lockdown aufsparen.
Neun der zehn Filme in unserer Liste sind auf DVD bzw. Blu-ray oder per Stream zu sehen. Einzig der deutsche Spielfilm "40 qm Deutschland" ist derzeit leider nicht verfügbar. Da es sich aber hier um einen ganz besonderen Film fernab jeglicher Thriller-Thematik handelt, der ein gesellschaftlich relevantes Thema anstößt, haben wir ihn in unsere Liste mit aufgenommen - in der Hoffnung, dass sich vielleicht in Zukunft ein Anbieter findet, der diesen wichtigen Film wieder auf den Markt bringt.