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ReiseSpanien

Wie die Dürre in Spanien den Tourismus unter Druck setzt

16. Mai 2024

Wegen ihres hohen Wasserverbrauchs steht die Urlaubsbranche in Spanien zunehmend in der Kritik. Vor allzu strengen Sparmaßnahmen aber schreckt die Politik zurück.

Ein junges Paar liegt am Pool
Touristen verbrauchen besonders viel WasserBild: Jiri Hubatka/imageBROKER/picture alliance

In alarmroter Farbe leuchtet Katalonien auf der Karte des spanischen Wetterdienstes Aemet, die die Niederschläge in den vergangenen drei Jahren verbildlicht. Noch nie seit Aufzeichnung der Wetterdaten hat die Region im Nordosten des Landes eine solche Trockenperiode erlebt. Daran ändern auch die jüngsten Niederschläge nichts. Ebenfalls von Dürre betroffen ist das südspanische Andalusien und auch auf den Balearen sowie den Kanaren herrscht Wasserknappheit. Damit sind ausgerechnet die besonders touristisch geprägten Regionen des Landes betroffen. Kein Wunder also, dass die Urlaubsbranche zunehmend Kritik abbekommt. Denn Touristen verbrauchen nun einmal besonders viel Wasser.

Deshalb müsste die Branche zu drastischen Sparmaßnahmen verpflichtet werden, findet Dante Maschio, Sprecher der katalanischen Bürgervereinigung Aigua és Vida, die sich seit vielen Jahren für ein besseres Wassermanagement in Katalonien einsetzt. "Die bisherigen Maßnahmen zur Reduzierung des Verbrauchs im Tourismus waren sehr zurückhaltend", sagt er. "Dem Sektor werden weitgehende Freiheiten eingeräumt." Im Notfall - und um einen solchen handele es sich - müssten besonders wasserintensive Branchen eben gezwungen werden, ihre Aktivität komplett einzustellen. "Wir haben nicht nur einen Mangel an Niederschlägen", sagt Maschio. "Wir haben ein strukturelles Problem." Die Wasservorkommen würden seit vielen Jahren rücksichtslos ausgebeutet.

Urlauber verbrauchen besonders viel Wasser

Auch Julio Barea, Geologe und Experte für Wasserressourcen bei Greenpeace, spart nicht mit Kritik: "Wenn für die normale Bevölkerung Beschränkungen beim Wasserverbrauch gelten, dann sollte das erst recht bei Touristen der Fall sein", sagt er. Zehnmal höher als im Durchschnitt liege nämlich der tägliche Pro-Kopf-Verbrauch beispielsweise bei Urlaubern in Resorts mit Golfplatz. Die andalusische Regionalregierung habe zuletzt trotzdem Hotels von dem Verbot ausgenommen, Swimmingpools zu befüllen. "Das ist wirklich der totale Unsinn", findet Barea.

Lloret de Mar ist eine der katalanischen UrlaubshochburgenBild: Movementway/imageBROKER/picture alliance

Auch in Katalonien galt in von der Trockenheit besonders betroffenen Gegenden zuletzt ein Verbot, Swimmingpools zu befüllen. Unter anderem in Lloret de Mar, einer der Urlauberhochburgen an der Costa Brava nordöstlich von Barcelona. Für die dortigen Hoteliers kam das einer Katastrophe gleich. "Die Urlauber wollen nun einmal entspannt am Pool liegen", sagt Enric Dotras, der Vorsitzende des lokalen Hoteliersverbandes. Damit die Touristen in diesem Sommer nicht auf dem Trockenen sitzen oder gleich wegbleiben, schafften die Unternehmer kurzerhand für 1,5 Millionen Euro eine Entsalzungsanlage an, um das Verbot zu umgehen.

Hotels schaffen Badewannen ab

Dotras hält die Kritik am Tourismussektor für überzogen und verweist auf die vielfältigen Bemühungen der Branche zum Wassersparen, die es seit Jahren gebe. Viele Hotels hätten beispielsweise die Badewannen abgeschafft, da beim Duschen weniger Wasser verbraucht wird. In vielen Fällen gebe es Anreize für Urlauber, freiwillig auf täglich neue Handtücher und Bettwäsche zu verzichten. Manche Hotels hätten einen zusätzlichen Wasserkreislauf eingebaut, um die Klospülungen mit Brauchwasser betreiben zu können. Im Übrigen sei der Tourismus in Lloret de Mar für 90 Prozent der örtlichen Wirtschaftsleistung zuständig. 12.000 Arbeitsplätze schaffe die Branche.

Vor allem Barcelona lockt viele Urlauber an: Mit mehr als 18 Millionen ausländischen Touristen (2023) ist Katalonien spanienweit SpitzenreiterBild: Jordi Boixareu/ZUMAPRESS/picture alliance

Die große Bedeutung, die der Tourismus in Spanien hat, dürfte denn auch der Grund dafür sein, dass sich die Politiker schwer damit tun, der Branche weitergehende Sparmaßnahmen zuzumuten. Zwölf Prozent des spanischen Bruttoinlandsproduktes erwirtschaftet der Tourismus. Mehr als 85 Millionen ausländische Urlauber kamen 2023 nach Spanien. So viele wie noch nie. Damit liegt Spanien weltweit unter den gefragtesten Reiseländern hinter Frankreich auf Rang zwei. Allein Katalonien verzeichnete mehr als 18 Millionen Besucher und lag damit unter den spanischen Regionen auf Rang eins vor den Balearen, den Kanaren und Andalusien.

Jeder vierte Liter Trinkwasser versickert

Hauptverantwortlich für die derzeitige Misere ist vor allem der schlechte Umgang mit den Ressourcen, wie Cels Garcia, Geografie-Professor an der Balearen-Universität auf Mallorca, erklärt. "Im Mittelmeerraum wechseln sich trockene und feuchte Perioden seit jeher ab. Dürren sind hier ganz natürliche Phänomene." Also müsse man vorausschauend planen. Es gelte, die Entsalzungsanlagen auch in regenreichen Phasen zu nutzen, damit sich die Grundwasservorkommen erholen können. Tatsächlich geschehe aber meist das Gegenteil: Sobald es wieder mehr regnet, werden die Anlagen heruntergefahren, da das auf diese Weise produzierte Wasser viel teurer ist als Grundwasser. Dazu kommt, dass beispielsweise in Katalonien zuletzt viel zu wenig in die Infrastruktur investiert worden sei, etwa in die Erneuerung der Kanalisation. Jeder vierte Liter Trinkwasser versickert dort wegen maroder Leitungen ungenutzt im Boden. Auf den Balearen und in Andalusien ist die Lage ähnlich.

In Katalonien sollen nun mehr als ein Dutzend neue Entsalzungsanlagen helfen, die Lage zu entspannen. Unter anderem plant die Regionalregierung eine solche mitten im Hafen von Barcelona. "Das ist die einfache Lösung", sagt Cels Garcia. "Allerdings dürfen diese Anlagen auf gar keinen Fall dazu dienen, noch weiteres Wachstum zu ermöglichen." Genau das aber steht Spanien bevor: In den ersten drei Monaten des Jahres kamen mehr als 16 Millionen ausländische Urlauber ins Land - ein Plus von mehr als 17 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.